
Stand: 18.09.2024 10:33 Uhr
Seit den Bauernprotesten polarisieren Landwirte die Gesellschaft. Mit viel Humor und großer Offenheit wollen Landwirte aus dem Nordosten Niedersachsens nun mit Vorurteilen „aufräumen“.
Die Kommentare im Internet zum Thema Landwirtschaft reichen von wüsten Beleidigungen bis hin zu merkwürdigen Vorurteilen:
- „Sie vergiften den Boden und das Grundwasser mit ihrem dreckigen Mist.“
- „Die verdammten dreckigen Bauern sollten ihre dummen Münder halten.“
- „Die leben da wie Bonzen, wie Bauern, und heulen, lol.“
- „Aus dem Leben eines Bauern: Kater ausschlafen, Traktor fahren, Schützenfest, Schützenfest, Schützenfest, Schützenfest, Sommerfest, Saufen, Subunternehmer beauftragen.“
Für Lena Bergmann, Landwirtin aus Neetze im Kreis Lüneburg, bestätigen diese Kommentare in den sozialen Medien einen Eindruck, den sie immer stärker hat: dass sich viele Menschen von der Landwirtschaft distanziert haben und viel Unwissenheit herrscht.
Videoclip, Poster und Kino

„Wir wollen Offenheit signalisieren und mit Vorurteilen aufräumen“, sagt Landwirtin Lena Bergmann.
Deshalb geht sie Gemeinsam mit anderen Landwirten aus der Region gehen sie nun in die Offensive: „Wir wollen Offenheit signalisieren, mit Vorurteilen aufräumen und offen zeigen, wer wir sind und was wir tun.“ Im Rahmen der neuen Kampagne des Bauernverbands Nordostniedersachsen reagieren Lena Bergmann und ihre Kollegen unter anderem in einem Videoclip mit Humor und Transparenz auf Kommentare aus dem Netz. Geplant sind zudem eine Plakataktion und Kinospots.
Mit Humor in den Dialog einsteigen
„Ich glaube, wenn die Fronten verhärtet sind, ist Humor ein guter Gesprächseinstieg. Außerdem macht er deutlich, dass wir Menschen sind, dass wir Gefühle haben, dass wir keine bösen Menschen sind“, sagt Bergmann. Ihre Familie bewirtschaftet seit acht Generationen Landwirtschaft in Neetze. Mit 31 Jahren hat Lena Bergmann diesen Sommer den Hof ihrer Eltern übernommen. Die Landwirtschaft ist ihre Zukunft.
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Konstruktiver Dialog im Internet kaum möglich
Von persönlichen Anfeindungen oder Hassbotschaften bleibt Lena Bergmann in ihrem Alltag verschont – wie die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen: „Ich persönlich bekomme im persönlichen Kontakt nicht so viel negatives Feedback. Da merkt man, dass sich vieles auf die sozialen Medien und das Internet konzentriert.“ Dort hat sie bereits versucht, mit Kritikern ins Gespräch zu kommen. Weit gekommen ist sie damit nicht: „Viele haben ihre eigene, festgefahrene Meinung und wollen unseren Standpunkt gar nicht hören. Es wird irgendwann ermüdend, wenn man immer wieder sachliche Argumente vorbringen will und diese dann einfach nicht ankommen“, sagt Bergmann.
Proteste der Bauern polarisieren
Ähnliche Erfahrungen hat Landwirt Leonard Hyfing gemacht. Er betreibt in Altenmedingen im Kreis Uelzen Ackerbau und Viehzucht. Dass die Bauern polarisieren, hat sich durch die Bauernproteste Anfang des Jahres noch einmal deutlich verstärkt. Damals bekam er auf Demonstrationen von der einen Seite Süßigkeiten, von der anderen den Mittelfinger. Die Proteste sind ein wichtiger Teil des demokratischen Diskurses.
„Natürlich gibt es rechte Bauern“

„Landwirte sind ein Spiegel der Gesellschaft“, sagt Landwirt Leonard Hyfing.
Das bei den Protesten aufgekommene Vorurteil, viele Landwirte seien rechts oder demokratiefeindlich, will Hyfing nicht stehen lassen: „Landwirte sind ein Spiegel der Gesellschaft. Es gibt natürlich rechte Landwirte, die ihre Position klar vertreten. Es gibt auch Landwirte ganz links, die ebenfalls utopische Vorstellungen haben. Aber die Mehrheit ist in der Mitte und eine Stütze der Gesellschaft.“
Mit der Kampagne Kritiker erreichen
Hyfing ist selbst als Bürgermeister der Gemeinde Altenmedingen kommunalpolitisch aktiv. Mit der Initiative hofft er, Menschen zu erreichen, die der Landwirtschaft kritisch gegenüberstehen. Viele Menschen verstünden sie überhaupt nicht mehr. „Es hilft nichts zu sagen: Ich will damit nichts zu tun haben. Das ist das Ziel der Kampagne. Zu sagen: ‚Okay, wir verstehen, dass da eine Lücke ist. Daran müssen wir arbeiten – gemeinsam.‘“
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