Doch in diesem Zermürbungskrieg geht es darum, welche Seite über einen längeren Zeitraum mehr Soldaten, militärische Ausrüstung und Munition bereitstellen kann – und genau darin besteht das Problem.
Die europäischen Unterstützer der Ukraine haben es in den vergangenen zwei Jahren nicht geschafft, ihre Produktionskapazitäten zu steigern, während es zugleich fast unmöglich ist, auf dem Weltmarkt Rüstungsgüter sowjetischer Produktion zu kaufen. Zudem machen es die haushaltspolitischen Entwicklungen in Deutschland für die Bundesregierung zunehmend schwieriger, Mittel für die Unterstützung der Ukraine bereitzustellen. Dabei ist die Bundesrepublik der größte Geldgeber in Europa.
Deshalb liegt die Verantwortung für die westliche Unterstützung der Ukraine nun noch stärker in den Händen der Amerikaner – und auch aus den USA kommen keine klaren Signale. Die USA befinden sich mitten in einem Präsidentschaftswahlkampf, in dem der republikanische Herausforderer Donald Trump gegen die hohen Kosten der amerikanischen Unterstützung wettert und den Konflikt generell als europäisches Problem betrachtet. Auch deshalb sind US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris bei weiteren Hilfspaketen zurückhaltend.
Im September wird Selenskyj in Washington einen Plan für den Sieg vorlegen. Ziel ist es, Putin irgendwie an den Verhandlungstisch zu zwingen. Das wird allerdings nur funktionieren, wenn vor allem die Amerikaner mehr Militärgüter liefern und zugleich der ukrainischen Armee erlauben, diese auf russischem Territorium einzusetzen, um Druck auf Moskau auszuüben.
Doch auch hier ist die Biden-Administration vorsichtig. Die Gründe dafür sind unklar. Möglicherweise haben die USA Putins Drohungen registriert, die er als direkte Beteiligung der Nato am Krieg ansieht. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich die US-Regierung zunächst selbst davon überzeugen will, ob sich weitere Großinvestitionen überhaupt lohnen.
Der Westen lähmt sich in der Ukraine erneut selbst, obwohl er als Kollektiv über größere finanzielle Mittel verfügt als Russland. Für Putin ist das ein immenser Kriegsglücksfall.
Bei einem Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi am Donnerstag betonte der Kremlchef offenbar, er unterstütze einen „Sechs-Punkte-Plan“, den Brasilien und China im Frühsommer zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vorgelegt hatten. Doch das war eigentlich keine Überraschung, denn Putin kann es sich nicht leisten, China öffentlich vor den Kopf zu stoßen. Deshalb betont er stets, wie sehr er chinesische Bemühungen begrüßt, ohne jedoch einen Kurs in Richtung Frieden festzulegen.