Das allererste Auto, das an diesem Abend auf der Heerstraße ausgewinkt wird, ist ein roter Opel. Abgesenkte, glänzende Rücklichter. „Lass uns genauer hinschauen“, sagt einer der Polizisten. Dann kommt André Suckow, der von seinen Kollegen als „unser Tuning-Experte“ vorgestellt wird.
Suckow geht um das Fahrzeug herum und beleuchtet die Rückseite. „Er hat Folie draufgeklebt – aber die Augen der Katze leuchten nicht zurück.“ Er bittet den Fahrer, den Motor hochzudrehen. Ein kurzer Knall aus dem Auspuff. „Es ist programmiert. Das hören wir gleich – es ist keine Standardsituation mehr.“
Der erste Fall des Abends: Ein roter Opel wird wegen Tieferlegung, Folierung und illegaler Softwaremanipulation aus dem Verkehr gezogen.
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Der Beamte steckt ein Testgerät in den Anschluss unter dem Lenkrad. „Hier wurde das Steuergerät komplett neu programmiert. Es wurde ein Leistungsprogramm eingebaut – dadurch veränderten sich sowohl die Abgaswerte als auch die Lautstärke. Damit ist die Betriebserlaubnis definitiv abgelaufen.“ Das Auto wird abgeschleppt und DEKRA erstellt ein Gutachten. Der Fahrer erhält eine Mängelanzeige, ein Bußgeld von 90 Euro und einen Punkt in Flensburg. „Typischer Fall“, sagt Suckow vor dem Ausfüllen der Formulare. „Sie fangen an, harmlos Kleinigkeiten zu verändern – und hören nicht auf. Das ist Tuning. Am Ende ist das Auto nicht mehr fahrbereit.“

40 Beamte aus Berlin und Brandenburg im Einsatz
Es ist Freitag, 17. Oktober 2025, kurz nach 16 Uhr. Die Polizei hat an der Ecke Heerstraße/Gärtnereiring in Berlin-Staaken eine Sonderverkehrskontrollstelle eingerichtet. Mehr als 40 Rettungsdienste aus Berlin und Brandenburg arbeiten zusammen. Im Fokus: Alkohol und Drogen im Straßenverkehr sowie technische Mängel an Fahrzeugen – im Rahmen der „Dark Season“-Kampagne.
„Wir führen hier gemeinsam mit der Polizei Havelland eine Sonderverkehrskontrolle durch – mit klarem Fokus auf Alkohol und Drogen sowie die technische Sicherheit der Fahrzeuge“, erklärt Polizeisprecher Ömer Keleşoğlu. „Heute sind mehr als 40 Rettungskräfte hier vor Ort.“ Es ist die zweite gemeinsame Inspektion in diesem Jahr. Im April hatten die Beamten bereits das brandenburgische Landesgebiet überprüft, nun folgt auf Berliner Seite das „Rückspiel“.
Keleşoğlu betont: „Verkehrssicherheitsarbeit kennt keine Landesgrenzen.“ Viele Autofahrer nutzen die Heerstraße, um zwischen Berlin und Brandenburg zu pendeln. Die Kontrolle richtet sich nicht nur an Autofahrer, sondern an alle Verkehrsteilnehmer – auch Radfahrer können angehalten werden.
Drogen, Alkohol und technische Defekte im Fokus
Die Polizei hatte an diesem Abend eine umfangreiche Ausrüstung dabei: beweissichere Atemalkoholgeräte und Urintests für Drogenvoruntersuchungen. „Wir haben hier die entsprechende Ausrüstung – und wenn das Ergebnis positiv ist, bestellen wir sofort eine Blutprobe“, sagt Keleşoğlu. Am Straßenrand stehen mobile Toiletten, auf denen Urinproben entnommen werden. Erfahrungsgemäß werden insbesondere Cannabis und Kokain nachgewiesen. „Das sind die typischen Betäubungsmittel, die gängigen Drogen. Es kann aber auch sein, dass Autofahrer unter dem Einfluss neuer psychoaktiver Substanzen stehen.“
Die Beamten prüfen Warndreieck, Verbandskasten und weitere Sicherheitsausrüstung – bevor die technischen Details geprüft werden.
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„Fahren unter Alkohol- und Drogeneinfluss ist eine der schwerwiegendsten Unfallursachen“, erklärt der Polizeisprecher eindringlich. „Und wenn dann noch die dunkle Jahreszeit hinzukommt – die Tage werden kürzer, die Sicht schlechter – dann verdoppelt sich das Unfallrisiko.“ Deshalb überprüft die Polizei nicht nur die Fahrer selbst, sondern auch die technische Sicherheit der Fahrzeuge – insbesondere der Beleuchtungsanlagen.
Welche Fahrzeuge angehalten werden, hängt maßgeblich von der Erfahrung der Beamten ab. „Wir haben hier Einsatzkräfte, die speziell für die Erkennung von Drogen im Straßenverkehr geschult sind“, sagt Keleşoğlu. „Man kann anhand seines Verhaltens schnell beurteilen, ob jemand unter Einfluss steht.“ Ungewöhnliches Fahrverhalten, tiefergelegte Fahrzeuge, getönte Scheiben oder laute Abgasanlagen können Anlass zum Verdacht geben. Für technische Tests stehen speziell geschulte Kollegen zur Verfügung.
Vom falschen Fahrgestell bis hin zu gefährlichen LKWs
Der rote Opel ist nicht der einzige Fall des Abends. Eine Fahrerin in einem Kleinwagen wirkt „etwas genervt“, als sie angehalten wird. Grund: Sie hat ein Zubehörchassis eingebaut, es aber nie registrieren lassen. Sie erhält eine Mängelanzeige und darf weiterfahren – muss die Eintragung aber erneut vornehmen.
Ein anderer Fahrer hat weder Führerschein noch Personalausweis dabei. „Kein Adressat, kein Dokument“, sagt die Polizistin knapp. Seine Freundin wird gebeten, die Papiere vorbeizubringen. „Es ist schade, wenn jemand nichts dabei hat“, kommentiert ein Kollege. „Damit blockiert ein ganzes Einsatzfahrzeug, das woanders dringend benötigt wird.“
Speziell geschulte Experten prüfen vor Ort die technischen Änderungen an den Fahrzeugen – vom Fahrwerk über die Folierung bis hin zu Softwaremanipulationen am Steuergerät.
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Andererseits kontrollieren Brandenburger Beamte einen Lkw – und entdecken erhebliche Mängel an der Lenkpumpe. Das Fahrzeug wird umgehend zur DEKRA gebracht. „Dies stellt eine massive Gefahr für die Verkehrssicherheit dar – dem werden wir Rechnung tragen“, sagt ein Beamter entschieden.
„Wir wollen aufwecken, nicht nur bestrafen“
„Es ist uns besonders wichtig, dass diese Maßnahmen nicht nur überraschen, sondern auch wecken“, sagt Keleşoğlu. „Wir wollen den Fahrern bewusst machen, dass es jetzt richtig gefährlich werden kann.“ Gerade in der dunklen Jahreszeit sollte jeder sein Fahrzeug überprüfen – insbesondere die Beleuchtung. „Getreu dem Motto: Licht an, klar sehen, gut ankommen.“
Die Stimmung vor Ort bleibt weitgehend ruhig, auch wenn einige Autofahrer genervt reagieren. „Es ist Freitagabend, viele Leute sind auf dem Heimweg, andere wollen feiern gehen“, sagt Keleşoğlu. „Natürlich freut sich niemand über eine Verkehrskontrolle. Aber keine Kontrolle ist persönlicher Natur.“
Die Inspektion läuft bis Mitternacht. Ursprünglich sollten auch Einsatzkräfte des Hauptzollamtes vor Ort sein – diese wurden jedoch kurz vor Beginn für einen weiteren Einsatz abgezogen. „Wir sind auf die Kooperationsbereitschaft der Bürger angewiesen“, sagt Keleşoğlu. „Die meisten Menschen verstehen, dass wir das nicht tun, um jemanden zu ärgern, sondern um Leben zu schützen.“
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