Flut
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Pegel der Oder steigt am Wochenende weiter
Infolge der massiven Niederschläge in Polen steigt der Pegel der Oder immer weiter an – es könnten die Alarmstufen 3 und 4 erreicht werden. Sandsäcke werden deshalb gefüllt und Deichläufer gesucht. Die Krisenstäbe sind in Alarmbereitschaft.
rbb24 Spezial 20.15 Uhr: Hochwasseralarm in Brandenburg
Gemeinsam gegen die Wassermassen: Die Bewohner von Lebus (Märkisch-Oderland) haben am Dienstagabend unzählige Sandsäcke gefüllt. Sie sollen helfen, die Stadt, die etwa zehn Kilometer nördlich von Frankfurt (Oder) liegt, vor Überschwemmungen zu schützen. Denn einen Deich gibt es in der direkt am Fluss gelegenen Kleinstadt nicht.
Auch in Frankfurt (Oder) können Bürger, die in gefährdeten Gebieten wohnen, Sandsäcke und Kies bekommen. Zudem sollen Spundwände zum Schutz errichtet werden. Bürgermeister René Wilke (parteilos) sagte, es bestehe kein Grund zur Panik.
Dyke-Runner gesucht
Auch andere Kommunen entlang der Oder – darunter Lebus, Golzow, Barnim-Oderbruch, Letschin und Bad Freienwalde – suchen derzeit dringend ehrenamtliche Deichgänger. Sie sind für die Überwachung gefährdeter Deichabschnitte zuständig. Regelmäßig gehen sie zugewiesene Deichabschnitte von bis zu sieben Kilometern Länge ab, um mögliche Schäden festzustellen. Ab Hochwasser-Alarmstufe 3 arbeiten die Deichgänger laut dem Landkreis Märkisch-Oderland zu zweit auf dem Oderdeich. Allein im Landkreis Britz-Chorin-Oderberg werden 24 Freiwillige benötigt.
Die Oder-Hochwasserwelle hat in der Nacht zum Mittwoch die Region nahe Breslau erreicht. In der Kleinstadt Olawa, 26 Kilometer südöstlich der niederschlesischen Metropole, sei der Wasserstand um eineinhalb Meter gestiegen, berichtete der Generalstab der polnischen Armee auf X. Nach Angaben des Bürgermeisters der 33.000-Einwohner-Stadt werde die Hochwasserwelle mit maximal 7,70 Metern niedriger ausfallen als erwartet – normal seien mehr als zwei Meter.
Die weitere Entwicklung der Pegelstände lässt sich noch nicht präzise vorhersagen. Auch das Landesamt für Umwelt spricht von Unsicherheit in der Prognose. Fest steht aber, dass sich die Lage in den nächsten Tagen verschärfen wird. Laut Landesamt für Umwelt sind ab Freitag Alarmstufe 3 und später sogar 4 möglich, etwa am Sonntag bei Ratzdorf (Oder-Spree) südlich von Frankfurt (Oder). Die Krisenstäbe seien in Alarmbereitschaft, hieß es.
Woidke sieht Brandenburg grundsätzlich gerüstet
Am Donnerstagnachmittag berät eine Arbeitsgruppe des Oder-Spree-Kreises über die Hochwasserrisiken. Dabei konzentrieren sich die Behörden vor allem auf Ratzdorf, wo die Oder nach Deutschland fließt. 1997 erlebte das Dorf eine Hochwasserkatastrophe mit schweren Schäden. Inzwischen gebe es jedoch einen Deich und Vorkehrungen für Spundwände, sagte Woidke.
Auch Elbe und Lausitzer Neiße sind angeschwollen, dramatisch ist die Lage derzeit aber nicht. Im Elbe-Elster-Kreis bei Mühlberg sowie in Klein Bademeusel, einem Ortsteil von Forst im Spree-Neiße-Kreis, galt am Dienstag laut dem Wasserstandsportal des Landes Brandenburg die Warnstufe 1. Bei Warnstufe 1 beginnen die Gewässer über die Ufer zu treten. Für Anwohner besteht keine Gefahr.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht das Land grundsätzlich auf die drohenden Hochwasser vorbereitet. „Wir hoffen das Beste, bereiten uns aber auf das Schlimmste vor“, sagte der SPD-Politiker am Dienstagabend im rbb Fernsehen.
Klimaforscher: Überschwemmungen eindeutig Folge des Klimawandels
Nach Ansicht des Potsdamer Klimaforschers Fred Hattermann ist das aktuelle Hochwasser eindeutig eine Folge des Klimawandels. Wissenschaftliche Modelle hätten den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von Extremwetterereignissen wie Dürren und Überschwemmungen und dem Klimawandel schon vor Jahrzehnten gezeigt, sagte der Leiter der Forschungsgruppe Hydroklimatische Risiken am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung am Mittwoch im rbb|24 Inforadio: „Im Grunde läuft es einfach so ab, wie es uns die Szenarien damals gezeigt haben. Wir sind also mitten in unseren Szenarien.“
Der Ursprung der aktuellen Niederschläge ereignete sich über dem Mittelmeerraum. „Dort lagen die Temperaturen auf Meereshöhe um vier bis fünf Grad höher als normal“, sagte Hattermann. Dadurch habe sich die ebenfalls sehr warme Atmosphäre mit Wasser gefüllt. Auch die Hochwasser 1997 an der Oder und 2021 im Ahrtal hatten ihren eigentlichen Ursprung im Mittelmeerraum.
Sendung: Inforadio, 18.9.2024, 11:00 Uhr