Israelischer Luftangriff auf Beirut: Hisbollah-Kommandeur getötet

Der Tod Ibrahim Akils ist ein schwerer Schlag für den militärischen Flügel der schiitischen Miliz. In den letzten Stunden hat sich zudem der gegenseitige Beschuss über die Grenze hinweg deutlich intensiviert.

Nach einem israelischen Luftangriff versammeln sich zahlreiche Menschen vor einem eingestürzten Gebäude in Beirut.

Nach einem israelischen Luftangriff versammeln sich zahlreiche Menschen vor einem eingestürzten Gebäude in Beirut.

Bilal Hussein / AP

Inmitten wachsender Kriegsängste im Nahen Osten erschütterte am Freitagnachmittag eine heftige Explosion die libanesische Hauptstadt Beirut. Die israelische Armee gab kurz darauf bekannt, in Beirut einen „gezielten Angriff“ durchgeführt zu haben. Dieser habe sich im Beiruter Vorort Dahiye ereignet, einer Hochburg der Hisbollah. Videos in den sozialen Medien zeigten eine mit Trümmern übersäte Straße und teilweise eingestürzte Gebäude. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden 31 Menschen getötet, darunter offenbar mehrere Kinder, und mindestens 68 weitere wurden verletzt. Zuvor war von mindestens 14 Todesfällen berichtet worden.

Medienberichten zufolge galt der Luftangriff Ibrahim Akil, dem Oberbefehlshaber der Radwan-Streitkräfte, der Eliteeinheit der Hisbollah. Am Freitagabend bestätigte die israelische Armee in einer Erklärung, dass Akil und mehrere andere Mitglieder der Führung der Radwan-Streitkräfte getötet worden seien. Akil leitete nicht nur die Militäroperationen der Hisbollah, sondern ersann auch einen Plan, auf israelisches Territorium vorzudringen und dort Dörfer zu besetzen. Dies kann nicht unabhängig überprüft werden.

In einer Pressekonferenz am Freitagabend sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari, dass sich Hisbollah-Kommandeure unter dem zerstörten Gebäude in Dahiye versammelt hätten. „Sie trafen sich, um terroristische Aktivitäten gegen israelische Zivilisten zu koordinieren“, sagte Hagari. Nach Angaben des Armeesprechers tötete die israelische Armee bei dem Angriff neben Akil zehn weitere Hisbollah-Kommandeure.

Am Samstagabend bestätigte die Hisbollah den Tod ihres Militärkommandanten Ibrahim Akil. Er sei ein „großer Führer“ gewesen und den Märtyrertod gestorben.

Hisbollah-Krise verschärft sich

Ibrahim Akil galt als zentrale Figur im Dschihad-Rat, dem höchsten militärischen Gremium der Hisbollah. Die USA hatten ein Kopfgeld von sieben Millionen Dollar auf den Terroristen ausgesetzt, weil er 1983 an zwei Bombenanschlägen auf das US-Konsulat und eine amerikanische Kaserne in Beirut beteiligt war, bei denen rund 300 Menschen getötet wurden.

Mit dem Tod Akils und seiner Kameraden hat Israel der militärischen Kommandostruktur der Hisbollah einen weiteren schweren Schlag versetzt. Ende Juli war Fuad Shukr, ein enger Berater von Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah, bei einem israelischen Angriff in Beirut getötet worden. Israel hatte diesen Vergeltungsschlag ausgeführt, nachdem eine mutmaßliche Hisbollah-Rakete zwölf Kinder in der Kleinstadt Majdal Shams auf den Golanhöhen getötet hatte.

Der Luftangriff auf Beirut verschärft die Lage zwischen Israel und der Hisbollah weiter. In den vorangegangenen 24 Stunden hatte die israelische Luftwaffe Dutzende Hisbollah-Stellungen im Südlibanon bombardiert und nach eigenen Angaben mehr als 100 Raketenwerfer zerstört, die für unmittelbare Angriffe auf Israel vorbereitet gewesen waren. Die Hisbollah ihrerseits feuerte am Freitag rund 170 Raketen auf Nordisrael ab, von denen die meisten abgefangen wurden.

Der Schlag gegen die Hisbollah dürfte die Krise der schiitischen Miliz weiter verschärfen, die nach den Anschlägen auf Pager und Funkgeräte am Dienstag und Mittwoch ihr Kommunikationskonzept neu organisieren musste. Die vermutlich von Israel mit Sprengstoff präparierten Geräte explodierten diese Woche ohne Vorwarnung und verletzten über 3000 Menschen, Dutzende weitere starben. Mit dem Anschlag auf Akil hat Israel erneut demonstriert, wie tief seine Geheimdienste die Strukturen der islamistischen Miliz unterwandert haben.

Ein Krankenwagen bringt den Verletzten in ein Krankenhaus der libanesischen Hauptstadt.

Wael Hamzeh / EPA

USA bestehen auf diplomatischer Lösung

Da Israel und die Hisbollah in einen offenen Krieg zu schlittern scheinen, kündigte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Freitag an, dass er seine geplante Reise in die USA, wo er am 27. September vor der UN-Generalversammlung sprechen wird, um einen Tag verkürzen werde. Der israelische Armeechef Herzi Halevi beriet unterdessen mit dem Kommando der Nordarmee über die Lage an der Nordgrenze Israels.

Die USA, Israels wichtigster Verbündeter, zeigten sich besorgt über die eskalierende Lage im Nahen Osten. Zugleich versicherte ein Sprecher des Weißen Hauses, John Kirby, die Zeit für eine diplomatische Lösung der Krise sei noch nicht vorbei. „Ein Krieg ist nicht unvermeidlich, und wir werden weiterhin alles tun, was wir können, um ihn zu verhindern.“

Bisher allerdings machte die Hisbollah die Einstellung ihrer Angriffe stets von einer Waffenruhe im Gazastreifen abhängig. Eine solche scheint derzeit unerreichbar, und auch Kirby räumte ein, man sei einer Einigung nicht näher gekommen. Es ist vor allem Hamas-Chef Yahya Sinwar, der mit seiner Blockadehaltung eine Einigung verhindert.

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