Nach dem heftigen Unwetter mit mindestens 158 Todesopfern in Spanien gehen die Rettungs- und Aufräumarbeiten weiter. Eine erste Phase sei bereits abgeschlossen, sagte der Regierungschef der am stärksten betroffenen Region Valencia, Carlos Mazón, in der Nacht zum Donnerstag. Nach rund 70 Einsätzen aus der Luft konnten offenbar alle Menschen gerettet werden, die auf Hausdächern Zuflucht gesucht hatten. Mittlerweile konnten die Rettungskräfte alle betroffenen Orte erreichen. Auch die Suche nach vermissten Personen geht weiter. Der spanische Premierminister Pedro Sánchez wird heute Morgen in Valencia erwartet.
Zu den Toten gehören spanischen Medienberichten zufolge mindestens vier Kinder und sechs ältere Menschen in einem Pflegeheim. Es ist zu befürchten, dass die Zahl der Opfer weiter steigen wird. Eine offizielle Gesamtzahl der Vermissten lag nicht vor. Auch Tausende Menschen, die in Fahrzeugen, Häusern und Dörfern ausharrten, brauchten Hilfe.
Drei Tage Staatstrauer ab Donnerstag
Besonders schlimm ist die Lage in der bei Urlaubern sehr beliebten Region Valencia. Nach Angaben der Einsatzkräfte kamen hier mindestens 155 Menschen ums Leben. Auch andere Regionen am Mittelmeer wie Andalusien und Murcia sowie Kastilien-La Mancha sind stark betroffen. Die Zentralregierung in Madrid hat ab Donnerstag eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. Außerdem versprach sie den Betroffenen schnelle Hilfe beim Wiederaufbau.
Auch in der Nacht waren zahlreiche Autobahnen und Landstraßen weiterhin unpassierbar. Auch der Schienenverkehr war erheblich beeinträchtigt. Rund 115.000 Haushalte waren ohne Strom, weiterhin gab es Probleme mit der Mobilfunkverbindung.
Rund 1.200 Menschen saßen an diesem Abend über 24 Stunden lang in Fahrzeugen fest
Ein Sprecher der Polizeieinheit Guardia Civil schätzte am Abend, dass auf den Autobahnen A3 und A7 noch 1.200 Menschen in Autos, Bussen oder Lastwagen eingeklemmt seien. Es gebe aber auch viele, die ihre Fahrzeuge nicht verlassen wollten, hieß es. Demnach saßen 5.000 Fahrzeuge – einige von Fahrern und Passagieren zurückgelassen – in Valencia fest.
Seit Dienstagabend sind zudem viele tausend Menschen in Zügen, Häusern, Büros, Schulen und Einkaufszentren eingeschlossen. Andere suchten Schutz auf Auto- oder Hausdächern. Sie wurden am Mittwoch von Tausenden Einsatzkräften des Militärs, des Zivildienstes, der Feuerwehr und der Polizei teilweise mit Hubschraubern und Booten in Sicherheit gebracht.
Die Bundesregierung bietet Hilfe an
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich schockiert über die verheerende Flutkatastrophe in Spanien. „Ich bin schockiert über die Meldungen aus Spanien, wo viele Menschen bei massiven Überschwemmungen ihr Leben verloren haben“, schrieb die Kanzlerin am Mittwoch auf X. „Mein aufrichtiges Beileid gilt den Familien der Opfer. Wir stehen mit der spanischen Regierung bezüglich möglicher Hilfe in Kontakt.“ Der Beitrag von Scholz wurde auch auf Spanisch veröffentlicht.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach Spanien Hilfe. Die EU habe ihr Copernicus-Satellitensystem aktiviert, um die Rettungsteams mit Bildern zu unterstützen, sagte sie in Brüssel. Die Kommission bot der spanischen Regierung außerdem an, den Katastrophenschutzmechanismus zu aktivieren.
An einem Tag so viel Regen wie sonst in einem Jahr
Was hat die Tragödie verursacht? Wegen extrem starker Regenfälle – mancherorts fiel an einem Tag so viel Regen wie sonst in einem Jahr – traten am Dienstag immer mehr Flüsse über die Ufer. Der Wetterdienst Aemet sprach von einem „historischen Sturm“, dem schlimmsten seiner Art in diesem Jahrhundert in der Region Valencia.
Unzählige Straßen verwandelten sich schnell in reißende Ströme. Gebäude und Felder wurden überflutet. Straßen, Häuser und kleine Brücken stürzten ein. Bäume, Container, Autos, Lastwagen und Menschen wurden vom Wasser wie Spielzeug mitgerissen. Fahrzeuge wurden ineinander geschoben und zu Schrotthaufen aufgetürmt.
Begrüßen Sie die Größe von Golfbällen
Neben starkem Regen gab es auch Hagel und starke Sturmböen. In der andalusischen Küstenstadt El Ejido unweit von Almería, wo der Hagel in der Nacht zum Dienstag besonders stark getroffen hatte, wurden Felder und Hunderte Fahrzeuge schwer beschädigt. „Die Hagelkörner waren so groß wie Golfbälle“, sagte Landwirtin Mercedes González (46) gegenüber der Zeitung „El País“. „Es schien wie das Ende der Welt.“
Überlebende berichteten von erschütternden Erlebnissen
Ein 57-jähriger Mann erzählte der Zeitung „El País“, er habe in Paiporta, nahe der Provinzhauptstadt Valencia, auf einem Bauwagen Zuflucht gesucht und von dort aus mehreren Menschen im Wasser helfen wollen. „Ich hielt sie an der Hand fest, aber die Strömung war so brutal und so schnell, dass wir getrennt wurden und sie von der Flut mitgerissen wurden.“
Kamen die Warnungen zu spät?
Obwohl das volle Ausmaß der Tragödie noch nicht bekannt ist und die Such- und Rettungsarbeiten noch lange andauern werden, hat in Spanien bereits eine Debatte über mögliche Schuldige begonnen. In den Medien und im Internet wurde darüber diskutiert, ob die Behörden die Bürger früher oder besser hätten warnen sollen. Entsprechende Kritik gab es von mehreren Rathauschefs. Schließlich wissen wir, dass das Wetterphänomen „Dana“ oder „Cold Drop“ gefährlich ist. Vermehrt kommt es im Süden und Osten Spaniens zu Beginn des Herbstes vor, wenn die ersten atlantischen Tiefausläufer mit kalter, feuchter Luft über das warme Mittelmeer drängen.
Solche „brutalen Folgen“ seien nicht vorhersehbar
Die Regionalregierung und Experten wiesen die Vorwürfe zurück. Solche „brutalen Folgen“ könne man nicht vorhersagen, da sie von verschiedenen Faktoren abhängen, sagte der angesehene Meteorologe Francisco Martín León gegenüber der Nachrichtenagentur Europa Press. Der Wetterdienst Aemet sorgte mit Unwetterwarnungen der Stufen drei (gelb), zwei (orange) und eins (rot) ausreichend und zeitnah für Informationen.
Am Donnerstag soll sich das Wetter bessern
Für Teile Andalusiens und der Extremadura im Westen sowie für Teile Kataloniens im Nordosten des Landes gelten weiterhin Unwetterwarnungen. Die vorhergesagten Niederschlagsmengen sind begrenzt. Die Katastrophe ist noch lange nicht vorbei, wie die Behörden immer wieder warnen.
Wissenschaftler warnen, dass extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen und Stürme durch den Klimawandel verschlimmert werden. Die Menschen können dieser Entwicklung Einhalt gebieten, indem sie so schnell wie möglich auf die Nutzung fossiler Energieträger verzichten. Darüber hinaus tragen Maßnahmen wie Müllvermeidung und eine stärker pflanzliche Ernährung sowie Aufforstung dazu bei, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.
Dieser Artikel wurde aktualisiert.