Deutschlands größter Medienkonzern spaltet sich auf. Der Axel-Springer-Konzern, zu dem auch die „Bild“-Zeitung gehört, wird wieder ein Familienunternehmen. Vorstandschef Döpfner kontrolliert künftig die Mediensparte, Finanzinvestoren die übrigen Aktivitäten.
Seit Monaten brodelte die Gerüchteküche, nun ist es offiziell geworden: Die Axel Springer SE, größter deutscher Medienkonzern mit weltweit über 18.000 Mitarbeitern, will sich aufspalten. Das gab das Unternehmen am Donnerstag in Berlin bekannt.
Die künftige Unternehmensstruktur
Im Kern sieht die geplante Aufteilung so aus: Friede Springer, die Witwe des Verlagsgründers Axel Springer, und Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender und Großaktionär, erhalten die Kontrolle über das Mediengeschäft. Dazu gehören in Deutschland das Boulevardblatt „Bild“ und die Tageszeitung „Welt“, internationale Medien wie „Politico“ und „Business Insider“ sowie weitere Marken wie das Online-Vergleichsportal Idealo, Morning Brew, Dyn Media und Emarketer.
Die übrigen Geschäftsbereiche („Rubrikengeschäft“) kontrolliert künftig der amerikanische Finanzinvestor KKR gemeinsam mit dem kanadischen Pensionsfonds CPP Investments (CPPIB). Dazu zählen etwa die Online-Jobbörse Stepstone, die Börsenwebsite finanzen.net sowie die Aviv Group, die Online-Immobilienplattformen wie Immowelt in Deutschland und Immoweb in Belgien betreibt.
Springer wird wieder ein Familienunternehmen
Friede Springer und Mathias Döpfner halten künftig knapp 98 Prozent des Medienteils des Konzerns, der weiterhin als Axel Springer firmiert. Den Rest hält Axel Sven Springer, ein Enkel des 1912 geborenen und 1985 verstorbenen Axel Springer. Damit wird der Medienkonzern erstmals seit seinem Börsengang 1985 ein reines Familienunternehmen.
In den verbleibenden Geschäftsbereichen unter dem Namen AS Classifieds werden KKR und CPPIB Mehrheitseigentümer und der Axel-Springer-Konzern Minderheitseigentümer, wobei auch die Enkel des Firmengründers Axel Springer eine wirtschaftliche Beteiligung erhalten.
Laut einem Brief Döpfners an die Mitarbeiter, den Springer am Donnerstag veröffentlichte, werde der Minderheitsanteil von Axel Springer an AS Classifieds „voraussichtlich bei rund 15 Prozent liegen“. Die genaue Beteiligungsquote soll im Rahmen einer verbindlichen Vereinbarung festgelegt werden. Die Transaktion, die voraussichtlich im zweiten Quartal nächsten Jahres abgeschlossen sein wird, steht zudem unter dem Vorbehalt verschiedener behördlicher Genehmigungen.
Bis heute hält KKR 35,6 Prozent und CPPIB 12,9 Prozent des Aktienkapitals des gesamten Konzerns. Friede Springer und Mathias Döpfner halten 22,5 Prozent bzw. 21,9 Prozent. Döpfner, seit 2002 Vorstandschef und zuvor Chefredakteur der „Welt“, war lange Zeit der starke Mann im Konzern: 2020 schenkte ihm Friede Springer nicht nur Anteile, sondern übertrug ihm auch die Stimmrechte ihres eigenen restlichen Aktienpakets. Diese Großzügigkeit begründete sie damals damit, dass sie die Zukunft von Axel Springer sichern wolle.
Mit der Aufspaltung wird Döpfner faktisch zum Alleinherrscher des Medienkonzerns. Von den Erträgen der anderen profitablen Geschäftsbereiche profitiert er allerdings nur noch anteilig.
Wert fast verdoppelt
KKR investierte 2019 in Springer. Im darauf folgenden Jahr wurde das Unternehmen von der Börse genommen, 2021 folgte die Übernahme des amerikanischen Medienunternehmens „Politico“.
Laut Financial Times (FT) und Handelsblatt, die sich auf Insider berufen, soll der gesamte Konzern im Zuge der Transaktion mit 13,5 Milliarden Euro bewertet werden, wovon rund 10 Milliarden Euro auf das Rubrikengeschäft entfallen sollen. Offizielle Angaben dazu gibt es zwar nicht, die Größenordnung dürfte aber stimmen: Beim Einstieg von KKR war der Konzern mit rund 6,8 Milliarden Euro bewertet. Und in dem erwähnten Brief an die Mitarbeiter schreibt Döpfner: „In diesen fünf Jahren hat sich der Wert des Unternehmens fast verdoppelt.“
Laut Springer haben Finanzinvestoren in den vergangenen Jahren Investitionen von über 1,9 Milliarden Euro ermöglicht, um dem Konzern zu helfen, seine digitale Transformation zu beschleunigen und in neue Märkte und Geschäftsfelder zu expandieren. Der Jahresumsatz sei in den vergangenen fünf Jahren um 30 Prozent auf fast vier Milliarden Euro gestiegen. Über 85 Prozent davon wurden im vergangenen Jahr im Digitalbereich realisiert.
Finanzinvestoren wie KKR versuchen typischerweise, nach einem Investment den Wert eines Unternehmens zu steigern, um nach ein paar Jahren mit Gewinn auszusteigen, entweder durch Verkäufe oder Börsengänge. Das heißt, die Kleinanzeigen-Deals dürften bei KKR auf Dauer nichts mehr bleiben. Ein Börsengang von Stepstone war bereits geplant, wurde aber immer wieder verschoben.
„Mathias Döpfner und ich hatten eine klare Vision, dass Axel Springer eines Tages wieder ein Familienunternehmen sein würde. Dass diese Vision nun Wirklichkeit wird, erfüllt mich mit großer Freude“, sagte die Verlegerwitwe Friede Springer laut Pressemitteilung. Das privat kontrollierte Medienunternehmen werde zudem schuldenfrei sein.
Döpfner setzt auf KI
Die Trennung sichere die Zukunft beider Unternehmensteile bestmöglich, so Döpfner. Der Springer-Chef stehe nun vor der Herausforderung, ein kleineres, auf das schwierige Mediengeschäft fokussiertes Unternehmen profitabel zu führen. „Wir wollen noch schneller werden, noch agiler, noch unbürokratischer. Wir sind digital und transatlantisch“, stellt er in dem Brief an die Mitarbeiter fest. Man müsse die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz schneller und besser verstehen und gestalten als der Wettbewerb und sich „noch stärker als bisher auf Markt, Kunden und Umsatzwachstum ausrichten“, heißt es weiter.
Vorbehaltlich eines erfolgreichen Abschlusses der Transaktion kündigte der Springer-Chef in dem Brief an die Mitarbeiter zudem einen tiefgreifenden Umbau der Führungsspitze an. Unter anderem soll Jan Bayer aus dem Vorstand ausscheiden und von den USA aus den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen. Insgesamt soll die Führungsstruktur deutlich verschlankt werden.
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