
Die Bevölkerung altert, die Zahl der Erwerbstätigen schrumpft. Nun zieht eine Regierung die Reißleine und erhöht Chinas Renteneintrittsalter.
Peking – Das Grundproblem ist bekannt: Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt, die Zahl der Rentner steigt, und auch die Höhe der ausgezahlten Renten steigt. Nur die Zahl derer, die das alles bezahlen, sinkt. Die chinesische Regierung hat sich einiges einfallen lassen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Regierung erhöht Renteneintrittsalter drastisch – Rente mit 63 für Männer
Medienberichten zufolge hat die chinesische Regierung am vergangenen Freitag (13. September) einem Vorschlag zugestimmt, der das Renteneintrittsalter des Landes drastisch erhöhen soll. Laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua bedeutet dieser Schritt eine Überarbeitung von Gesetzen, die teilweise Jahrzehnte alt sind. China leidet enorm unter einer alternden Gesellschaft; die Erhöhung des Renteneintrittsalters soll den wirtschaftlichen Druck von der ohnehin schrumpfenden arbeitenden Bevölkerung nehmen.

Dieser Schritt schien längst überfällig – China hat eines der niedrigsten Renteneintrittsalter der Welt. BBC Wie berichtet, soll das Renteneintrittsalter für Frauen in Industrieberufen von 50 auf 55 Jahre und für Frauen in Büroberufen von 55 auf 58 Jahre angehoben werden. Männer können künftig mit 63 statt mit 60 Jahren in Rente gehen. Die Änderungen sollen am 1. Januar 2025 in Kraft treten; das Renteneintrittsalter soll schrittweise über 15 Jahre angehoben werden. Eine Pensionierung vor dem festgelegten Alter ist nicht zulässig.
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Es handelt sich dem Vernehmen nach um die erste Erhöhung des Renteneintrittsalters seit 1950. Gleichzeitig ist auch die Lebenserwartung in China drastisch gestiegen – während sie 1960 noch 44 Jahre betrug, lag sie 2021 bereits bei 78 Jahren. Spätestens 2050 dürfte sie die 80-Jahre-Marke überschritten haben.
Ist Chinas Pensionskasse leer? – Chinesen sind unzufrieden mit Rentenentscheidung
Die schrumpfende Bevölkerung ist aber nur ein Teil des Problems. Was Deutschland passieren könnte, wenn die Politik bei der Rente nicht die richtigen Weichen stellt, zeigt China: Dort hat der Pensionsfonds eine kritische Masse erreicht, das heißt, ab 2030 müssen Arbeitnehmer zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen, um überhaupt eine Rente zu bekommen.
Der Thinktank Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften hatte bereits 2019 angedeutet, dass der Pensionsfonds bis 2035 leer sein könnte – und das war eine Schätzung, bevor die Coronavirus-Pandemie das Land überraschte. Rückblickend hat China am meisten unter der Pandemie gelitten. Mehrere harte Lockdowns sollten die Infektionszahlen senken.
Die Reaktionen im Internet sind gemischt. „In zehn Jahren tritt das nächste Gesetz in Kraft, das unser Renteneintrittsalter auf 80 Jahre anhebt“, zitiert BBC vom chinesischen Online-Portal Weibo. Andere Chinesen hatten allerdings genau dies vorhergesagt. „Das war zu erwarten“, lautete einer der Kommentare. Andere Nutzer verwiesen auf Europa und das teilweise noch höhere Renteneintrittsalter. Eine ähnliche Entwicklung sei für China nicht nur denkbar, sondern unausweichlich. „Nachdem wir endlich ein Haus gekauft, geheiratet und Kinder bekommen haben, sind wir nun gezwungen, noch mehr Kinder zu bekommen. Und jetzt wird auch noch der Ruhestand hinausgezögert – wir wissen nicht, wie es weitergeht“, zitiert Nachrichtenwoche weiter.
Drei-Kind-Politik soll Chinas Renten retten – Erholung wird Jahrzehnte dauern
China spürt nun – mit erheblicher Verzögerung – die Folgen der jahrzehntelang verfolgten Ein-Kind-Politik. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft wuchs die chinesische Bevölkerung in den 1960er und 1970er Jahren enorm, worauf die Regierung mit einer rund 35 Jahre andauernden Ein-Kind-Politik reagierte. Erst 2015 gab der chinesische Präsident Xi Jinping diese Politik auf.
Die neue Drei-Kind-Politik soll das Problem lösen. Bisher hat sie allerdings keine Wirkung gezeigt. Das liege unter anderem an schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, die es jungen Paaren schwer machten, eine Familie zu gründen, so das Institut. Die Zahl der durchschnittlichen Geburten pro Frau sei auf einen „historischen“ Tiefstand gesunken – Prognosen zufolge werde es Jahrzehnte dauern, bis sich China davon erholt habe.