
Die Nutzfahrzeug-IAA Transportation in Hannover soll laut dem veranstaltenden Verband der Automobilindustrie ein Forum für „Nutzfahrzeug- und Bushersteller, Aufbau- und Anhängerhersteller, Mikromobilitätsunternehmen, Lastenrad- und Kleinfahrzeuganbieter sowie Zulieferer und Tech-Unternehmen, Dienstleister und Startups“ sein. Im ersten Teil haben wir einige Hersteller von Fern- und Schwerlast-Lkw vorgestellt, die sowohl mit konventionell als auch alternativ angetriebenen Fahrzeugen nach Hannover kommen. Für den zweiten Teil haben wir einige der Mikromobilitätsspezialisten herausgepickt.
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Die Verkehrswende führt schon heute dazu, dass Lkw für den Verteilerverkehr bestimmte Umweltzonen nur noch mit batterieelektrischem Antrieb erreichen können. Als geeignet haben sich hierfür die durch die Führerscheinklassen definierten 3,5- und 7,5-Tonnen-Lkw erwiesen, wie etwa der seit 2017 erfolgreich von Daimler vertriebene Fuso eCanter. Da immer mehr Städte Einfahrtsbeschränkungen verhängen, ist dieser Bereich stetig auf dem Vormarsch. Damit ist klar, dass sich die Elektrifizierung nicht nur klassischer Lkw lohnt, es gibt sogar moderne, schwerere Neuentwicklungen wie den 16/18-Tonnen-Volta Zero.
Vielfältiges Biotop
Diese größeren Fahrzeuge werden natürlich nicht von Haus zu Haus eingesetzt, sondern liefern nur Hubs an, von denen aus dann Haushalte oder Unternehmen beliefert werden. Dieser Bereich, den Spediteure oft als „letzte Meile“ bezeichnen, ist ein vielfältiger Lebensraum für sehr kleine, leichte und lokal emissionsfreie Zustelllösungen. Ganz vorne mit dabei ist der Kurier-Express-Paket-Bereich („KEP“). Bei der Deutschen Post und DHL sind aktuell rund 30.000 Elektrofahrzeuge im Einsatz. Der Fuhrpark von Hermes Germany umfasst über 1.100 Elektrofahrzeuge, darunter 990 E-Vans und 125 Lastenräder. Die Optionen werden dank verändertem Kundenverhalten – Stichwort E-Commerce – und gleichzeitig strengeren Einschränkungen zum Schutz der Anwohner immer zahlreicher. Lastenräder, die die Post in großer Zahl einsetzt, sind heute schon etabliert und reichen mittlerweile bis hin zu heute noch futuristisch anmutenden Robotern und Drohnen.
Die IAA hat diesen Bereich schon lange in ihr Konzept aufgenommen und konnte auch einige der Hersteller nach Hannover holen. Die Exponate kann das Publikum nicht nur auf den Ständen sehen, die meisten davon können auch auf einem Parcours befahren werden. Um den Messebesuchern die Möglichkeit zu geben, realistische Situationen mit den Fahrzeugen auszuprobieren, simulieren sechs Bereiche typische oder mögliche Bedingungen, die im Straßenverkehr auftreten können. Neben einem Handlingparcours mit Schikanen ließ der VDA auch grobes Kopfsteinpflaster, Bremsschwellen, Curbs, losen Schotter und Sand, eine seitliche Auf- und Abfahrt über Curbs, verschiedene Steigungen und Gefälle sowie eine Beschleunigungsstrecke in den Parcours einbauen. Um die Teststrecke wetterunabhängig zu machen, wurde sie in eine der Hallen verlegt.
Lastenrad Antric One: Robust durch die Stadt
Antric stellt eine besonders robuste Lastenradvariante vor. Die ladungsrelevanten Teile beim Antric One stammen aus dem Automobilbereich, um es stabiler zu machen als ein Fahrzeug mit Teilen aus der Fahrradindustrie. Mit vier Rädern soll es mehr Kippsicherheit und Federungskomfort bieten als die gängigen Dreiräder. Das Ladevolumen beträgt 2,2 m³ und die Nutzlast liegt bei 291 kg. Die Innenmaße des Aufbaus sind so ausgelegt, dass eine Europalette oder zwei handelsübliche Gitterwagen geladen werden können.
(Bild: Antric)
Das Antric ONE verfügt über eine 5-stufige elektrische Tretunterstützung bis 25 km/h und eine rein elektrische Rangierhilfe vorwärts und rückwärts bis 6 km/h. Für die Akkus mit je 1,44 kWh für eine Reichweite von bis zu 50 km sind zwei Steckplätze vorgesehen.
Dynamische Antriebe: Kettenlos mit seriellem Hybridantrieb
Der Hersteller aus Gießen baut Pedelecs und mehrspurige Lastenräder mit seriellem Hybridantrieb auf Basis skalierbarer Komponenten, auch in Absprache mit dem Fahrzeughersteller. Der Antrieb bezieht Muskelkraft mit ein, indem er einen Teil der Antriebsleistung über einen pedalgetriebenen Generator bereitstellt. Die Kraft kann somit per Kabel statt über Kette oder Riemen auf die Radmotoren übertragen werden. Dynamic Drives ist auf der Messe mit dem kurz vor der Serienproduktion stehenden E-Lastenrad Intelectra mit 450 kg Nutzlast und maximal 93 km Reichweite für die urbane letzte Meile, den Personentransport, für Handwerker, B2B oder private Anwendungen vertreten.
(Bild: Dynamische Antriebe)
Riese und Müller: leichte Einspurfahrzeuge
Der in den 1990er-Jahren gegründete Fahrradhersteller mit rund 800 Mitarbeitern bringt fünf leichte Einspurfahrzeuge mit Elektrounterstützung zur Hannover Messe. Sie alle sind überall dort stark, wo Mehrspurfahrzeuge zu breit sind. Der Multitinker ermöglicht auch den Transport kleiner Personen. Das Load4 60 im Bild ist ein leichtes einspuriges Lastenrad mit Bosch-Motor. Wie die meisten anderen R&M-Modelle ist es mit verschiedenen Gängen (Kette, Nabe), aber auch als Singlespeed erhältlich.
Riese und Müller Cargo Load 60
(Bild: Riese und Müller)
CityQ: Leichte Transporter mit vier Rädern
CityQ bewirbt sein Cargo-Vierrad als das Beste aus beiden Welten: Auto und Fahrrad. Der Anspruch: „Ein Auto zu einem Fahrrad verkleinern und den Benutzern ein einzigartiges Fahrerlebnis bieten.“ Der neue CityQ Cargo bietet 220 Nm aus zwei Motoren, 100 kg Eigengewicht und einen ergonomischen Sitz mit Sicherheitsgurt. Die Batteriereichweite gibt CityQ mit bis zu 150 km an, mit zwei austauschbaren Batterien unter dem Fahrersitz.
(Bild: CityQ)
Der CityQ Cargo ist in zwei Versionen erhältlich, als Cargo1200 mit 1200 Liter Ladefläche oder als Cargo850 mit 850 Litern Fassungsvermögen. Seine Kraftübertragung funktioniert dank vollelektrischem Antriebsstrang ohne Ketten oder Riemen. Der modulare Aufbau mit mehreren Staufächern bietet ein bis eineinhalb Kubikmeter Ladevolumen, erweiterbar auf bis zu zwei. Optional mit vollem Wetterschutz, einschließlich Fenster, Boden, Türen und Scheibenwischer.
Laplandar: robuste Blechdreiräder
Die dänische Marke baut E-Trikes aus lasergeschnittenen Stahlblechteilen mit einer Nutzlast von bis zu 250 kg. Das Laplanar L-250 eignet sich ideal für die Gebäude- und Immobilienverwaltung. Für verschiedene andere Einsatzzwecke können auch vorgefertigte Cargoboxen bestellt werden. Die Reichweite gibt Laplanar mit 80 km an.
(Bild: Laplandar)
Bako: E-Mobil aus Afrika
Der B-Van von Bako mit Wurzeln in Tunesien und Europa soll ein ultraleichter Transporter sein, der einen niedrigschwelligen Einstieg in die E-Mobilität bietet: Bako wirbt, ohne ins Detail zu gehen, mit Betriebskosten von einem Euro pro 100 km. Mit einem Fassungsvermögen von 1320 Litern und einer Nutzlast von 400 kg setzt das Fahrzeug Grenzen eher beim Volumen als beim Gewicht.
(Bild: Bako)
Der Motor leistet 7,5 kW, bietet 110 Nm Drehmoment und soll das vierrädrige Fahrzeug auf 70 km/h bringen. Pedalieren muss und kann man nicht. Zwei Versionen der LFP-Batterie bieten entweder 100 oder 300 km Reichweite. Das Schnellladen soll drei bzw. sechs Stunden dauern. Das Dach des gut 2,8 Meter langen, 1240 mm breiten und 1680 mm hohen Fahrzeugs wird komplett zur Stromerzeugung mittels Photovoltaik genutzt. Die Leistung dürfte allerdings nicht einmal für die optionale Klimaanlage reichen.
(fpi)