
Eckernförde. Franziska Hanert half überforderten Familien in Hamburger Krisengebieten, ging dabei an ihre Grenzen und musste schließlich die Notbremse ziehen. Sie wurde wegen Erschöpfung krankgeschrieben, krempelte dann ihr Leben um. Jetzt betreibt sie ein Yogastudio in Eckernförde und ist glücklich – sofern sie nicht in eine alte Falle tappt.
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Stress im Job ist ein großes Thema: Jeder dritte Deutsche hat schon einmal ein Burnout, 61 Prozent der Bevölkerung befürchten, darunter zu leiden, wie die repräsentative Studie „Arbeiten 2023“ der Betriebskrankenkasse Pronova zeigt. Im Vergleich zum Vorjahr haben Burnouts um 20 Prozent zugenommen, Betroffene fehlen durchschnittlich rund 30 Tage bei der Arbeit.
Stress im Job: Franziska Hanert konnte nicht mehr abschalten
Auch Franziska Hanert zog eines Tages die Notbremse. Ihr Job als Schulsozialarbeiterin in Hamburg-Billstedt war anspruchsvoll. Emotionale Distanz fiel ihr schwer. Ihre Aufgabe war es, zu beurteilen, ob eine Gefährdung des Kindeswohls vorlag, die dann dazu führen konnte, dass das Jugendamt Kinder aus ihren Familien herausnahm.
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Oft gegen den Willen der Kleinen: „In den meisten Fällen möchte das Kind immer bei den Eltern sein. Egal, wie sehr es vernachlässigt oder misshandelt wird.“ Was hinter verschlossenen Türen passiert, sei schwer einzuschätzen, „wenn man keine blauen Flecken sieht oder das Kind noch nicht völlig abgemagert ist.“ Eine riesige Verantwortung – und kein Job, den man nach Feierabend einfach im Büro liegen lassen kann.
Hanert konnte nicht mehr abschalten, nicht abends, auch nicht am Wochenende. Einfach auf dem Sofa sitzen? Unmöglich. „Das passiert vielen Menschen, die völlig erschöpft sind“, sagt Hanert. Sie können nicht entspannen und werden immer erschöpfter. Dazu kam noch ein zeitaufwändiges Hobby: Hanert ging fast täglich in den Stall, kümmerte sich um ihr Pferd und trainierte – neben ihrem Job. Eines Tages ging gar nichts mehr. Hanert ließ sich krankschreiben und suchte nach Dingen, die ihr beim Entspannen helfen konnten.
Überlastung: Wenn das Hobby zum Stressfaktor wird
Durch Zufall führte die Suche sie zu einem Yoga-Präventionskurs in Hamburg Winterhude. Rund acht Prozent der Deutschen machen Yoga, um zu entspannen, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Jahr 2023. Was ihnen hilft, funktionierte auch bei Hanert. „Ich habe sofort gemerkt, wie gut mir der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung beim Yoga tut.“
Schnell entschied sie sich für eine Ausbildung zur Yogalehrerin. „Bei den ersten Intensivwochenenden dachte ich, wenn mich jemand zwingt, noch länger auf einer Matte zu sitzen, haue ich ihm mit einem Kissen auf den Kopf“, erinnert sie sich und lacht. „Wenn jemand Mantras singt, denkt man schnell: so ein abgedrehter Esoteriker, das will ich nicht – aber leg diese Vorurteile einfach mal beiseite und schau, was das mit dir macht. Dann merkst du vielleicht, dass es bei dir doch wirkt, wenn du mit 200 Leuten singst und Gänsehaut bekommst.“
Hamburg hat sie hinter sich gelassen. Seit Dezember 2020 lebt sie mit ihrem Mann in Thumby. Als Selbständige und Inhaberin des Yoga Lotusland in der Noorstraße in Eckernförde konzentriert sie sich nun nur noch auf eine Sache: Yoga.
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Sie beschäftigt vier Lehrer auf Honorarbasis und bietet Rückbildungs- und Schwangerschaftsyoga, Yin, Hatha, Kundalini, Vinyasa und Wochenend-Retreats an. Hanert plant auch, Kinderyoga anzubieten und unterrichtet Stuhlyoga an der Volkshochschule in Damp.
Aber auch als Yogalehrer muss man auf sich achten. Es gibt viele Facetten und Spezialisierungen, „da muss man wirklich darauf achten, dass man von der Ausbildung kein Burnout bekommt“, sagt Hanert augenzwinkernd. Um einem Burnout vorzubeugen, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen Präventionskurse wie den, der Hanert zu ihrer Leidenschaft geführt hat. Mittlerweile bietet Hanert diese Kurse selbst an. Ihre neue Art, anderen zu helfen.
CN