Die Stahlindustrie profitiert schon jetzt von Subventionen der Ampel-Regierung. Doch die Manager fordern von der Politik noch mehr. Nun wirbt auch Wirtschaftsminister Habeck für Abnahmegarantien für grünen Stahl – ein gefährlicher Fehler.
Der Zusammenbruch der Magdeburger Großbeteiligung des US-Chipherstellers Intel hat den Transformationsträumen der Bundesregierung einen herben Dämpfer versetzt. Andernorts hingegen läuft die Industriepolitik der Ampelkoalition auf Hochtouren.
Beim „Stahlgipfel“ in Duisburg Anfang der Woche durfte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in seiner Rolle als spendabler Onkel aus Berlin sonnen. Seit seinem Amtsantritt überbrachte der Grünen-Politiker allen großen Stahlkonzernen Milliardenschecks.
Es handelt sich um die größte Subventionsrunde für einen Industriezweig, die es in Deutschland je gegeben hat. Im Gegenzug sollen energieintensive Unternehmen den Weg zur grünen Stahlproduktion einschlagen.
Trotz der hohen Steuergelder kann von Dankbarkeit weder bei den Managern noch bei den IG-Metall-Mitgliedern die Rede sein. Im Gegenteil: Habeck wurde bewusst gemacht, dass die kriselnde Branche von der Politik noch viel mehr Hilfe erwartet.
Ganz oben auf der Wunschliste steht ein dauerhaft subventionierter Industriestrompreis – der die Kosten für andere Stromkunden noch weiter in die Höhe treiben würde.
Auch die zweite Forderung der Stahlindustrie ist ambitioniert. Der Gesetzgeber solle „grüne Leitmärkte“ für CO₂-armen Stahl einrichten. Nicht nur der Staat selbst, sondern auch Großabnehmer wie die Automobilindustrie oder die Bauwirtschaft könnten dazu verpflichtet werden, schrittweise einen steigenden Anteil grünen Stahls einzusetzen.
Angesichts der vielfach höheren Produktionskosten hätte der von Habeck bestellte grüne Stahl auf dem freien Markt keine Chance. Dass dadurch nicht nur die Steuerzahler immer mehr zur Kasse gebeten werden, sondern auch andere Wirtschaftszweige in ihrer Wettbewerbsfähigkeit geschwächt werden, kümmert die Stahllobby nicht.
Und Habeck ist ohnehin ein erklärter Fan solcher Leitmärkte. „Unsere Vision ist das Windrad aus grünem Stahl, das auf einem Fundament aus grünem Zement ruht, und das Elektroauto, das nicht nur CO₂-frei ist, sondern auch aus grünem Stahl besteht“, sagt der Planwirtschaftsminister.
Die von Habeck in Gang gesetzte Interventionsspirale nicht nur im Stahlsektor führt offenbar nicht zu einem grünen Wirtschaftswunder, sondern auf eine schiefe Bahn. Subventionen und Abnahmegarantien machen die Konzerne träge.
In diesem System werden nicht die innovativsten Unternehmen belohnt, sondern jene mit der besten Lobbyarbeit. So verkommt Deutschland zu einem Industriemuseum.
Dorothea Siems ist Chefvolkswirt bei WELT. Der promovierte Ökonom erhielt 2011 den Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik.