
Machtkampf zwischen Ex-Paar?
Razzia in der Zentrale von Russlands größtem Online-Händler
18.09.2024, 16:11
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Der Streit um die Kontrolle von Russlands größtem Online-Händler Wildberries eskaliert. Bei einer gescheiterten feindlichen Übernahme kommt ein Wachmann ums Leben, zehn Personen werden festgenommen. Die Gewalt ist die Folge eines erbitterten Streits zwischen der Gründerin und ihrem Ex-Mann.
Bei einer Schießerei in der Moskauer Filiale von Russlands größtem Online-Händler Wildberries ist ein Mensch getötet und drei weitere verletzt worden. Das berichten staatliche Behörden. Bei dem Opfer soll es sich um einen Wachmann handeln. Vor dem Bürogebäude parkten mehrere Polizeiwagen. Die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtete, im Zusammenhang mit dem Vorfall seien zehn Personen festgenommen worden. Das Unternehmen wurde 2004 von Tatjana Bakaltschuk gemeinsam mit ihrem Ehemann Wladislaw Bakaltschuk gegründet. Im Juli gab Russlands reichste Frau ihre Trennung bekannt und reichte die Scheidung ein.
Nach dem Vorfall erklärte die Geschäftsführerin im Onlinedienst Telegram, ihr Ex-Mann und zwei Ex-Manager des Unternehmens hätten versucht, „die Büros von Wildberries in Moskau zu besetzen“. Wladislaw Bakaltschuk hingegen behauptet, er sei zu Verhandlungen in die Firmenzentrale gekommen und angegriffen worden. Er und seine Begleiter seien nicht bewaffnet gewesen. Es seien aber „aus dem Gebäude“ Schüsse abgefeuert worden. Auf einem Video, das der kremlnahe Telegram-Nachrichtenkanal Mash veröffentlicht hat, ist eine Rangelei vor dem Büro zu sehen, gefolgt von Schüssen und Schreien.
Tatiana Bakalchuk bestritt die Behauptung und sagte: „Solche Gespräche wurden nie vereinbart.“ Sie sagte, Wildberries habe die Strafverfolgungsbehörden kontaktiert, nachdem ihr Ex-Mann versucht hatte, das Moskauer Büro des Unternehmens zu besetzen. „Wir haben nichts zu verbergen, daher bitte ich darum, dass die Ergebnisse der Untersuchung der Motive hinter dieser unerhörten Aktion öffentlich gemacht werden. Dies ist nun ein Versuch einer feindlichen Übernahme – wenn auch glücklicherweise ein erfolgloser.“
Wildberries ist Russlands größter Onlinehändler und wickelt nach eigenen Angaben täglich mehr als zehn Millionen Bestellungen ab. Das Unternehmen steht kurz vor der Übernahme des russischen Werbetechnologie-Unternehmens Russ. Der Kreml hat der geplanten Fusion bereits zugestimmt, Wladislaw Bakaltschuk lehnt sie jedoch ab und nennt sie einen „großen Fehler“. Prominente Rückendeckung erhielt er nach einem Treffen im Juli von Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow.
Experten nennen den geplanten Deal mit der Russ Group „sehr seltsam“, da es sich angeblich um eine Fusion zwischen gleichberechtigten Partnern handelt. Wildberries ist jedoch 20 Mal größer als die Russ Group und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 538,7 Milliarden Rubel (2,7 Milliarden Dollar), während die Russ Group 27,9 Milliarden Rubel (300 Millionen Dollar) erzielte. Die unabhängige Wirtschaftszeitung The Bell vermutet, dass die Fusion Teil der russischen Umverteilung von Vermögenswerten während des Krieges sein könnte, die dem Kreml nahestehende Geschäftsleute belohnt.