Medjugorje offiziell als Wallfahrtsort anerkannt

Medjugorje offiziell als Wallfahrtsort anerkannt

Rom. Medjugorje ist seit Jahren einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte für Katholiken, vor allem aus Ost- und Südeuropa. Rund drei Millionen Gläubige pilgern jährlich in das 2300 Einwohner zählende Dorf in Bosnien-Herzegowina – etwa so viele wie ins französische Lourdes. Grund für den frommen Massenansturm: 1981 soll die Jungfrau Maria auf einem Hügel nahe dem Dorf sechs Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 16 Jahren erschienen sein. Einige der Jungen und Mädchen sollen zuvor Haschisch geraucht haben, bestätigt ist dies jedoch nicht. Jedenfalls erschien die Jungfrau Maria seither bis heute mehr oder weniger täglich einigen „Sehern“ in Medjugorje. Mehr als 40.000 Marienerscheinungen wurden in den letzten 43 Jahren in dem Wallfahrtsort gezählt – katholischer Weltrekord.

Lesen Sie mehr nach dem Werbung

Lesen Sie mehr nach dem Werbung

Medjugorje, das rund 100 Kilometer südwestlich von Sarajevo liegt, hat vom Vatikan nie die Anerkennung als offizieller Wallfahrtsort der katholischen Kirche erhalten. In Rom gab es von Anfang an starke Zweifel, ob es sich bei den Marienerscheinungen tatsächlich um ein Wunder oder ein „übernatürliches Phänomen“ handelte.

Offizielle Pilgerreisen in Begleitung eines Bischofs waren deshalb bis vor wenigen Jahren nicht möglich – was die Gläubigen jedoch nicht davon abhielt, weiterhin nach Medjugorje zu reisen. 2017 äußerte ein vom Papst beauftragter apostolischer Visitator, der in Medjugorje nach dem Rechten sehen sollte, sogar den Verdacht, die Mafiaorganisation Camorra aus Neapel verdiene an dem florierenden Geschäft mit den Pilgermassen viel Geld.

Medjugorje offiziell als Wallfahrtsort anerkannt

Auch Papst Franziskus war stets skeptisch: „Maria ist keine Briefträgerin und auch nicht die Leiterin eines Telegrafenamts, die jeden Tag Nachrichten verschickt“, bemerkte er kurz nach seiner Wahl 2013.

Lesen Sie mehr nach dem Werbung

Lesen Sie mehr nach dem Werbung

Doch angesichts immer größer werdender Pilgerströme beugte sich Franziskus schließlich der Macht der Fakten und entschied 2019, dass Pilgerfahrten nach Medjugorje auch in Begleitung von Bischöfen gestattet seien. Das sei allerdings nicht gleichbedeutend mit einer Anerkennung der Marienerscheinungen als Wunder, betonte der Vatikan zugleich. Seit gestern Donnerstag ist der offizielle Status Medjugorjes nach über vierzig Jahren endlich geklärt: „Nihil obstat“ lautet das Verdikt von Kardinal Víctor Manuel Fernández, dem Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation. Übersetzt heißt das: Gegen Pilgerfahrten nach Medjugorje ist nichts einzuwenden.

Europa Radar

Was in Brüssel passiert und Europa bewegt: RND-Korrespondent Sven Christian Schulz liefert EU-Einblicke und Hintergründe – immer donnerstags.

Die Anerkennung als Wallfahrtsort durch den obersten Glaubenshüter des Vatikans bedeutet allerdings nicht, dass die Marienerscheinungen als solche tatsächlich stattgefunden haben und immer noch stattfinden. Kardinal Fernández stellt ausdrücklich klar, dass Gläubige „nicht verpflichtet sind, an ein Wunder zu glauben“. Die Botschaften, die die Muttergottes bei ihren Erscheinungen in Medjugorje an Gläubige richtet, seien als „angebliche Botschaften“ zu verstehen. Allerdings erkennt die Glaubensautorität ausdrücklich das Vorhandensein eines „spirituellen Phänomens“ an, das daran zu erkennen sei, dass es viele positive und schöne Früchte trage: Bekehrungen, eine Rückkehr zum Glauben und den Sakramenten, neue Berufungen zum Priesteramt, gerettete Ehen, häufigeres und intensiveres Gebet und vieles mehr.

Die katholische Kirche definiert sechs Kategorien zur Bewertung von Wundern

Dass der Vatikan die Marienerscheinungen in Medjugorje zu „übernatürlichen Ursprungs“ und damit zu einem Wunder erklären würde, war nicht zu erwarten: Im Mai veröffentlichte das Dikasterium für die Glaubenslehre neue „Normen für das Verfahren zur Beurteilung angeblicher übernatürlicher Phänomene“ und schaffte im Zuge der Reform die Wunder faktisch ab.

Lesen Sie mehr nach dem Werbung

Lesen Sie mehr nach dem Werbung

Nach den neuen Regeln der katholischen Kirche gibt es nun sechs Kategorien für echte oder angebliche übernatürliche Phänomene, die von Gläubigen verehrt und als Anlass für Wallfahrten genutzt werden. Sie reichen von „nihil obstat“ („keine Einwände“, wie im Fall von Medjugorje), über „prae oculis habetur“ („beobachten“), „curatur“ („aufpassen“) und „sub mandato“ („unter Aufsicht stellen“) bis hin zu „prohibetur et obstruator“ („verbieten und abschaffen“). Ein Wunder kann nun nur noch der Papst selbst anerkennen, und auch das nur in ganz bestimmten Einzelfällen.

Die mobile Version verlassen