
Markenname soll erhalten bleiben
Tupperware ist insolvent
18.09.2024, 13:20
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Die Tupperware-Party ist vorbei – das Unternehmen, das mit Frischhaltedosen und Verkaufsevents bekannt wurde, ist insolvent. Den entsprechenden Antrag stellt Tupperware in Delaware. Der Name soll erhalten bleiben, in der Geschäftstätigkeit muss sich jedoch einiges ändern.
Der Spezialist für Frischhaltedosen Tupperware hat in den USA Insolvenz angemeldet. Unmittelbarer Auslöser war nach jahrelangen Problemen ein Streit des US-Unternehmens mit großen Gläubigern. Diese verweisen auf ausstehende Schuldenzahlungen und fordern große Teile von Tupperware ein. Das Management sucht in einem Verfahren nach Chapter Eleven des US-Konkursrechts Schutz davor. Ob der Plan aufgeht, ist noch unklar.
Tupperware will das Geschäft während des Insolvenzverfahrens fortführen und sucht auch weiterhin nach einem Käufer. US-Gerichtsunterlagen zufolge hat von den internationalen Tochtergesellschaften lediglich die Schweizer Tupperware Products AG Insolvenz angemeldet. Einer der zehn Gläubiger kommt aus der Schweiz. Die übrigen kommen aus den USA. Inwieweit die Insolvenz auch deutsche Verbraucher zu spüren bekommt, ist unklar. Eine Anfrage an die deutsche Tupperware-Tochter blieb bislang unbeantwortet.
Tupperware, ein Pionier für Lebensmittelbehälter aus Plastik, steckt schon seit einiger Zeit in finanziellen Schwierigkeiten. In den letzten Monaten liefen Verhandlungen mit Gläubigern, denen Tupperware mehrere hundert Millionen Dollar schuldet.
Kampf mit Gläubigern
Nach Angaben des Managements erwarb die Gläubigergruppe die Kreditsicherheiten zu einem guten Preis. Sie zahlte drei bis sechs Cent pro Dollar Schulden. Der drastische Abschlag sei eine Folge der Zukunftszweifel, die Tupperware in den vergangenen Jahren umgaben. Für 15 bis 30 Millionen Dollar hätten sich die Gläubiger bereits einen Großteil der Schulden von insgesamt knapp 812 Millionen Dollar gesichert, rechnete Tupperware vor.
Das Unternehmen geht davon aus, dass die Gläubiger den Insolvenzantrag anfechten werden, um stattdessen die Kontrolle über Tupperware zu erlangen. Das Management wird versuchen, das Unternehmen innerhalb von 30 Tagen zu verkaufen und verfügt dafür über 7,4 Millionen Dollar in bar.
Noch im vergangenen Jahr hatte Tupperware angesichts der angeschlagenen Finanzlage „ernste Zweifel“ geäußert, ob das Unternehmen sein Geschäft aufrechterhalten könne. Seit 2022 veröffentlichte das Unternehmen keine Geschäftszahlen mehr – damals war der Umsatz auf 1,3 Milliarden Dollar eingebrochen, 42 Prozent weniger als noch fünf Jahre zuvor. Konkurrenzunternehmen, Onlinehändler und nicht zuletzt Essenslieferdienste machten Tupperware zu schaffen und stellten sein Geschäftsmodell zunehmend in Frage: die Notwendigkeit, große Mengen an Essensresten aufzubewahren.
Laut den beim Gericht in Delaware eingereichten Unterlagen hat Tupperware ein geschätztes Nettovermögen von 500 Millionen bis 1 Milliarde Dollar. Die Verbindlichkeiten belaufen sich jedoch auf zwischen 1 und 10 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hat außerdem zwischen 50.000 und 100.000 Gläubiger.
Tupperpartys: Erst Erfolgsstory, dann Bremse
Der Name Tupperware wird in Deutschland auch oft als Synonym für Frischhaltedosen verwendet. Das 1946 gegründete Unternehmen ist mit dem Direktvertrieb groß geworden: Tupperware-Partys, bei denen Verkaufsberater die Dosen und andere Küchenartikel an die Leute verkaufen. Die Gastgeber bekommen Rabatte, die Berater eine Provision.
Tupperware betonte zwar, dass rund 90 Prozent seines Umsatzes aus derartigem Direktmarketing stammen. Durch die sture Konzentration auf das langjährige Erfolgsrezept seien allerdings auch Chancen unter anderem im Onlinehandel verpasst worden, wie Sanierungschef Brian J. Fox in den Insolvenzunterlagen einräumte.
Erst 2022 begann Tupperware damit, Produkte online zu verkaufen, unter anderem über Amazon, und suchte auch den Weg in die Regale stationärer Einzelhändler wie Target in den USA. Anders als in den Anfangsjahren wüssten viele Verbraucher zwar, was die Produkte von Tupperware seien – aber nicht, wo sie diese kaufen könnten, beklagte das Management.
„Die Party ist vorbei“
Tupperware beschäftigt 5.450 Mitarbeiter in 41 Ländern. Hinzu kommen rund 465.000 selbstständige Verkaufsberater. Diese Zahl sei nach einer Warnung vor wirtschaftlichen Problemen bereits geschrumpft, betonte Tupperware. Schlagzeilen wie „Die Party ist vorbei“ sorgten unter den Beratern für Unruhe.
Tupperware begann mit Kunststoff. Der Erfinder Earl Tupper gründete 1938 eine Kunststofffirma. Während des Zweiten Weltkriegs produzierte sie unter anderem Gasmasken. Nach Kriegsende hatten die Kunststoffproduzenten plötzlich erhebliche Überkapazitäten. Tupper experimentierte, bis er einen haltbaren und gut aussehenden Kunststoff erfand, der sich für Vorratsdosen für Lebensmittel eignete. Die zweite Innovation war das Frischeventil am Deckel, mit dem überschüssige Luft aus der Box gedrückt werden kann.
Tupper konzentrierte sich zunächst auf den traditionellen Einzelhandel – und hatte sogar ein Geschäft auf der New Yorker Fifth Avenue. Doch dann stieß Brownie Wise, eine geschiedene alleinerziehende Mutter aus Detroit, auf die Produkte des Unternehmens. Sie hatte die Idee, Tupperware-Behälter auf Veranstaltungen mit Vorführungen zu verkaufen. Das funktionierte so gut, dass Tupper 1951 dem traditionellen Einzelhandel den Rücken kehrte und Wise zur Marketingchefin machte.
In jüngster Zeit sei auch bei Tupperware eine „Anti-Plastik-Stimmung“ spürbar, also die Sorge, dass chemische Verbindungen aus Plastik in Lebensmittel gelangen könnten.