Diese Strategie ist nicht neu: China schafft wirtschaftliche Abhängigkeiten und erwartet im Fall Serbiens politische Unterstützung. Kontrolle durch Handel. Der Balkan wurde von der Europäischen Union viele Jahre lang vernachlässigt, und das öffnet nun Türen für China. Sollten chinesische Investitionen zu mehr Wohlstand in Serbien führen, könnte dies – zumindest nach Berechnungen Pekings – andere Länder auf dem Balkan in die Arme der Volksrepublik treiben.
Zumindest im Hinblick auf Serbien scheint Xi Jinpings Plan aufzugehen. Bei seinem Besuch in der serbischen Hauptstadt am Mittwoch sind überall chinesische Flaggen zu sehen, und Xi Jinping winkt Autofahrern auf Anzeigetafeln auf den Straßen zu. Vor dem Besuch bekräftigte Vučić in einem Interview: „Taiwan ist China – und Punkt.“ Damit liegt Serbien im geopolitischen Streit um die Inselrepublik klar hinter Xi. Das zeigt, wie sehr das Land bereits in chinesischen Gewässern schwimmt.
Ungarn wird zum Trojanischen Pferd
Der Reiseplan des chinesischen Präsidenten deutet durchaus darauf hin, dass er die Bündnisse in Europa stärken will, von denen er sich einen Mehrwert verspricht. Während in Serbien noch gegen die Nato gewettert wird, reist er weiter nach Ungarn.
Die chinesisch-ungarischen Beziehungen sind für den Westen noch gefährlicher als der chinesische Einfluss in Serbien. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán gilt in Diplomatenkreisen als „Panda-Hugger“, ein Euphemismus für Pekings Freunde. Ungarn ist Mitglied der NATO und der Europäischen Union und Orbán hat in der Vergangenheit oft gezeigt, dass er keine Angst davor hat, Entscheidungen zu blockieren.
Darauf rechnet Peking. Xi muss nicht mit allen europäischen Staaten gut auskommen; Machtpolitisch reicht es aus, einige wenige zu kontrollieren, um Maßnahmen gegen China abzuwenden. Orbán und Ungarn könnten daher für Peking zu einem Trojanischen Pferd im Westen werden.
Der ungarische Machthaber regiert autokratisch, reiste erst im Oktober 2023 zum Seidenstraßen-Gipfel nach China und zeigte dort keine Berührungsängste mit Xi und Putin. Andererseits. Die ungarische Führung sucht die Nähe zu China und Russland. Weitgehend unbemerkt von der europäischen Öffentlichkeit unterzeichnete die ungarische Führung im Februar ein neues Abkommen mit Peking, das eine „Zusammenarbeit in Justiz- und Sicherheitsfragen“ vorsieht. Vieles deutet darauf hin, dass Chinas Sicherheitskräfte dadurch ihre Überwachung in die EU ausweiten könnten – von Ungarn aus.
Ungarn erwartet von diesem Kurs weniger politischen Widerstand. Während die EU kürzlich die Subventionen für Ungarn eingefroren hat, hat Peking keine Bedenken, wenn der ungarische Staatschef weiterhin demokratische Strukturen im Land abbaut. Aber auch Orbán geht es vor allem um chinesische Investitionen. China plant in Ungarn mehrere Milliardenprojekte, darunter eine Eisenbahnlinie, Fabriken für die Elektroautoindustrie und einen Campus für Shanghais Elite-Fudan-Universität. Wenn chinesische Elektroautos in Ungarn produziert würden, könnte der europäische Markt nicht mehr durch Zölle geschützt werden – und das bedroht insbesondere die deutsche Autoindustrie.
Im Grunde lockt China die Menschen vor allem mit Geld und warmen Worten. Doch egal ob in Frankreich, Serbien oder Ungarn, Xi Jinpings Europareise macht eines deutlich: China hat einen klaren Kurs, um mehr Einfluss auf dem europäischen Kontinent zu gewinnen. Es ist ein Plan, den Xi Jinping ohne Kompromisse verfolgt.