Der „Weltbürger“-Award, der am Montagabend in New York verliehen wurde, ist normalerweise ein Treffpunkt internationaler Weltverbesserer. In diesem Jahr war allerdings einiges anders, was sowohl an der Auswahl des Preisträgers als auch des Laudators lag.
Auch diese Woche drängen sich die Mächtigen und Wichtigen in New York. Die East Side von Manhattan ist ein einziger Verkehrsstau, denn Präsidenten und Regierungschefs aus 134 Mitgliedsstaaten fliegen zur Generalversammlung der Vereinten Nationen ein. Von Prinz Harry über Bill Gates bis Meryl Streep versammeln sich die Weltverbesserer in den Konferenz- und Ballsälen der Stadt.
In diesem Jahr war ein Ticket besonders begehrt beim globalen Jetset: ein Gala-Dinner am Montagabend im Ziegfeld Ballroom in Midtown. Eingeladen hatte der Atlantic Council, einer der einflussreichsten und finanzkräftigsten Thinktanks des Landes. Seit 14 Jahren verleiht die Organisation ihren „Global Citizen Award“, eine Auszeichnung für einen „Weltbürger“.
Den Laudator kann der Preisträger selbst wählen. Als Olaf Scholz 2023 den Preis erhielt, wählte er – wie schon Wolodymyr Selenskyj – die Chefin der Welthandelsorganisation, Ngozi Okonjo-Iweala. Wie es sich für einen UN-Auftritt wohl gehört.
Ein Zeichen der Zeitenwende dürfte die Ehrung des Atlantic Council in diesem Jahr sein. Den Preis sollte eigentlich Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni erhalten. Dass die Auszeichnung allein an die Rechtsnationalistin ging, sorgte sowohl außerhalb als auch innerhalb des Atlantic Council für Proteste. Für die wirklichen Schlagzeilen sorgte jedoch Melonis Wahl des Redners: Elon Musk.
Allein im vergangenen Jahr besuchte der SpaceX- und Tesla-Chef die Politikerin zweimal in Rom; es seien „herzliche“ Treffen gewesen, sagte Meloni. Musk sei „ein kostbares Genie“. Musk lobte Meloni kürzlich für ihre harte Haltung gegenüber illegalen Einwanderern. Am Montagabend stand Musk auf der New Yorker Bühne, vor 700 Damen und Herren in Frack und Ballkleid, darunter ein halbes Dutzend Regierungschefs. Was folgte, war eine Liebeserklärung, die jeden Italiener neidisch gemacht hätte. „Es ist eine Ehre, diesen Preis einer Frau zu überreichen, die innerlich noch schöner ist als äußerlich. Sie hat unglaubliche Arbeit geleistet. Sie ist authentisch. Ehrlich, loyal. Was man nicht immer über Politiker sagen kann.“ Der reichste Mann der Welt musste über seine eigenen Worte kichern und überreichte Meloni dann unbeholfen vor einem weißen Flügel den Preis.
Melonis Laudatio selbst war ein weiterer Beleg dafür, wie sich die Zeiten in Europa ändern. Sie hatte überlegt, davon zu sprechen, die erste Frau an der Spitze der italienischen Regierung zu sein. Oder von Außenpolitik in Zeiten des Chaos. Stattdessen sprach sie über „westlichen Nationalismus“ und „Oikophobie“, die Abneigung gegen die eigene Heimat. „Wir sollten uns nicht schämen, Konzepte wie Nation und Patriotismus, unsere Kultur, Traditionen, Werte zu verteidigen“, sagte Meloni. Ihr Argument: Nur wer die eigene Heimat liebt, wer sich selbst respektiert, wird von anderen respektiert. Er hat die Kraft, seine eigenen Werte zu verteidigen. „Wir verteidigen die Ukraine, weil wir wissen, wie eine Welt aussieht, in der das Recht des Stärkeren gilt.“ Ob Letzteres Musk und seinen politischen Freund Donald Trump überzeugen wird, ist fraglich. Melonis Aufruf zum Kampf gegen die „Oikophobie“ können sie aber durchaus nachvollziehen.