Das VG Meiningen hält die Bezüge der Richter in Thüringen für verfassungswidrig niedrig. Dem BVerfG liegen daher nun zwei Musterverfahren vor. Dies ist nicht der erste Fall, in dem sich Richter über nicht genügend Geld beschweren.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts (VG) Meiningen sind die Richterbezüge in Thüringen verfassungswidrig niedrig. Dabei handelt es sich um die Gehälter für die Jahre 2020 bis 2022 und 2024, wie das Gericht mitteilte. Das Besoldungsrecht wird daher gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Prüfung vorgelegt (Az. 1 K 1270/25 Me und 1 K 463/25 Me).
Hintergrund sind zwei Musterfälle, mit denen Richter geltend machen wollen, dass ihre Bezüge vom Thüringer Landtag in verfassungswidriger Weise zu niedrig angesetzt worden seien. Dabei geht es um das sogenannte Mindestabstandsgebot. Dies setzt voraus, dass die Gehälter der Beamten in deutlichem Abstand zu den staatlichen Grundsicherungsleistungen bleiben.
Wird das Mindestabstandsgebot nicht eingehalten, handelt es sich in der Regel um einen Verstoß gegen das Alimentationsprinzip. Dies ist einer der traditionellen Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) und besagt: Der Arbeitgeber hat Beamte und Richter entsprechend ihrem Dienstgrad, dem Grad ihrer Verantwortung und der Bedeutung der jeweiligen Tätigkeit für die Allgemeinheit zu bezahlen.
Dabei ist auch die Entwicklung der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzlage sowie des allgemeinen Lebensstandards zu berücksichtigen. Nur wenn diese Anforderungen eingehalten werden, kann von Beamten und Richtern eine lebenslange Loyalität gegenüber dem Staat verlangt und das Streikverbot gerechtfertigt werden.
„Der Grenzwert wurde eindeutig überschritten“
Konkret ist der Gesetzgeber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass einem verheirateten Beamten mit zwei Kindern in der untersten Besoldungsgruppe monatlich mindestens 15 Prozent mehr zur Verfügung stehen als einer vergleichbaren Familie, die Grundsicherung bezieht.
Doch genau diesen Mindestabstand hielt das VG nicht für gegeben: „Dieser Grenzwert wurde im Freistaat Thüringen in den oben genannten Jahren nicht eingehalten, sondern nach Überzeugung der Kammer deutlich überschritten“, heißt es in der Stellungnahme des Gerichts.
Noch erhielten die Richter in Thüringen mehr Geld als Empfänger von Grundsicherungsleistungen. Die Grenzen des Mindestabstandsgebots wurden jedoch in vielen Gehaltsgruppen im Folgenden bereits aufgeschlüsselt. Die Kammer geht daher von „einem Strukturproblem im gesamten Gehaltsgefüge“ aus. Um den Anforderungen gerecht zu werden, muss das Gesamtgehalt, auch das der Richter, erhöht werden.
Darüber hinaus sieht die Kammer auch ein Problem darin, dass die Gehälter in den genannten Jahren nicht hoch genug waren, um ausreichend qualifiziertes Personal zu gewinnen.
Mehr als 1.000 Thüringer Beamte klagen wegen Gehaltsüberschreitung
Die Entscheidung der Meininger Verwaltungsrichter hat mittelbar auch Auswirkungen auf die Bezüge aller rund 33.000 Beamten im Freistaat. Nach Angaben des Thüringer Beamten- und Tarifbundes (tbb) sind seit Jahren mehr als 1.000 Klagen von Beamten gegen ihre Bezüge vor den Thüringer Verwaltungsgerichten anhängig. Änderungen im gesamten Gehaltsgefüge hätten auch Auswirkungen auf Lehrer, Polizisten und Feuerwehrleute als Beamte.
Im Jahr 2023 entsprachen die Richtergehälter nach Einschätzung der Kammer Meiningen jedoch dem Prüfungsmaßstab des BVerfG. Alle Beamten und Richter in Thüringen erhielten in diesem Jahr eine Sonderzahlung des Landes in Höhe von bis zu 3.000 Euro, womit insgesamt das Mindestabstandsgebot im Jahr 2023 weitgehend eingehalten wurde. In zwei Besoldungsgruppen wurde das Niveau noch unterschritten, allerdings war der Verstoß insgesamt durch die Sonderzahlung nicht so gravierend wie in anderen Jahren. „Insofern umfasst die Unterdeckung nicht das gesamte Gehaltsgefüge, einschließlich der Richtergehälter“, so das Gericht.
Bis das BVerfG über das Besoldungsrecht entscheidet, ruht das Musterverfahren.
Die (zu) niedrigen Gehälter von Richtern und Beamten sind in Karlsruhe immer wieder ein Thema – für Berlin liegt unter anderem bereits ein Beschluss des Zweiten Senats aus dem Jahr 2020 vor, weitere ähnliche Verfahren sind noch anhängig. Auch die EU-Kommission mahnte Deutschland im Jahr 2023 zu einer besseren Bezahlung seiner Richter.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Zitiervorschlag
VG Meiningen legt dem BVerfG vor: . In: Legal Tribune Online, 6. November 2025, https://www.lto.de/persistent/a_id/58562 (abgerufen am: 6. November 2025)
Informationen zum Zitiervorschlag
