Charité-Chef Kroemer will rechtliche Schritte prüfen

Charité-Chef Kroemer will rechtliche Schritte prüfen

Charité-Chef Heyo Kroemer hat öffentliche Vorwürfe zurückgewiesen, an der Berliner Landesklinik würden Patienten unzureichend versorgt und Medizinstudenten unzureichend betreut. Im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses hatte Kroemer vor zwei Wochen die Undercover-Berichterstattung von RTL und „Stern“ in Teilen als „irreführend, übertrieben oder falsch“ bezeichnet.

Zudem seien zwar Mitarbeiter und Patienten in den TV-Aufnahmen verpixelt und ihre Stimmen verfremdet worden, dennoch stelle dies eine „Grenzverletzung“ dar, so Kroemer, zumal auch ein sterbender Mann gefilmt worden sei. Die Charité erwägt, hiergegen juristisch vorzugehen.

Andere Kliniken zahlen bis zu 900 Euro

Vertreter aller Parteien bezeichneten die Berichterstattungsmethoden am Montag als zumindest umstritten, einige Abgeordnete wollten dennoch wissen, wie gut die Ausbildung an der Charité verlaufe. Zentraler Aspekt des Undercover-Berichts war die Situation angehender Ärzte, die während ihres „Praktischen Jahres“ im Rahmen ihres Studiums unzureichend auf den Stationsalltag vorbereitet würden. Dem Bericht zufolge führen die als „PJ-ler“ bezeichneten Studierenden auch Arbeiten aus, die von Ärzten beaufsichtigt werden müssen, die sich aufgrund ihres engen Operationsplans damit aber kaum beschäftigen.

Alexandra Archodoulakis – sie war lange PJ-Beauftragte und ist mittlerweile approbierte Charité-Ärztin – sagte in dem Gremium, es gebe Kommilitonen, die nach ihrem Praktischen Jahr nicht mehr in einer Klinik arbeiten wollten. Zwischen den einzelnen Instituten gebe es „massive Unterschiede“, wobei die fehlende Vergütung an der Charité ein grundsätzliches Problem sei.

Ärztekammer weist auf Personalmangel hin

Die Charité ist bundesweit die einzige Uniklinik und eines der wenigen Krankenhäuser in der Region, in der Medizinstudenten keine Aufwandsentschädigung erhalten; anderswo bekommen sie bis zu 900 Euro im Monat. AfD, Linke und Grüne fragten, ob die für Studierende vorgesehenen Studienbeihilfen angesichts der alltäglichen Kosten in Berlin nicht ausreichten, zudem werde das PJ in Vollzeit ausgeübt, was es schwierig mache, bezahlte Nebenjobs zu bekommen.

Die CDU erinnerte daran, dass sie 2022 in der Opposition eine Bezahlung der Charité-PJ-Studierenden gefordert hatte: Die damalige rot-grün-rote Koalition hatte dies abgelehnt.

135

Millionen Euro Charité verzeichnete 2023 Defizit

Der Vorstand der Charité erklärte, es sei nicht möglich, die Praktikanten aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Der Präsident der Berliner Ärztekammer, Peter Bobbert, der im oben erwähnten Bericht auftaucht, sagte in dem Ausschuss: Viele Krankenhäuser leiden unter Personalmangel, und auch die Charité scheint ein Problem im Umgang mit Ärzten zu haben.

So wurden etwa tarifliche Überstundenregelungen zum Ausgleich von Fehlzeiten ausgesetzt, weil Ärztemangel herrscht. Personalmangel gibt es nicht auf allen Stationen, aber besonders in der Pädiatrie, also in der Kindermedizin.

Wie erwartet konnten Bobbert und Charité-Chef Kroemer ihren Widerspruch nicht verhehlen. Letzterer verwies auch auf den Wunsch nach einem neuen Kinderkrankenhaus. Der Charité, deren Gebäude teilweise marode sind, stehen umfangreiche Sanierungen bevor.

Gesundheits- und Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) verwies am Montag vor allem auf den Bund, der die Bafög-Zinsen anpassen und die Krankenhausreform vollenden müsse. Von der Reform würden vor allem Maximalversorger wie die Charité profitieren.

Czyborra ist Aufsichtsratsvorsitzende der Charité. Das Klinikum unterliegt einem Sparkurs; wegen steigender Kosten für Medikamente, Gebäude und Personal verzeichnet die Charité für 2023 ein Defizit von 135 Millionen Euro. Die Charité hat 3.300 Betten, knapp 24.000 Beschäftigte inklusive Tochtergesellschaften und einen Gesamtumsatz von 2,6 Milliarden Euro pro Jahr.

Die mobile Version verlassen