Debatte über Geschenke überschattet Labour-Parteitag

Debatte über Geschenke überschattet Labour-Parteitag

Stand: 23.09.2024 11:34 Uhr

Labour werde alles besser machen als die Tories – so lautet das Credo des neuen britischen Premiers Starmer. Doch schon vor dem Parteitag hat er seinen ersten Skandal am Hals. Es geht um Geschenke – und wie er sich rechtfertigt.

Was haben wir von diesem Premierminister und seiner konservativen Regierung? Dubiose Verträge, Jobs für seine eigenen Kumpane und Möglichkeiten, Geld zu machen. Da sitzt er, der Premierminister, da sitzt die Korruption.

Das war 2021. Keir Starmer von der Labour-Partei war noch Oppositionsführer, als er Premierminister Boris Johnson von den Tories offen kritisierte. Und „Tory Sleaze“ war ein gängiges Schlagwort: die korrupten Tories, die rauschende Partys feierten, während die Bevölkerung im Corona-Lockdown war, die im Parlament Pornos schauten oder nicht offenlegten, wer ihre Urlaube in Luxusvillen finanziert hatte.

Geschenke im Wert von mehr als 100.000 £

Doch nun scheint sich der Wind gedreht zu haben, meinen einige Kommentatoren: Jetzt sei es Premier Starmer, der mit all diesen Geschenken korrupt agiere, sagt John Sopel im Podcast The News Agents. Starmer habe, und zu diesem Schluss kommen vor allem konservative Zeitungen, ein sogenanntes Freebie-Problem.

Es geht um eine 18 Millionen Pfund teure Penthouse-Wohnung, die einem der größten Labour-Spender gehört. Starmer soll dort mehrere politische Treffen abgehalten haben. Und es geht um Freikarten für Fußballspiele und ein Taylor-Swift-Konzert, Anzüge für sich selbst, Kleider für seine Frau und mehrere Brillen.

Starmer deklarierte Geschenke im Gesamtwert von mehr als 100.000 Pfund – umgerechnet rund 120.000 Euro. Mehr als jeder andere britische Parlamentarier in den letzten fünf Jahren erhalten hat, wie die pro-konservativen Zeitungen prompt titelten und ausschlachteten. Ein Geschenk des Himmels für die Opposition.

Exklusive Zuschauerloge günstiger als Sicherheitskräfte?

Starmer führte diese „moralischen Kreuzzüge“ durch. Nun müsse er erklären, warum seine Worte nicht mit seinen Taten übereinstimmen, sagt James Cleverly, ehemaliger konservativer Innenminister.

Auch das hat Starmer versucht. Etwa mit Fußballtickets für die exklusive Zuschauerloge des Erstligisten Arsenal London: „Es wäre viel teurer, wenn mich die Sicherheitsleute bis auf die Tribüne begleiten müssten. Deshalb bin ich woanders hingegangen. Sonst würde es den Steuerzahler ein Vermögen kosten und das möchte ich nicht, dass er das bezahlt.“

Man könnte das als Anfängerfehler oder Kommunikationsfehler werten. Schließlich ist es weder illegal noch ungewöhnlich, dass Parlamentarier Geschenke annehmen. Insofern sind Starmers „Gratisgeschenke“ kaum mit „Partygate“ und Pornopannen vergleichbar. Doch es sieht nicht gut aus. Vor allem, wenn die Premierministerin harte Sparmaßnahmen unter anderem für Rentner angekündigt hat und ständig von weiteren „schmerzhaften Entscheidungen“ spricht.

Besser spenden als rechtfertigen

Dies seien sicherlich Fehlentscheidungen gewesen, sagt Harriet Harmann, Labour-Abgeordnete im House of Lords. Nichts allzu Dramatisches. Aber Starmer mache die Sache nicht besser, indem er nun versuche, die Geschenke zu rechtfertigen. Er solle den Fehler eingestehen und das Geld spenden, schlägt sie vor.

Starmer würde vermutlich am liebsten gar nicht über das Thema reden. Und sich auf dem Parteitag auf das konzentrieren, was Labour seiner Meinung nach während seiner kurzen Amtszeit bereits erreicht oder angestoßen hat: höhere Gehälter im öffentlichen Dienst, die Beendigung des Tarifkonflikts mit Assistenzärzten, die Verstaatlichung der Bahn. Doch all das wird inzwischen von Brillen, Anzügen und Taylor-Swift-Tickets überschattet.

Franziska Hoppen, ARD London, tagesschau, 23.09.2024 10:24 Uhr

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