
Leipzig/Madrid – Es waren keine Fans im Stadion, daher ist die Erinnerung an das einzige Aufeinandertreffen zwischen RB Leipzig und Atlético Madrid etwas verblasst. Aber trotzdem zählt die Partie zu mindestens den besten fünf Spielen der Leipziger Geschichte. Vor dem nächsten Aufeinandertreffen an diesem Donnerstag in Madrid (21 Uhr, Livestream) lohnt sich ein Blick zurück auf jeden Fall.
Beim Champions-League-Finalturnier in Lissabon, das wegen der Corona-Pandemie im K.o.-Modus stattfand und komplett in den beiden großen Stadien der portugiesischen Hauptstadt ausgetragen wurde, machte es bei den Leipzigern Klick. Auf den bis auf Journalisten und Offizielle menschenleeren Rängen von Sportings Estádio José Alvalade XXI konnte man beobachten, wie die Spieler unten auf dem Rasen die Spielidee von Trainer Julian Nagelsmann verstanden und perfekter umsetzten als je zuvor. Die Magie dieses Moments war beinahe greifbar.
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Ballstafette über 19 Stationen vor Olmos‘ Führungstreffer für RB
Der Triumph im Viertelfinale gegen Atlético Madrid setzte neue Energie frei und zeigte, welches Potenzial in RB schlummerte. Die internationale Presse schwärmte: „Leipzig war ein Bienenschwarm. Es war eine deutsche Symphonie“ (Marca). Und El Mundo Deportivo schwärmte: „Nagelsmann schreibt seine Doktorarbeit in Lissabon.“
Nach dem Spiel zählten die Reporter die Ballkontakte und Sekunden, bis Dani Olmo zum 1:0 traf: 19 Stationen und 52 Sekunden kreiste der Ball durch die Reihen der Leipziger, alle zehn Feldspieler waren beteiligt. Es war Olmos erstes Champions-League-Tor für seinen damals neuen Club. Der eingewechselte Matchwinner Tyler Adams erzielte sogar sein erstes Tor für Leipzig überhaupt, als er einen Konter mit einem Distanzschuss zum 2:1 versenkte (88.). Ein märchenhaftes Spiel, dem nur die Fans fehlten, um die Euphorie und Genialität dieses Moments noch zu steigern.
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Nagelsmann musste von seiner Spielweise überzeugen
Das lag auch daran, dass man von RB nicht allzu viel erwartete. Der Frühling war vor leeren Rängen holprig verlaufen, die Spieler hatten noch nicht das richtige Vertrauen in Nagelsmanns Ideen. Offenbar keine einfache Zeit für den heutigen Bundestrainer, denn ihm begegnete intern mehr Skepsis als er erwartet hatte und gewohnt war. „Das erste Jahr war aufgrund einiger Unwägbarkeiten nicht so toll, ich musste mich ein bisschen durchkämpfen,“ sagte er. „Es gab Momente, die ich nicht missen werde.“
Und: „Wenn man bei einem sehr erfolgreichen Verein mehr verändern will, als vielleicht bei einem Trainerwechsel üblich ist, weil man einen neuen Stil einführen will,“ Die „Der Mensch, ein Gewohnheitstier, ist zunächst misstrauisch,“ sagte der mutige Trainer damals. „Deshalb musste ich noch etwas Überzeugungsarbeit leisten. Es hat eine Weile gedauert, bis alle so offen waren, dass sie akzeptierten, dass der neue Weg mit einem anderen Fußballstil nicht schlechter wäre.“
Taktischer Schachzug: RB spielte zwei Spielsysteme in einem
Nach dieser Nacht in Lissabon gab es keinen Zweifel mehr. Eine von Nagelsmanns Spielzügen, die wunderbar funktionierte, war, Konrad Laimer in einer Hybrid-Rolle einzusetzen. Wenn Atlético den Ball hatte, mischte der Österreicher auf dem rechten Flügel ins Angriffsspiel ein. Wenn Atlético den Ball hatte, zog sich Laimer ins zentrale, defensive Mittelfeld neben Kampl zurück und RB formierte ein 4-2-3-1.
Leipzig spielte zwei Systeme in einem Spiel. Gegen den Ball in einer defensiveren Variante mit dem giftigen Laimer im Zentrum, damit der weiter vorne positionierte Marcel Sabitzer nach Ballgewinn sofort umschalten konnte. Und mit dem Ball mit Laimer auf dem Flügel, um mehr Personal im Angriff zu haben und die rechte Seite mit Sabitzer, Laimer, Olmo und manchmal Yussuf Poulsen zu überladen. Genau der richtige Plan, um Atletico mit atemberaubend gutem und schnellem Kombinationsspiel zu beschäftigen. „Manchmal ist auch die Art und Weise, wie die Idee umgesetzt wird, ein Verdienst des Trainerteams,“ sagte Nagelsmann erfreut.