
FAQs
US-Präsidentschaftskandidat Trump soll erneut Ziel eines Attentäters geworden sein. Der Secret Service griff offenbar rechtzeitig ein. Was ist über den Tatverdächtigen und den Tathergang bekannt – und welche Reaktionen gibt es?
Wo wurde der mutmaßliche Angreifer entdeckt?
Donald Trump spielte am Sonntagnachmittag in seinem Club in West Palm Beach Golf. Ein Leibwächter des Secret Service entdeckte die Mündung eines Gewehrs, das aus einem Gebüsch am Zaun des Golfplatzes ragte – etwa 400 Meter von Trump entfernt.
Der Agent habe sofort das Feuer eröffnet und vier bis sechs Mal geschossen, sagte Sheriff Ric Bradshaw. Der Tatverdächtige Ryan R. habe selbst keine Schüsse abgegeben. Anschließend habe er die Waffe fallen lassen und sei geflohen. Laut Polizei hinterließ R. ein „Gewehr im SKS-Stil“. Zudem fanden die Sicherheitskräfte zwei Rucksäcke und eine Kompaktkamera.
Die Polizei zeigte Bilder des Rucksacks und der Kamera, die der mutmaßliche Angreifer zurückgelassen hatte.
Wie gefährlich war die Situation?
Das FBI spricht von einem „Attentat“. „Wir sind uns derzeit nicht sicher, ob die Person in der Lage war, auf unsere Agenten zu schießen. Aber unsere Agenten waren mit Sicherheit in der Lage, die Person anzugreifen“, sagte ein Vertreter des Secret Service auf einer Pressekonferenz.
Konnte der Attentäter entkommen?
Dem Angreifer gelang zunächst die Flucht mit einem Auto. Ein Zeuge konnte der Polizei jedoch bei der Ergreifung helfen: Er notierte sich das Kennzeichen und gab es an die Polizei weiter.
Etwa 70 Kilometer nördlich des Golfclubs wurde auf einer Autobahn ein Auto mit einem Mann angehalten, teilte der Sheriff von Martin County mit. Der Mann wird verdächtigt, mit der Schießerei in Verbindung zu stehen. Der Verdächtige wirkte ruhig und wurde festgenommen.
Wie verlief die Gerichtsverhandlung?
Bei einer Anhörung vor einem Bundesgericht in Florida am Montag wurde R. des Besitzes einer Schusswaffe durch einen verurteilten Schwerverbrecher und des Besitzes einer Schusswaffe mit entfernter Seriennummer angeklagt. Der erste Anklagepunkt sieht eine Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis vor, der zweite von fünf Jahren. Weitere Anklagepunkte könnten folgen. Während der kurzen Anhörung blieb er ruhig und beantwortete nur wenige Fragen mit Ja.
Der Verdächtige erschien am Montag vor Gericht in Florida.
Wer ist der Verdächtige?
US-Medien berichteten, der 58-jährige R. habe im März 2022 auf dem Onlinedienst X angekündigt, in die Ukraine auszureisen. Er habe erklärt, er sei bereit, „zu kämpfen und zu sterben“.
Die Nachrichtenagentur AFP interviewte ihn 2022, als er tatsächlich in Kiew war und an einer Demonstration teilnahm. „Putin ist ein Terrorist, der gestoppt werden muss. Und wir brauchen jeden auf der Welt, der aufhört, was er tut, und jetzt hierher kommt“, sagte R. damals. Trump hingegen hatte wiederholt Bewunderung für den russischen Präsidenten zum Ausdruck gebracht – und sich gegen US-Hilfen für die Ukraine ausgesprochen.
Die New York Times interviewte R. 2023 in einem Artikel über Amerikaner, die sich bereit erklärten, die Ukraine zu unterstützen. R. sagte, er sei nach Kriegsbeginn in die Ukraine gereist und wolle afghanische Soldaten rekrutieren, um dort zu kämpfen. Sein Plan war, Afghanen, die nach Pakistan geflohen waren, in die Ukraine zu immigrieren.
Das ukrainische Militär erklärte, R. habe nie in den ukrainischen Streitkräften gedient und es habe auch keine Zusammenarbeit gegeben. Allerdings habe R. in den vergangenen zweieinhalb Jahren regelmäßig Kontakt zur Internationalen Legion der ukrainischen Armee aufgenommen und „unsinnige Ideen“ geäußert. Diese könne man am ehesten als Wahnvorstellungen beschreiben, sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur AP.
AP berichtet zudem, der Verdächtige habe 2023 ein Buch mit dem Titel „Der nicht zu gewinnende Krieg der Ukraine“ veröffentlicht. „Es steht Ihnen frei, Trump zu ermorden“, rief R. darin dem Iran zu. Er machte Trump für den Sturm auf das Kapitol und den Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran verantwortlich.
R. schrieb, er habe einst Trump gewählt und sei als „hirnloses Kind“ mitverantwortlich dafür, dass Trump Präsident geworden sei.
Wie hat Trump reagiert?
Nach dem mutmaßlichen Attentat wandte sich Trump per E-Mail an seine Anhänger: „In meiner Nähe wurde geschossen, aber bevor die Gerüchte außer Kontrolle geraten, möchte ich, dass Sie zuerst Folgendes hören: Ich bin sicher und wohlauf“, schrieb er. Nichts werde ihn aufhalten, er werde „niemals kapitulieren“.
Später dankte er dem Secret Service und anderen Behörden auf seiner Plattform Truth Social und sagte, sie alle hätten unglaubliche Arbeit geleistet, um ihn zu schützen.
Gibt es wieder Kritik am Geheimdienst?
Der erste Mordanschlag auf Trump im Juli, bei dem der Angreifer dem Republikaner ins Ohr schoss, löste heftige Kritik am Secret Service aus. Die damalige Secret-Service-Chefin Kimberly Cheatle trat zurück, mindestens fünf Beamte wurden beurlaubt.
Schon jetzt gibt es Fragen, warum ein Angreifer erneut in Sichtweite des ehemaligen Präsidenten gelangen konnte. US-Präsident Joe Biden betonte, der Secret Service brauche „mehr Hilfe“ – und der Kongress müsse reagieren. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, Trump werde sich mit dem Direktor des Secret Service treffen.
Der verantwortliche Sheriff Bradshaw sagte, Trumps Leibwächter hätten sich „fantastisch verhalten“. Dass der Verdächtige nicht schießen konnte, liege daran, dass der Secret Service so schnell reagiert habe.
Was sagt das Weiße Haus zu dem Vorfall?
Vizepräsidentin Kamala Harris – die demokratische Präsidentschaftskandidatin – rief zur Mäßigung auf. „Ich verurteile politische Gewalt. Wir alle müssen unseren Teil dazu beitragen, dass dieser Vorfall nicht zu weiterer Gewalt führt“, wurde sie in einer Mitteilung aus dem Weißen Haus in Washington zitiert. Sie sei zutiefst beunruhigt über den Vorfall und froh, dass Trump in Sicherheit sei.
Auch US-Präsident Joe Biden äußerte sich erleichtert darüber, dass Trump unverletzt geblieben sei. „Die Ermittlungen zu diesem Vorfall dauern an, während die Strafverfolgungsbehörden weitere Einzelheiten über den Vorfall sammeln.“
Wie waren die sonstigen Reaktionen?
Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf Platform X, er sei „froh zu hören, dass Donald Trump sicher und unverletzt ist“.
Für Aufregung sorgte unterdessen der US-Milliardär und Trump-Unterstützer Elon Musk. Nach dem Vorfall in Florida schrieb Musk auf seinem Onlinedienst X: „Und niemand versucht, Biden/Kamala umzubringen.“ Später löschte er den Beitrag wieder und schrieb, er habe seine Lektion gelernt. „Nur weil ich einer Gruppe etwas sage und sie darüber lachen, heißt das nicht, dass es als Beitrag auf X lustig ist“, erklärte er.
Was ist noch unklar?
Das FBI hat Ermittlungen eingeleitet. Ob R.s Äußerungen zum Krieg in der Ukraine etwas mit dem Mordanschlag zu tun haben, ist noch unklar.
Als Präsidentschaftskandidat hat Trump keinen öffentlichen Terminkalender wie der amtierende Präsident Joe Biden. Daher ist unklar, woher der Verdächtige wusste, dass Trump an diesem Tag in seinem Golfclub sein würde. An diesem Tag spielte er Golf mit dem US-Immobilieninvestor und Parteispender Steve Witkoff.
US-Journalisten wiesen allerdings darauf hin, dass es für die Anwohner unmöglich gewesen sei, Trump zu übersehen, als er mit seiner Wagenkolonne von seinem wenige Kilometer entfernten Anwesen in Mar-a-Lago nach West Palm Beach fuhr.
Sebastian Hesse, ARD aus Washington DC, tagesschau, 16.09.2024 15:58