Diesmal explodierten auch Walkie-Talkies und andere elektrische Geräte: Nachdem gestern im Libanon bei zahlreichen Pager-Explosionen Tausende Menschen verletzt wurden, sollen nun auch klassische Funkgeräte in Händen und Hosentaschen von Hisbollah-Mitgliedern explodiert sein. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums vom Abend kamen bei dem jüngsten Vorfall mindestens 14 Menschen ums Leben. Rund 450 wurden verletzt.
Augenzeugen: „Hören die gleichen Geräusche wie gestern“
In einem südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt seien „drahtlose Geräte wie Walkie-Talkies“ explodiert, hieß es aus Hisbollah-Quellen. Augenzeugen dort sagten der Nachrichtenagentur dpa: „Wir hören dieselben Geräusche wie gestern.“
Nach Angaben der libanesischen staatlichen Nachrichtenagentur wurden Explosionen von Pagern und anderen Kommunikationsgeräten aus Ost- und Südlibanon gemeldet. Laut der Nachrichtenagentur AP wurden Explosionen bei einer Gedenkfeier in Beirut für vier Opfer des letzten Pager-Anschlags gemeldet. In der südlichen Küstenstadt Sidon wurden ein Auto und ein Handyladen beschädigt, nachdem darin Geräte explodierten.
AFP-Reporter berichteten auch von Explosionen in Sidon im Süden des Landes. In Baalbek wurden nach Krankenhausberichten mindestens 15 Menschen durch explodierende Walkie-Talkies verletzt. Auch in der Hafenstadt Tyros waren Explosionsgeräusche zu hören. Zahlreiche Krankenwagen seien im Einsatz gewesen, berichteten Menschen vor Ort.
Auch Solaranlagen betroffen
Die Handfunkgeräte wurden von der Hisbollah vor fünf Monaten gekauft, etwa zeitgleich mit den Pagern, sagte ein Sicherheitsbeamter. Die Geräte, um die es jetzt geht, ermöglichen es den Menschen, drahtlos miteinander zu kommunizieren, ähnlich wie bei Mobiltelefonen.
Doch offenbar waren nicht nur Kommunikationsgeräte betroffen. Die staatliche libanesische Nachrichtenagentur berichtete, in mehreren Gegenden Beiruts und des Südlibanons seien Solarmodule explodiert. Mindestens ein Mädchen wurde dabei verletzt.
Guterres: Explosionen könnten eine noch schlimmere Eskalation vorbereiten
UN-Generalsekretär António Guterres sieht die Explosionen im Libanon als Beleg für eine drohende massive Eskalation im Nahen Osten. „Die Logik hinter der Explosion all dieser Ausrüstung besteht natürlich darin, dies als Präventivschlag vor einer größeren Militäroperation durchzuführen“, sagte Guterres in New York. Es bestehe ein „ernstes Risiko einer dramatischen Eskalation“. Man müsse alles tun, um dies zu verhindern. Guterres äußerte sich auf einer Pressekonferenz und verwies dabei auf die Explosionen am Dienstag – die Nachrichten von den neuen Detonationen sickerten noch während des Ereignisses durch.
Hunderte Pager explodierten gleichzeitig
Am Dienstag explodierten an mehreren Orten im Libanon gleichzeitig Hunderte Pager. Rund 2800 Menschen wurden verletzt, mindestens zwölf erlagen ihren Verletzungen. Viele der Verletzten sollen Kämpfer der pro-iranischen Hisbollah sein, die vom Libanon aus gegen Israel kämpft, darunter auch Angehörige der Elitetruppe Radwan.
Hisbollah beschuldigt Israel und schwört Rache
Die Regierungen des Libanon, des Iran und der Hisbollah machten Israel dafür verantwortlich. Der Chef des Exekutivrats der pro-iranischen Schiitenmiliz, Hashem Safieddine, kündigte eine „Sonderstrafe“ für den Pager-Angriff an. Am Nachmittag berichtete die Gruppe, sie habe mit dem Beschuss israelischer Artillerie begonnen, Vergeltung zu üben. Israel äußerte sich nicht zu dem Vorfall.
Das taiwanesische Unternehmen Gold Apollo, dessen Logo auf den explodierten Pagern verwendet wurde, sowie der mutmaßliche ungarische Hersteller BAC Consulting Kft. bestritten jegliche Verbindung zu dem Vorfall.