Der gerade aus dem Amt ausgeschiedene EU-Justizkommissar Didier Reynders muss der belgischen Justiz erklären, wie er in den Besitz von rund einer Million Euro Bargeld kam. Wie der öffentlich-rechtliche Fernsehsender RTBF weiter berichtete, soll Reynders im Laufe von 15 Jahren rund 800.000 Euro auf private Bankkonten eingezahlt haben. Er soll in den vergangenen fünf Jahren Gutscheine der Nationallotterie über weitere 200.000 Euro erworben und an deren Glücksspielen teilgenommen haben. Gegen den liberalen Politiker, der vor seinem Eintritt in die EU-Kommission zwanzig Jahre lang Finanz- und Außenminister seines Landes war, wird wegen Geldwäsche ermittelt. Reynders wies am Freitag alle Vorwürfe durch einen Anwalt zurück.
André Renette, der Anwalt des Angeklagten, sagte, Reynders werde dem Ermittlungsrichter „nützliche Erläuterungen zur Verwaltung seines Privatvermögens“ geben. Zu seinen politischen Mandaten besteht kein Zusammenhang. Es ist umstritten, dass die in der Presse dargelegten Tatsachen strafrechtlich relevant sind. Reynders selbst werde sich „zu diesem Zeitpunkt“ nicht öffentlich äußern, um seine Rechte im Verfahren zu wahren. Der Kommissar und seine Frau Bernadette Prignon, eine ehemalige Präsidentin des Lütticher Berufungsgerichts, wurden am Dienstag mehrere Stunden lang von Ermittlern befragt. Ihr Privathaus in der Brüsseler Gemeinde Uccle und ein Landhaus in der Provinz Lüttich wurden durchsucht. Die Polizei stellte einen Bargeldbetrag von 7.000 Euro fest, wie Medien immer wieder berichteten.
Geschützt durch offizielle Immunität
Laut RTBF soll Reynders seinen umfangreichen Ticketkauf mit einer „Spielsucht“ begründet haben. Wie die Nationallotterie bestätigte, war er der einzige Kunde seit fünf Jahren, der wegen verdächtigen Verhaltens bei den Behörden angezeigt wurde. Bei der Lotterie ist der Einsatz der Kunden auf 500 Euro pro Woche begrenzt, diesen soll Reynders über einen längeren Zeitraum hinweg völlig ausgeschöpft haben. Allerdings würde die genannte Summe von 200.000 Euro den möglichen Höchstbetrag von 132.000 Euro in fünf Jahren übersteigen. Seine Bareinlagen waren von den betroffenen Banken einer Ermittlungsstelle des Finanzministeriums gemeldet worden. Die Brüsseler Staatsanwaltschaft leitete 2023 unter besonderer Geheimhaltung ein Ermittlungsverfahren ein.
Reynders wurde 2019 von einem Mitarbeiter des Verfassungsschutzes wegen Bestechung und Geldwäsche angezeigt, die Ermittlungen wurden jedoch schnell und erfolglos eingestellt. Der Angeklagte muss nun aktiv darlegen, aus welchen Quellen sein Geldvermögen stammt. Sollte die Staatsanwaltschaft Reynders anklagen, müsste das belgische Parlament dem zustimmen, da er durch anhaltende Amtsimmunität geschützt ist. Für seine Zeit in der EU-Kommission erstreckt sich dieser Schutz nur auf Maßnahmen, die er als Kommissar ergriffen hat.
