Es war nicht wirklich ein Machtkampf, der an der Spitze des Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Eher eine Machtdemonstration. Der langjährige Vorsitzende der Konferenz, Wolfgang Ischinger, setzte sich mit seinem Vorschlag durch, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum künftigen Leiter der Jahrestagung der strategische Gemeinschaft Dagegen hatte sich der derzeitige Konferenzvorsitzende Christoph Heusgen heftig gewehrt. Dem früheren außenpolitischen Berater von Angela Merkel blieb letztlich jedoch nichts anderes übrig, als sich geordnet zurückzuziehen.
So stritten sich etwa zwei frühere Spitzendiplomaten auf undiplomatische Weise darum, wer künftig den Ton auf Deutschlands bedeutendster sicherheitspolitischer Konferenz angeben soll, die jedes Jahr Hunderte Staats- und Regierungschefs, Minister, hohe Militärs und Strategen im Münchner Luxushotel Bayerischer Hof zusammenbringt. IschingerDer frühere Staatssekretär im Auswärtigen Amt und Botschafter in Washington, hatte hierüber andere Vorstellungen als Heusgen, der nach seiner Zeit im Kanzleramt Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York wurde.
Von 2008 bis 2022 war Wolfgang Ischinger Vorsitzender München In dieser Zeit hat die Konferenz enorm an politischer Bedeutung gewonnen – und an internationaler Strahlkraft. Ischinger gefiel dieses Forum und baute es immer weiter aus. Mithilfe von Sponsoren aus der Wirtschaft und in Kooperation mit Stiftungen und Thinktanks schuf er rund um den Kern der Konferenz ein illustres Rahmenprogramm mit Dutzenden von Veranstaltungen.
Ernennung Stoltenbergs sei eine „Riesenchance“
Der Kontrast zu den bescheidenen Anfängen in den 1960er Jahren, als der ehemalige Wehrmachtsoffizier und Widerstandskämpfer Ewald von Kleist zur Wehrkundetagung nach München einlud und einen kleinen Kreis von Experten um einen Konferenztisch versammelte, hätte kaum größer sein können.
Als Ischinger den Vorsitz übernahm, war die Konferenz noch eine private Initiative ohne klare rechtliche Grundlage. Um ihren Fortbestand zu sichern, gründete Ischinger 2011 eine gemeinnützige GmbH. Er besaß sämtliche Anteile der GmbH. 2019 wandelte er die GmbH in eine Stiftung bürgerlichen Rechts um. Ischinger schenkte der Stiftung seine Anteile an der GmbH. Weitere Spenden kamen vom Freistaat Bayern und vom Bund. Und, wichtig für den aktuellen Konflikt: Ischinger übernahm den Vorsitz des Stiftungsrates. Damit konnte er maßgeblichen Einfluss auf die MSC ausüben, auch nach seinem Ausscheiden als Vorsitzender im Jahr 2022.
Ganz zufrieden war er mit der Arbeit seines Nachfolgers Christoph Heusgen offenbar nicht. Der Vorsitzende des Kuratoriums begann, sich umzuschauen. Gab es vielleicht einen größeren Namen, mit dem die Konferenz aufwarten konnte? Die Idee einer Zusammenarbeit mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg
um über seine Zukunftspläne zu sprechen. Und siehe da, Stoltenberg gefiel die Idee, den Vorsitz des MSC zu übernehmen.
Also forschte Ischinger nach Berlin das politische Terrain. Und alle, so die Führung der MSC, waren begeistert. Die Grünen zeigten sich „glücklich“, die Sozialdemokraten äußerst „beeindruckt“; auch Friedrich Merz und Christian Lindner reagierten anerkennend: „Super Idee!“ Die Parteien hätten verstanden, dass die Berufung Stoltenbergs eine „Riesenchance“ für die MSC sei, „noch mehr Strahlkraft zu entwickeln“.