Transfarmation – Veganbrüder bauen Milchfarm um | NDR.de – Nachrichten

Transfarmation – Veganbrüder bauen Milchfarm um | NDR.de – Nachrichten

Stand: 21.09.2024 06:00 Uhr

Klimawandel und Tierwohl – aus ethischen Gründen leben die Brüder Maik und Marco Möller seit einigen Jahren vegan. Dass sie den elterlichen Milchviehbetrieb in Lentföhrden übernehmen, sehen sie als Chance zur Veränderung.

von Lena Haamann

Der Spaltenboden, die Gitterstäbe zur Fixierung der Kuhköpfe, eine Vorrichtung zum Treiben der Kühe – all das nutzen Maik und Marco Möller nicht zum Melken von Kühen. Sie nutzen diese Dinge zur Aufklärung. Mit ihren Handys laufen sie durch den alten Melkstand und nehmen ein Instagram-Video auf: „Hallo! Wir sind’s nochmal für euch, die Gebrüder Möller“, begrüßen sie ihre Follower. „Wir sind hier im alten Melkstand, wo vor ein paar Jahren noch gemolken wurde.“ Die beiden Brüder, 26 und 27 Jahre alt, übernehmen den Milchviehbetrieb in Lentföhrden im Kreis Segeberg gerade in fünfter Generation. Und sie wollen ihn radikal umbauen – in einen veganen Hof.

„Wenn man eine Trennungsphase zwischen einem Kalb und einer Kuh miterlebt, bricht es einem das Herz. Die schreien dann tagelang. Oder wenn man entscheiden muss, welche Kuh zum Schlachthof gebracht werden muss, um getötet zu werden – und dann sieht man, wie sie im Anhänger wegfahren.“
Hofbesitzer Marco Möller

Die Kühe Mausi und Oskar dürfen bleiben

Maik Möller (mit Brille) steht seinem Bruder Marco Möller im Kuhstall gegenüber. Gemeinsam drehen sie ein Aufklärungsvideo. © NDR Foto: Lena Haamann

Maik und Marco Möller kommen nur zur Aufklärung ihrer Follower in den Melkstand.

Die Brüder, 26 und 27 Jahre alt, gehen über eine Obstwiese, die sie auf einer ehemaligen Weide angelegt haben, zu Mausi und Oskar. Die letzten verbliebenen Kühe, die bis zu ihrem Lebensende bleiben dürfen. Lange konnten sich die Brüder nicht vorstellen, den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Sie haben eine Ausbildung zu Bank- und Versicherungskaufleuten gemacht und sich zum Manager ausgebildet. Seit ein paar Jahren sehen sie zunehmend kritisch, was für sie lange Zeit normal war: den Konsum tierischer Produkte. Und das, obwohl die Milchkühe auf dem elterlichen Biohof bestmöglich gehalten wurden. „Bei mir fing das Ende 2020 an, als ich viel über die Klimakrise gelesen habe“, sagt Maik. „Da wurde mir klar: Das kann ich nicht akzeptieren.“ Beide ernähren sich mittlerweile vegan.

50 Gemüsesorten auf 1,5 Hektar

Maik und Marco stehen im Gemüsebeet zwischen Auberginen- und Tomatenpflanzen – mit ihrer Gemüsegärtnerin Klara Dreher, die gerade bunte Karotten aus der Erde zieht. „Einige sind noch etwas klein, aber insgesamt bin ich mit der Ernte zufrieden“, erzählt sie ihnen. Anderthalb der hundert Hektar, die zum Hof ​​gehören, haben die Brüder bereits auf biozyklisch-veganen Gemüseanbau umgestellt – und es ist geplant, das noch auszubauen. Insgesamt bauen sie hier 50 Gemüsesorten an. Und düngen ohne tierische Produkte. „Als Dünger wird in der Regel Knochenmehl oder Kuhmist verwendet“, erklärt Marco. „Wir verwenden vor allem Kleegras und Pflanzenreste.“

Solidarische Landwirtschaft

Jede Woche gibt es eine neue Gemüsekiste für die Mitglieder.

Die neun Mitarbeiter bleiben – und helfen nun nicht mehr beim Melken, sondern beim Anbauen und Kistenpacken. Das Saisongemüse verkaufen Maik und Marco kistenweise an 45 Mitglieder, die einen monatlichen Beitrag bezahlen. Alles basiert auf dem Konzept der solidarischen Landwirtschaft. Allerdings bräuchten sie doppelt so viele Mitglieder, um genügend Gewinn zu machen. Um mehr Käufer zu bekommen, wollen die beiden weitere Sammelstellen einrichten, an denen ihre Gemüsekisten abgeholt werden können.

„Transfarmation“

Unterstützt werden Maik und Marco von der Organisation „Transfarmation“. Diese hat in der Schweiz bereits viele ähnliche Projekte umgesetzt. Ihre Hofumstellung soll ein Pilotprojekt für Deutschland sein. 15 Prozent der Treibhausgasemissionen würden durch unsere Ernährung verursacht, sagt Kerstin Jantke, Umweltwissenschaftlerin am Zentrum für Nachhaltigkeit der Universität Hamburg. „Der Großteil davon stammt aus tierischen Produkten wie Rindfleisch, Butter oder Käse“, erklärt sie. In der Milchviehhaltung produzieren Kühe bei der Verdauung erhebliche Mengen Methan und Lachgas – Treibhausgase, die um ein Vielfaches stärker wirken als CO2. Die Wissenschaftlerin hält den veganen Hof von Maik und Marco deshalb für ein sehr hilfreiches Projekt.

„Wenn es Nachahmer finden würde, umso besser. Das Angebot an pflanzlichen Lebensmitteln ließe sich sicherlich noch erweitern.“
Umweltwissenschaftlerin Kerstin Jantke

Die Eltern von Maik und Marco unterstützen ihre Pläne. Ab 2026 werden die beiden den Hof alleine führen. Ihr Traum ist es, hier irgendwann vegane Ersatzprodukte herzustellen.

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Nachrichten für Schleswig-Holstein | 18.09.2024 | 19:30

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