Nach den jüngsten Silvesterkrawallen kamen die üblichen Verlautbarungen: „Gewalttäter, die Polizei- und Einsatzkräfte angreifen, müssen die volle Härte des Gesetzes spüren“, verkündete etwa Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Und Kai Wegner, Berlins Regierender Bürgermeister von der CDU, sagte: Gegen Gewalttäter werde man mit aller Härte des Rechtsstaats vorgehen.
Ein Berliner Feuerwehrmann, mit dem die Berliner Zeitung sprach, kann über solche Sprüche nur noch müde lächeln. Es sei ja noch nicht einmal der Angriff auf ihn aus der Silvesternacht vor zwei Jahren aufgearbeitet. Damals, beim Jahreswechsel 2022/23, eskalierte die Gewalt auf Berlins Straßen in bisher unbekanntem Ausmaß. Unter anderem Jugendliche mit arabischem Migrationshintergrund tobten sich in manchen Kiezen in Neukölln und Mitte aus und beschossen massiv Feuerwehrleute und Polizisten mit Pyrotechnik. Löschfahrzeuge wurden mittels falscher Alarmierungen in Hinterhalte gelockt. Etliche Retter wurden verletzt.
Berliner Feuerwehrmann: Es wurde mit einer Pistole auf uns gezielt
„Wir waren damals mit unserem Löschfahrzeug in Moabit“, sagt der Feuerwehrmann, dessen Name der Redaktion bekannt ist. „Beim Verlassen der Einsatzstelle wurden wir an einer Kreuzung heftig mit Pyrotechnik beschossen.“ Besonders ein Angreifer habe sich dabei hervorgetan. „Er hat uns gesehen, dann in die Tasche gegriffen und mit einer Pistole auf uns gezielt. In einem solchen Augenblick weiß man nicht: Ist das eine Schreckschusswaffe oder eine scharfe Waffe?“ Der Täter, vom Alter her etwa 19 oder 20 Jahre alt, habe genau gewusst, was er tat und in voller Absicht gehandelt, sagt der Feuerwehrmann. Der Feuerwerkskörper, den er abschoss, sei kurz über dem Löschfahrzeug explodiert.
„Ich bin dann ausgestiegen, um ihn zur Rede zu stellen. Doch er ist weggerannt – pfiffigerweise direkt in die Arme der Polizei“, erinnert er sich. Der Täter wurde sofort festgenommen. Die Waffe, die er auf der Flucht weggeworfen hatte, stellten die Polizisten sicher. Später wurden an seinen Händen auch Schmauchspuren aus der Waffe gesichert. Der Feuerwehrmann konnte ihn noch vor Ort sicher identifizieren. Eigentlich eine gute Voraussetzung für ein Strafverfahren. Bei der Polizei wird der Beschuldigte zudem offenbar als einschlägig bekannter Intensivtäter geführt.
Doch was dann folgte, war ein geradezu überwältigender Papierkram: Gewaltmeldung, Gedächtnisprotokolle, Aussagegenehmigungen der Behörde. Bei der Polizei machte der Feuerwehrmann seine Zeugenaussage.
Dann passierte lange Zeit nichts. Der Vorfall versank langsam im Nebel der Vergangenheit und wurde dem Feuerwehrmann erst wieder so richtig bewusst, als er irgendwann seinen Schreibtisch aufräumte und dabei die Vorgangsnummer seiner Strafanzeige fand.
19 Monate nach jener Silvesternacht kam es dann zum Gerichtstermin. Der Feuerwehrmann musste sich wieder eine Aussagegenehmigung seiner Behörde holen. Doch der Gerichtstermin fiel aus. „Seitdem habe ich nichts mehr gehört“, sagt er.
„Ich habe mich rechtskonform verhalten, den Dienstweg eingehalten“, sagt der Feuerwehrmann, der auch Mitglied der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft ist. „Es ist erschreckend, dass wir keine Rückendeckung haben und im Stich gelassen werden. Ist das die volle Härte der Justiz, von der Innensenatorin, Bürgermeister und der Landesbranddirektor sprechen?“, fragt er. „Die Täter lachen uns aus.“
Der Feuerwehrmann hat schon einiges in seinem Berufsleben erlebt. „Wir haben aber auch junge Auszubildende auf den Einsatzfahrzeugen. Aber solche Angriffe machen was mit dir. Und die jungen Leute fragen sich: Ist das der richtige Beruf für mich?“
Den ganzen Papierkram aus der Silvesternacht von damals hat er inzwischen weggeworfen. Er sagt: „Wenn die noch was von mir wollen, dann melden die sich schon.“