Heute werden leistungsstarke Verbrenner meist elektrifiziert, so auch bei BMW. ntv.de hat die Top-Hybridversionen von 5er und 7er unter die Lupe genommen und nachgefragt: Ist die 7er Limousine angesichts des größeren 5ers noch notwendig?
Man kann es sich vorstellen: Im Kontext dieser beiden BMWs gibt es einiges zu diskutieren. Da wäre zunächst einmal das Thema Antrieb: In diesem Segment geht es einerseits um Emotionen, andererseits aber auch um leise Fortbewegung. Das wiederum ist eng mit dem Fahrkomfort verknüpft. Doch der Komfort wird nicht nur vom Antrieb bestimmt, sondern auch vom Platzangebot. Und da stellt sich die Frage, ob ein Fahrzeug mit 5,39 Metern Außenlänge (7er) überhaupt nötig ist. Schließlich misst der 5er bereits satte 5,06 Meter – eigentlich schon Oberklasse-Format und möglicherweise zu groß für Kunden der oberen Mittelklasse.
Doch der Reihe nach. ntv.de hat sich diesmal gegen reine Elektroantriebe entschieden, weil bei gehobenen Limousinen jede Menge Emotionen im Spiel sind – allgemein und bei den hier besprochenen Kandidaten im Besonderen. Wichtig zu wissen ist, dass die Zahlen „550“ und „760“ über viele Jahre hinweg nicht nur für Leistung im Überfluss standen, sondern auch für eine bestimmte Art von Leistung. Nicht umsonst wurde der 760 von einem großvolumigen Zwölfzylindermotor mit 6,6 Liter Hubraum angetrieben, während die Zahl „550“ einen klangvollen Achtzylindermotor garantierte, der zwar nicht unbedingt extrem laut, aber dennoch ausdrucksstark war.
Weniger emotional trotz Reihensechszylinder
Und ist heute alles objektiv? Naja, sagen wir, es ist halb objektiv. Acht- und Zwölfzylindermotoren sind Geschichte. Ganz weg sind die Emotionen aber nicht, denn noch immer gönnen die Münchner ihren Kunden und sich selbst einen traditionellen Reihensechszylinder. Und weil das allein nicht reicht, paart der Ingenieur den Dreiliter-Motor mit einem 197 PS starken Elektromotor. So kommt der 550 (jetzt „e“ statt „i“) auf 489 PS Systemleistung (313 PS kommen vom Verbrenner), der 760e xDrive bringt es auf 571 PS Systemleistung, wovon das R6-Aggregat 381 PS liefert.
Und der emotionale Faktor? Hier unterscheiden sich Business- und Luxusklasse nicht nur in den Fahrleistungen. Die Fahrleistungen (beide 4,3 Sekunden auf 100 km/h) sind zwar in beiden Fällen gleich, allerdings ist der rund 300 Kilogramm schwerere 760er (2,5 Tonnen Leergewicht) ein gutes Stück leiser. Unter Last klingen allerdings beide Sechszylinder sportlich-kernig.
Cool? Ja, aber die bittere Wahrheit ist, dass die aktuellen Versionen ihre legitimen Vorgänger kaum ersetzen können. Auch wenn die Ingenieure das Zusammenspiel von Achtgangautomatik, E-Motor und Verbrenner strategisch gut gelöst haben, fehlt es manchmal an der Souveränität. Das ist Meckern auf sehr hohem Niveau, keine Frage, aber auch die früheren Motoren hatten ein Niveau an Exzellenz, das nur sehr schwer zu erreichen ist. Und dass es den großen 7er („groß“ bezieht sich hier nicht auf die Abmessungen) nicht mehr mit Achtzylindermotor gibt, schmerzt sehr.
Bitte laden Sie den PHEV immer
Zudem scheint das Plug-in-Hybridsystem so ausgelegt zu sein, dass die Systemleistung sinkt, wenn die Energie aus der 18-kWh-Batterie schwindet (man will den Besitzer ja zum Laden seines PHEV motivieren). Und dann haben die Kandidaten vor allem beim Beschleunigen aus höheren Geschwindigkeiten auf der Autobahn einfach nicht mehr die Leistung, die man von ihnen erwartet. Und auch nicht mehr den Druck, den sie früher hatten. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Am Ende reden wir immer noch von Leistung im Überfluss. Aber da fehlt einfach eine Nuance.
Und nun? 5er oder 7er? BMW wird in Europa das Problem haben, dass viele Kunden von der schieren Länge des 7ers abgeschreckt werden. Wie um Himmels Willen soll dieses Auto in eine Standardgarage passen? Dafür haben die Entwickler das Topmodell einfach eine Stufe höher positioniert. Was wie eine hohle Marketingphrase klingt, ist Realität. So entkoppelt und geschmeidig wie die G70-Reihe war noch kein 7er. Das ist fast Rolls-Royce-Niveau.
Und beim leisen Dahingleiten sind die zwei fehlenden Zylinder schnell vergessen. Wenn dann noch der 4K-Bildschirm im geräumigen Fond aktiv wird und man während der Fahrt einen Film genießen kann, wird der 760 zum rollenden Kino.
Die 7er-Reihe bietet überwältigenden Komfort
Als Fahrer kann man das schwere Gefährt dank serienmäßiger Gimmicks wie der aktiven Wankstabilisierung tatsächlich schneller um die Kurven steuern. Könnten 7er-Interessenten tatsächlich mit dem 5er glücklich werden? Nicht, wenn sie auf den maximalen Komfort des Topmodells bestehen – der wirklich herausragend ist. Überdurchschnittlichen Komfort bietet schon der 5er. Überdurchschnittliche Beinfreiheit im Fond allerdings nicht. Das Business-Class-Modell glänzt bereits mit satten drei Metern Radstand. Für den Sitzkomfort sind Features wie die aktive Polsterklimatisierung zuständig, aber der 7er macht natürlich alles noch ein bisschen besser.
Der Clou des Interieurdesigns ist zweifellos das auffällige Lichtband in verschiedenen Farben. Die elektrisch betriebenen Türen im Sieber-Testwagen zogen stets die Blicke auf sich. Ein Druck auf das Bremspedal genügt – und schon gleitet die Tür wie von Zauberhand zu.
Das Spektakuläre am 5er-Testwagen ist allerdings der aktive Tempomat mit der Freisprechfunktion (die kann der 7er natürlich auch haben). Und wie funktioniert das? Die Sensoren entscheiden, wann das Verkehrsumfeld strukturiert genug ist, dann meldet das Instrument, dass das Lenkrad losgelassen werden kann. Dafür ist der Blick nach vorne nötig. Erkennt der Eyetracker, dass man wegschaut und auf dem Smartphone spielt, stoppt der Tempomat sofort. Das Fahrzeug bietet dann zum Überholen an, was durch einen kurzen Piepton signalisiert wird. Der Vorgang muss noch mit einem Blick in den Außenspiegel bestätigt werden, erst dann setzt der BMW zum Überholen an. Prinzipiell funktioniert das gut. Nur unübersichtliche Verkehrssituationen bringen das System an seine Grenzen.
Auch die Top-Hybriden sind finanzkräftig
Allerdings kann Ihr Konto auch an seine finanziellen Grenzen stoßen. Vor allem der M760e xDrive belastet Ihre Finanzen mit einem Grundpreis von 147.200 Euro. Ein 550e xDrive ist mit 77.300 Euro zwar keineswegs billig, liegt aber immer noch um einiges günstiger als die Riesen-Limousine – wir reden hier von fast der Hälfte des Preises.
Übrigens sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass die starken Hybriden gierige Esser sind. Wer maßvoll fährt, wird natürlich deutlich unter zehn Litern auf 100 Kilometer verbrauchen, bei voller Auslastung aber deutlich zweistellig. Am kostengünstigsten fahren sich die beiden PHEV-Modelle mit Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage – 70 Kilometer rein elektrisch sind allemal drin. Und da es sich in diesem Segment häufig um Dienstwagen handelt, ist die 0,5-Prozent-Regelung (Dienstwagensteuer) eine attraktive Option.
Wenn Geld gar kein Kaufkriterium ist, könnte die Optik den Ausschlag geben. Der größere Kandidat polarisiert mit seiner betont kraftvollen Front und seinem insgesamt eigenwilligen Design, während sich der 5er in puncto Design ganz nach europäischem Geschmack weiterentwickelt hat. Natürlich gibt er sich auch etwas schick, vor allem nachts mit seiner beleuchteten Niere „BMW Iconic Glow“ (510 Euro). Die gibt es auch beim 7er, und zwar in richtig großer Ausführung. Sie steht dem Auto.