Eine Frau wird in der U2 immer wieder mit antisemitischen Beschimpfungen beleidigt. Ein Unbekannter beschimpft einen 23-Jährigen am S-Bahnhof Südkreuz wegen einer Tätowierung, schlägt ihn und raubt ihn aus. Sieben Männer überfallen einen 37-Jährigen, nachdem er sie auf Hebräisch gegrüßt hat. Aktuelle Fälle, in denen die Polizei ermittelt – und von denen es seit dem Terroranschlag der islamistischen Die Hamas Am 7. Oktober 2023 werden in der Hauptstadt immer mehr Anschläge auf Israel registriert.
Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres 370 Fälle, wie der Antisemitismusbeauftragte der Staatsanwaltschaft, Florian Hengst, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Hinzu kamen im Zeitraum von Januar bis Ende Juni 1.570 Fälle, die im Zusammenhang mit der Nahost-Konflikt und wo oft zumindest der Verdacht eines antisemitischen Hintergrunds besteht.
Deutlich mehr Sachschäden und Graffiti
Mit dem Terroranschlag, der Antisemitismus in Berlin habe eine ganz neue Dimension angenommen, sagt Hengst. Bisher habe es bei solchen Taten vor allem um Hass und Hetze auf der Straße oder im Internet gegangen. „Das ist noch immer so. Aber andere Taten haben deutlich zugenommen“, erklärt der Anwalt.
Dazu gehörten Sachbeschädigungen durch antisemitische Schmierereien, etwa mit dem Davidstern an Eingangstüren. Die Parolen seien gewalttätiger geworden. „Und Juden werden zunehmend auf öffentlichen Straßen oder im Internet beleidigt, bedroht oder gar angegriffen“, beklagte Hengst. „Seit dem 7. Oktober – das sagen viele, leider und zu Recht – ist nichts mehr so, wie es war.“
Viele Verbrechen während Demonstrationen
In der Hauptstadt vergeht keine Woche ohne Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg. Besonders aktiv ist die pro-palästinensische Gemeinschaft. Die Berliner Zeitung berichtete kürzlich: Polizei Die Lage wird noch verschärft durch gewaltsame Zusammenstöße während solcher Protestmärsche.
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Statistik zwei Kategorien eingeführt: rein antisemitische Vorfälle und Verfahren im Kontext des Nahostkonflikts. „Häufig gibt es einen antiisraelischen oder antisemitischen Hintergrund. Dazu zählen aber auch Widerstandshandlungen gegen Polizisten – vor allem bei Demonstrationen“, erklärt Hengst.
Wegen rein antisemitischer Straftaten registrierte die Staatsanwaltschaft im ersten Halbjahr 2023 304 Fälle. 2022 waren es in den ersten sechs Monaten 328 entsprechende Fälle gewesen, 2021 waren es 319.
Strafbarkeit pro-palästinensischer Parolen weiterhin umstritten
In das Verfahren zum Nahostkonflikt dürfte Bewegung kommen, denn noch immer gibt es keine Rechtssicherheit etwa hinsichtlich der Strafbarkeit von Slogans. Der Ausruf „Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein“ wird von Juristen unterschiedlich bewertet. Der Ausruf bezieht sich auf das Territorium Israels und wird als Leugnung des Existenzrechts Israels verstanden.
Angesichts des Verbots des palästinensischen Netzwerks Samidoun und des Betätigungsverbots der Terrormiliz Hamas wertet die Berliner Staatsanwaltschaft den Slogan als Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Über eine entsprechende Anklage wollte das Amtsgericht Tiergarten noch im August entscheiden. Der Prozess gegen den 28-Jährigen, der den umstrittenen Slogan bei einer Demonstration gerufen haben soll, wurde allerdings auf November vertagt.
Unterschiedliche Beurteilungen des Ausrufs durch Gerichte
Wenn der Slogan – etwa durch entsprechende Bilder – einen direkten Bezug zum Terroranschlag der Hamas herstellt, könnte dies von der Staatsanwaltschaft auch als Billigung von Straftaten angesehen werden. Dies war auch die Ansicht des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin und verurteilte einen 22-Jährigen zu einer Geldstrafe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und wird an die nächste Instanz weitergeleitet.
In Bremen hingegen ließ ein Verwaltungsgericht den Slogan jüngst mit Verweis auf die Meinungsfreiheit zu. Das Landgericht Mannheim urteilte jüngst, dass der Slogan weiterhin straffrei bleibe. „Eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu steht allerdings noch aus“, sagte Hengst bedauernd.
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