
Der Handelsriese Amazon macht Schluss mit Homeoffice. Ab Jahresbeginn dürfen Mitarbeiter wieder fünf Tage die Woche im Büro arbeiten. In Deutschland arbeitet weiterhin fast jeder Vierte von zuhause.
Amazon-Mitarbeiter dürfen bald wieder fünf Tage die Woche ins Büro zurückkehren. Gemeinsames Arbeiten sei effizienter und bringe die Teams näher zusammen, argumentierte CEO Andy Jassy in einer Mail an die Mitarbeiter. „Wenn wir auf die letzten fünf Jahre zurückblicken, glauben wir weiterhin, dass die Vorteile des gemeinsamen Arbeitens im Büro erheblich sind.“ Derzeit dürfen Amazon-Mitarbeiter grundsätzlich zwei Tage pro Woche von zu Hause aus arbeiten.
Festanstellungen statt Schreibtischbuchungen
Die neue Regelung werde ab Anfang Januar in Kraft treten, damit Arbeitnehmer ihre Lebensumstände daran anpassen könnten, schrieb Jassy. Zugleich werde es aber wie vor der Corona-Krise möglich sein, auch mal von zu Hause zu arbeiten – etwa wenn ein Kind krank ist oder man sich auf eine Arbeitsaufgabe konzentrieren wolle. In den beiden Zentralen des weltgrößten Onlinehändlers in Seattle und Arlington bei Washington werden zudem wieder feste Arbeitsplätze statt der zuletzt üblichen Schreibtischbuchungen eingeführt.
Nachdem auf dem Höhepunkt der Pandemie die Büros monatelang weitgehend leer blieben, begannen viele Unternehmen nach und nach damit, Angestellte aus dem Homeoffice zurückzuholen. Bei Amazon gilt seit Februar 2023 wieder eine Anwesenheitspflicht von drei Tagen pro Woche. Für die Angestellten, die in den Verteilzentren oder als Auslieferungsfahrer arbeiten und den Großteil der Belegschaft ausmachen, war die Arbeit von zuhause ohnehin keine Option.
In Seattle, wo Amazon mehrere Hochhäuser in der Innenstadt hat, führte die Heimarbeit zu Umsatzeinbußen in Geschäften und Restaurants. Andere US-Technologieunternehmen wie Apple fanden einen Ausgleich, indem sie drei Tage pro Woche im Büro arbeiteten.
Ifo-Institut sieht Homeoffice in Deutschland „keineswegs auf dem Rückzug“
Auch in Deutschland gab es in den vergangenen Monaten bei Unternehmen wie dem Softwarekonzern SAP oder der Deutschen Bank eine Debatte über die Rückkehr vom Homeoffice ins Büro. Das ifo-Institut hält diese immer wieder aufflammenden Diskussionen für übertrieben. Es kristallisiere sich das Bild heraus, dass es sich bei dieser Debatte um einen „Hype“ handele, „der sich nicht in den Daten widerspiegelt“, sagte ifo-Experte Jean-Victor Alipour kürzlich. Im Durchschnitt verbringen Arbeitnehmer in Deutschland 17 Prozent ihrer Arbeitszeit zu Hause, wie aus einer aktuellen Firmenumfrage des Münchner Instituts von vergangener Woche hervorgeht – genauso viel wie vor einem Jahr.
Auch andere Daten zeigten, dass „Homeoffice keineswegs auf dem Rückzug ist“, so Alipour. Aktuell arbeiteten hierzulande 23,4 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise von zu Hause aus. Das sei seit Februar nur ein minimaler Rückgang. Zudem habe eine Analyse der Stellenanzeigen gezeigt, dass Homeoffice deutlich häufiger als Option angeboten werde. Zuletzt erreichte der Wert einen Höchstwert von rund 21 Prozent.
Arbeitgeber, die die Vorteile der Präsenzarbeit nutzen wollen, könnten dies vor allem durch eine bessere Koordination der Anwesenheit tun, sagte Alipour. Entscheidend sei, dass die Menschen gemeinsam vor Ort seien. Wie viel Arbeitszeit zu Hause verbracht wird, hängt dabei stark von der Branche ab. Während es in der IT 58 Prozent und in der Unternehmensberatung 50 Prozent sind, ist die Quote im Beherbergungsgewerbe mit einem Prozent sowie in der Gastronomie und im Baugewerbe mit rund zwei Prozent deutlich geringer. Der Branchendurchschnitt liegt bei zehn Prozent.
Auch das ZEW sieht keine völlige Abkehr vom Homeoffice
Dem Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW zufolge ist in Deutschland jedenfalls keine Abkehr von den Teilzeit-Homeoffice-Regelungen in Sicht. Einer Umfrage vom August zufolge arbeiten in 82 Prozent der Unternehmen der Informationswirtschaft die Beschäftigten mindestens einmal pro Woche von zu Hause. Im stärker ortsgebundenen Verarbeitenden Gewerbe sind es 48 Prozent.
Damit sei der Anteil der Unternehmen, die ihren Mitarbeitern mindestens einen Tag pro Woche Homeoffice ermöglichen, seit der Corona-Pandemie auf einem konstant hohen Niveau geblieben, sagte Studienleiter Daniel Erdsiek. In der letztjährigen Studie lag dieser Wert bei den Unternehmen der Informationswirtschaft noch bei 80 Prozent und im Verarbeitenden Gewerbe bei 45 Prozent. Dass sämtliche Arbeiten von zu Hause erledigt werden können, ist derzeit allerdings nicht der Normalfall. Nur 22 Prozent der Unternehmen der Informationswirtschaft ermöglichen ihren Mitarbeitern derzeit, an fünf vollen Tagen pro Woche von zu Hause zu arbeiten.
Dennoch zeigt ein Vergleich mit der Situation vor der Corona-Krise, wie stark sich mobiles Arbeiten in den vergangenen Jahren etabliert hat: Vor der Pandemie lag der Anteil der Unternehmen mit Homeoffice-Regelungen in der Informationswirtschaft – dazu zählen etwa die Informations- und Kommunikationstechnikbranche, Mediendienstleister sowie wissensintensive Dienstleister – lediglich bei 48 Prozent. Im Verarbeitenden Gewerbe lag der Wert bei 24 Prozent.