Ursula von der Leyens Personaltisch für die nächste EU-Kommission steht: Die im Juli wiedergewählte Kommissionspräsidentin stellte in Straßburg die Liste der Kommissare vor, die mit ihr für die nächsten fünf Jahre das Kollegium bilden werden. Die Kommission „Von der Leyen II“ amtiert bis 2029. Als „Kernprioritäten“ nannte von der Leyen „Wohlstand, Sicherheit und Demokratie“. Akzente will sie mit neuen Kommissarposten für Verteidigung und Wohnungsbau setzen, obwohl beides keine Kernkompetenzen der EU sind.
Bis Anfang November wollen die Fachausschüsse im Parlament die designierten Kommissare anhören und ihre Eignung und Befangenheit prüfen, bevor sie die Kommission als Ganzes wählen. In der Vergangenheit hatten die Abgeordneten mehrfach erfolgreich Ersatz für unpopuläre Kandidaten gefordert. Von der Leyens neue Kommission dürfte ihre Arbeit deshalb nicht vor dem 1. Dezember aufnehmen. Manche im Parlament rechnen sogar schon mit einem Start zum Jahreswechsel.
Raffaele Fitto
Mit dem Italiener Raffaele Fitto wird erstmals ein rechter Politiker auf einen der Schlüsselposten berufen: Er wird kommissarischer Vizepräsident der Kommission. Fitto gehört der ultrarechten Partei Fratelli d’Italia der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni an.
Er erhält das Ressort für Regionalentwicklung und Reformen und wird damit künftig Milliarden an EU-Mitteln verwalten. Sozialdemokraten, Grüne und Liberale in der Europäisches Parlament üben deutliche Kritik am Personal von Fitto.
Stéphane Séjourné
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat am Montag seinen Kandidaten kurzfristig abgelöst. Macrons Vertrauter und aktueller Außenminister Stéphane Séjourné ersetzt den bisherigen französischen EU-Kommissar Thierry Breton, der nach monatelangem Streit mit von der Leyen überraschend zurückgetreten war. Séjourné soll Industriekommissar werden.
Kaja Kallas
Die frühere estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas stand bereits als Kandidatin für die nächste Kommission fest. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sie im Juli zur neuen Außenbeauftragten ernannt. Die 47-jährige Liberale kämpft in der EU für eine harte Linie gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und ist eine der größten Unterstützerinnen der Ukraine.
Teresa Ribera Rodriguez
Die derzeitige spanische Umweltministerin Teresa Ribera Rodríguez soll die Umsetzung der Klimaziele der Europäischen Union sicherstellen. In der künftigen Kommission muss die Sozialdemokratin allerdings mit dem konservativen Niederländer Wopke Hoekstra zusammenarbeiten, der für neue Klimagesetze zuständig ist. Uneinigkeit dürfte es unter anderem über die Atomkraft geben – Ribera ist dagegen, Hoekstra dafür.
Wopke Hoekstra
Der Niederländer Wopke Hoekstra war bereits in von der Leyens Vorgängerkommission Klimakommissar. Es wird erwartet, dass er diesen Posten auch in der neuen Legislaturperiode behält.
Magnus Brunner
Österreich wird unter dem derzeitigen österreichischen Finanzminister Magnus Brunner wohl die Zuständigkeit für Migration und Inneres erhalten. Er wird damit für die Umsetzung der Asylreform verantwortlich sein. Das wird nicht einfach, denn das Thema sorgt immer wieder für Uneinigkeit zwischen den Ländern – zuletzt hatte Deutschland mit temporären Kontrollen an allen Landgrenzen eine Debatte ausgelöst.
Piotr Serafin
Mit dem Posten des Haushaltskommissars dürfte Polen weiteres Gewicht in der EU gewinnen. Der designierte Kommissar Piotr Serafin gilt als enger Vertrauter des polnischen Regierungschefs Donald Tusk und arbeitet bereits als EU-Botschafter in Brüssel. In den kommenden Jahren soll er voraussichtlich die Verhandlungen über den siebenjährigen EU-Haushalt ab 2028 leiten.
Andrius Kubilius
Der litauische Politiker Andrius Kubilius soll erster EU-Kommissar für Verteidigung werden. Obwohl die Verteidigungspolitik in der EU in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, soll Kubilius Programme für mehr Investitionen in die europäische Rüstungsindustrie auflegen und ist zudem für die Weltraumpolitik zuständig.
Kubilius, der zweimal als Ministerpräsident Litauens amtierte, ist seit 2019 Mitglied des Europaparlaments. „Er wird sich für die Weiterentwicklung der Europäischen Verteidigungsunion einsetzen und unsere Investitionen und industriellen Kapazitäten stärken“, sagte Präsidentin von der Leyen.
Henna Virkkunen
Die Finnin Henna Virkkunen soll mehrere große Digitalgesetze aus der letzten Legislaturperiode umsetzen, darunter das KI-Gesetz und strengere Regulierungen für Online-Dienste wie Google und Facebook. Sie ist zudem in der EU für die Cybersicherheit zuständig und soll den Netzausbau vorantreiben.
Daniel Jorgensen
Der Däne Dan Jørgensen ist von der Leyens Vorschlag für den Posten des Energie- und Wohnungskommissars. Der Sozialdemokrat war zuvor Minister im dänischen Kabinett.
Maros Sefcovič
Handelskommissar soll der Slowake Maroš Šefčovič werden. Er war von 2023 bis 2024 Vizepräsident der Kommission und verantwortete dort den europäischen Green Deal.
Oliver Varhelyi
Der ungarische Politiker soll in der neuen Kommission für Gesundheit und Tierschutz zuständig sein. Zuvor war er für die Nachbarschaft und die EU-Erweiterung zuständig. Dem Vertrauten des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán wurde mehrfach vorgeworfen, die Beitrittsbemühungen der Ukraine zu verzögern. Seine Anhörung vor dem Europaparlament dürfte unangenehm werden, nachdem Várhelyi die EU-Abgeordneten vor dem Mikrofon als „Idioten“ beschimpft hatte.
Ekaterina Sacharijewna
Die Bulgarin Ekaterina Zaharieva soll in von der Leyens neuem Team Kommissarin für Start-ups, Forschung und Innovation werden. Derzeit ist sie Mitglied des bulgarischen Parlaments.
Hadja Lahbib
Die Belgierin Hadja Lahbib ist als Kommissarin für Krisenvorsorge, Krisenmanagement und Gleichstellung vorgesehen. Derzeit ist sie als Außenministerin Mitglied der belgischen Regierung.
Apostolos Tzitzikostas
Tzitzikostas soll Kommissar für nachhaltigen Verkehr und Tourismus werden. Der Grieche ist bislang vor allem in der Regionalpolitik aktiv.
Michael McGrath
Der Ire Michael McGrath soll Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit werden. Zuvor war er irischer Finanzminister.
Dubravka Šuica
Die Kroatin Dubravka Šuica soll EU-Kommissarin für den Mittelmeerraum werden. Zuvor war sie Vizepräsidentin der EU-Kommission für Demokratie und Demografie.
Valdis Dombrovskis
Valdis Dombrovskis war bislang für den Bereich Wirtschaft zuständig. Der Lette wird auch in der neuen Kommission für diesen Bereich verantwortlich sein. Er gehört der Kommission bereits seit 2014 in verschiedenen Positionen an.
Christophe Hansen
Luxemburg soll mit Christophe Hansen für den Bereich Landwirtschaft und Ernährung zuständig sein. Er war von 2008 bis 2023 Mitglied des EU-Parlaments, zuletzt ein Jahr lang Mitglied des luxemburgischen Parlaments.
Glenn Micallef
Der Malteser Glenn Micallef soll Kommissar für Generationengerechtigkeit, Jugend, Kultur und Sport werden. Micallef war zuletzt im maltesischen Präsidentenbüro für EU-Angelegenheiten zuständig.
Maria Luis Albuquerque
Die Portugiesin Maria Luís Albuquerque soll Kommissarin für Finanzdienstleistungen und die Sparkassenunion werden. Zuletzt war sie in leitender Funktion bei der Investmentbank Morgan Stanley tätig.
Roxana Minzatu
Die Rumänin Roxana Mînzatu soll Vizepräsidentin für Menschen, Kompetenzen und Renten werden. Sie war mehrere Male Staatssekretärin in der rumänischen Regierung und war von 2016 bis 2020 Mitglied des rumänischen Parlaments.
Jessica Roswall
Die Schwedin Jessika Roswall soll in von der Leyens neuer Kommission Kommissarin für Umwelt, Wasserresilienz und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft werden. Derzeit ist sie schwedische EU-Ministerin und seit 2010 Mitglied des schwedischen Parlaments.
Marta Kos
Kommissarin für EU-Erweiterung soll die Slowenin Marta Kos werden. Sie war zuletzt als freiberufliche Beraterin tätig und war zuvor unter anderem slowenische Botschafterin in der Schweiz und in Deutschland.
Jozef Síkela
Der Tscheche Jozef Síkela soll Kommissar für Internationale Partnerschaften werden. Zuletzt war er Minister für Industrie und Handel der Tschechischen Republik. Zuvor war er im Vorstand der österreichischen Erste Bank tätig.
Costas Kadis
Der Zypriot Costas Kadis wird in der neuen Kommission für Fischerei und Ozeane zuständig sein. Er arbeitete zuletzt als Professor für Biodiversität und war zuvor Landwirtschafts- und Umweltminister Zyperns.