Ein Schwarz-Weiß-Foto zeigt drei junge Menschen vor einem Transporter. Sie grinsen. An der Heckscheibe befindet sich ein Aufkleber mit der Aufschrift „Kältebus“. Das Foto dokumentiert den Beginn eines Projekts der Berliner Stadtmission, das mittlerweile 30 Jahre alt ist und seitdem immer weiter ausgebaut wird. „Der Grund war damals ein Mensch, der in Berlin an der Kälte starb und im Winter auf der Straße erfror“, sagt Karen Holzinger, die 1994 zusammen mit Gunnar Fiedler und Ulrich Neugebauer den Kältebus initiierte, am Donnerstag in einer Stadt Pressekonferenz der Mission.
Sie und ihre Kollegen hätten sich damals gefragt, wie Menschen, die nicht selbst in Notunterkünfte gelangen konnten, einen Schlafplatz finden könnten, sagte Holzinger. Und so schnappten sich die drei einen „gefundenen“ Bus und fuhren in sehr kalten Nächten durch Berlin, um Menschen zur Unterkunft zu transportieren. „Aber nur zu Zeiten, in denen die Züge nicht fahren.“
Mittlerweile fahren von November bis März jede Nacht zwei bis drei Kältebusse durch die Hauptstadt. In der vergangenen Saison wurden 1.580 Obdachlose in Notunterkünfte gefahren; Nach Angaben der Stadtmission legten die Transporter 31.260 Kilometer zurück. Mittlerweile gibt es auch zwei feste Fahrer.
Die Geschichte von Marcel Strength zeigt, wie wichtig der Kältebus für Menschen in Not ist. Zum 30. Geburtstag des Kühlbusses reiste er von Riesa nach Berlin. Wäre er nicht vor zehn Jahren abgeholt worden, hätte er die Nacht nicht überlebt, sagt er. „Als ich erfahren habe, dass meine Großmutter gestorben ist, habe ich mich richtig betrunken“, sagt er während der Pressekonferenz in der Notunterkunft der Stadtmission in der Lehrter Straße am Hauptbahnhof. In den Räumen, die er jetzt besucht, verbrachte er viele Jahre als Obdachloser den Winter. „Wir haben hier noch auf Isomatten geschlafen.“
„Eigentlich sollten die Kältebusse Teil der Kältehilfe sein.“
Karen HolzingerBerliner Stadtmission
In dieser Nacht vor zehn Jahren war es Marcel Starch wichtig, dass die Helfer aus dem Kältebus nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach mit den Menschen auf der Straße sprachen. „Ich wurde schon einmal gefragt, aber ich wollte auf der Straße bleiben.“ In der anderen Situation brauchte er wirklich dringend einen warmen Schlafplatz und ging mit.
Für diesen Teil der Grundversorgung wohnungsloser Menschen will der Senat allerdings kein Geld ausgeben. „Wir müssen das Angebot komplett über Spenden finanzieren“, sagt Holzinger. Bis vor zwei Jahren gab es zumindest eine Teilförderung vom Bezirk Neukölln, der nun kein Geld mehr dafür hat. „Eigentlich müssten die Kältebusse Teil der Kältehilfe sein.“ Es ist immer riskant, für solche Aufgaben auf Spenden angewiesen zu sein. „Die Stadt sollte sich mitverantwortlich fühlen“, sagt Holzinger.
Ulrich Neugebauer, der zusammen mit Karen Holzinger den Kältebus gegründet hat und wie sie weiterhin in der Stadtmission tätig ist, sieht im Nothilfesystem eine immer größere Schwierigkeit bei der Versorgung mobilitätseingeschränkter, insbesondere pflegebedürftiger Menschen ein Rollstuhl. „Darauf ist die Kältehilfe in Berlin nicht vorbereitet“, sagt er. In der Notunterkunft der Stadtmission in der Lehrter Straße stehen von November bis April 125 Betten zur Verfügung, die Zimmer liegen jedoch im Untergeschoss und sind nur über Treppen erreichbar, sodass Rollstuhlfahrer dort nicht übernachten können. In anderen Unterkünften ist der Eingang rollstuhlgerecht, die Sanitäranlagen jedoch nicht.
Letztlich mangelt es überall an medizinischem Personal, um Menschen mit Behinderungen professionell zu betreuen. »Für diese spezielle Gruppe haben wir keinen Platz. „Das ist ein Skandal und es bricht mir das Herz“, sagt Neugebauer. Die Mitarbeiter der Kühlbusse würden nachts Menschen im Rollstuhl abholen, hätten dann aber oft keine Unterkunft finden können, in der sie untergebracht werden könnten. Das bestätigt auch Matthias Förster , der derzeit in den Kühlbussen arbeitet. „Am Ende packen wir die Leute oft in Schlafsäcke, weil es keine Plätze mehr gibt, und hoffen, dass sie am nächsten Tag früh genug anrufen können, um einen Platz zu bekommen.“ Förster beschreibt, dass die Kältebusse die Menschen nicht nur zu Notunterkünften transportieren, sondern sie auch auf der Straße mit Schlafsäcken, warmen Getränken und mehr versorgen.
Den Berliner Kältebus erreichen Sie vom 1. November bis 31. März zwischen 20 und 2 Uhr unter der Rufnummer 030 690 333 690.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1186422.wohnungsnot-kaeltebus-in-berlin-kalte-stadt-warmer-bus.html