Nach den israelischen Angriffen herrschen im Libanon Angst und Panik. Die Menschen wollen sich in Sicherheit bringen, wissen aber nicht wohin. Israels Armee will die Offensive fortsetzen.
Tausende Menschen versuchen aus dem Süden des Libanon in Richtung der Hauptstadt Beirut zu fliehen – so wie Mohammed: „Es gab Einschläge in unserer Nähe, also sind wir schnell ins Auto gestiegen. Wir fahren nach Beirut.“
Ein anderer Mann sagt: „Luftangriffe, Kampfjets, Zerstörung. Niemand ist mehr da, alle sind geflohen. Wir haben unsere Sachen genommen und sind gegangen. Im Moment weiß niemand wohin.“
Israels Militär warnte die Bevölkerung
Per SMS und Telefonanruf forderte das israelische Militär Zivilisten dazu auf, Gebäude zu verlassen, die laut Israel von der Hisbollah als Waffenlager genutzt werden.
Nach Angaben eines libanesischen Telekommunikationsunternehmens erhielten 80.000 Libanesen derartige Nachrichten, zunächst im Süden des Landes, später auch im Bekaa-Tal im Osten. Dort wurden die Menschen aufgefordert, ihre Häuser innerhalb von zwei Stunden zu verlassen. Viele wissen nicht, wohin sie gehen sollen – in Beirut und anderen Städten wurden Schulgebäude für die Flüchtlinge geöffnet.
Regierung spricht von mehr als 1.500 Verletzten
Die libanesische Regierung ruft um Hilfe. Nach den jüngsten Angriffen der israelischen Armee auf den Süden und Osten des Landes liege die Zahl der Verletzten bei mehr als 1.500. „Unser Gesundheitsministerium hat gemeinsam mit dem Außenministerium befreundete Staaten kontaktiert, die bereit sind, dem Libanon in dieser Notlage zu helfen. Wir haben sie darüber informiert, welche Medikamente und Ausrüstung wir benötigen.“
Der Gesundheitsminister kündigte an, man werde in sicheren Gebieten Notaufnahmezentren für schwer erkrankte Flüchtlinge einrichten. Sichere Gebiete – das heißt weit weg von den Hisbollah-Hochburgen im Süden und Osten des Landes. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte die Libanesen dazu aufgerufen, sich von der Hisbollah fernzuhalten – sich also sowohl geografisch als auch inhaltlich von der Miliz zu distanzieren.
Libanesischer Innenminister Bassam Mawlawi Dem begegnet er mit scharfer Kritik: „Es ist der israelische Feind, der ständig angreift. Seine Aggression ist für die Toten und Verletzten verantwortlich. Deshalb sollte der israelische Feind nicht diktieren, was der Libanon jetzt tun muss.“
Bevölkerung rechnet mit anhaltenden Kämpfen
Auf den Straßen Beiruts werden die Menschen zunehmend pessimistischer. Sie rechnen nicht mit einem baldigen Ende der Kämpfe. Ein Passant sagt: „Israel wird nicht zurückweichen, es wird den Gaza-Krieg nicht beenden. Die Bedingung der Hisbollah ist: Sie wird aufhören, aus dem Süden des Libanon auf Israel zu schießen, wenn der Gaza-Krieg zu Ende ist.“
Viele im Land fürchten nun, dass auch die israelische Armee mit Bodentruppen einmarschieren könnte. Die an der südlichen Grenze stationierten UN-Soldaten haben ihre Patrouillen bereits eingestellt.
Moritz Behrendt, ARD Kairo, tagesschau, 24.09.2024 06:38 Uhr