![IOC-Präsident Thomas Bach (links) winkt, Sebastian Coe, Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, klatscht Wie wird man IOC-Präsident?](https://bilder.deutschlandfunk.de/91/41/cc/78/9141cc78-890f-4822-bfe6-a2852f81409f/ioc-praesident-bach-coe-100-1920x1080.jpg)
Die Amtszeit von Thomas Bach als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) geht zu Ende. Bach stand seit 2013 an der Spitze des IOC und wird 2025 nach den maximal zulässigen zwölf Jahren in diesem Amt in den Ruhestand gehen.
Um Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu werden, muss der Kandidat bereits Mitglied des IOC sein. Die Kandidaten müssen aus dem Kreis der eingeladenen IOC-Mitglieder stammen, zu denen Adlige aus dem Nahen Osten und Europa, ein amtierender Staatschef – der Emir von Katar –, ehemalige Diplomaten und Abgeordnete, Industrielle, Führer von Sportverbänden und Sportler gehören.
Diesen Wählern ist es nicht gestattet, ihren bevorzugten Kandidaten öffentlich zu unterstützen. Den Kandidaten ist es nicht gestattet, Wahlvideos zu veröffentlichen, öffentliche Versammlungen zu organisieren oder an öffentlichen Debatten teilzunehmen.
Die Kandidatur muss mindestens drei Monate vor der Session eingereicht werden, in der die Wahl stattfindet. In Ausnahmefällen kann die Exekutive des IOC diese Frist anpassen. Die Liste der Kandidaten für die Nachfolge von Thomas Bach wurde am 16. September 2024 veröffentlicht.
Sieben IOC-Mitglieder haben ihre Kandidatur erklärt, sechs Männer und eine Frau.
Kirsty Coventry: Der Sportjournalist und Verbandsexperte Thomas Kistner bezeichnet sie als Thomas Bachs „Kronprinzessin“. Coventry ist 40 Jahre alt, stammt aus Simbabwe und ist eine ehemalige Schwimmerin mit zahlreichen Olympiamedaillen. Sie stieg schon in jungen Jahren sehr schnell im IOC auf – und auch in der nationalen Politik. Als Sportministerin ist sie das einzige weiße Kabinettsmitglied. Coventry hat im IOC bereits mehrere wichtige Aufgaben: Sie ist Vorsitzende der Koordinierungskommission für die Sommerspiele 2032 in Brisbane, sie war in den Kommissionen für den Olympic Channel und für Öffentlichkeitsarbeit. Kistner betont aber auch, dass es schon vor ihrem Amtsantritt als Sportministerin Korruptionsvorwürfe gab. Ihre Nähe zu Bach macht sie dennoch zu Kistners Favoritin.
David Lappartient: Der Präsident des Radsport-Weltverbandes ist 51 Jahre alt. Der Franzose weiß, wie man mit Saudi-Arabiens Geld den Radsport international voranbringt. Seit 2022 sitzt er im IOC. Doch seine Chancen sind eher gering. Die IOC-Ethikkommission sieht mögliche Interessenskonflikte, wenn der neue IOC-Präsident zugleich einem Weltverband vorsteht.
Sebastian Coe: Der Brite gilt als Bachs ewiger Rivale. Zum Beispiel in der Russland-Frage: Während das IOC neutrale Athleten zulässt, hält Coe an einem Wettkampfverbot in der Leichtathletik fest. Und auch sein striktes Vorgehen gegenüber der Geschlechterkategorie Frauen unterscheidet sich stark von dem, was Bach nun sagt. Dass Coe die Testosteron-Regel in der Leichtathletik unter anderem mit dem Schutz der Frauenkategorie begründet, hat ihm bereits viel Kritik eingebracht. Für Coe gilt derselbe Interessenkonflikt wie für Lappartient. Ein weiteres Problem: Der neue IOC-Präsident muss bei seinem Amtsantritt mindestens für seine achtjährige Amtszeit Mitglied des IOC sein. Coe ist aber nur so lange IOC-Mitglied, wie seine Präsidentschaft bei World Athletics dauert. Und die endet 2027.
Juan Antonio Samaranch Junior: Er ist der Sohn des weltberühmten IOC-Herrschers, der 21 Jahre lang an der Macht war. Samaranch war vor seinem Einstieg in den Sport vor allem im Finanzbereich tätig – unter anderem als Vizepräsident des Real Automovil Club de Catalunya, der die Rallye Katalonien organisiert, und als Vizepräsident des weltweiten Dachverbands der Athleten des Modernen Fünfkampfs. Samaranch Junior werde von der älteren Fraktion im IOC unterstützt, betont Sportjournalist Kistner. Allerdings ist der Spanier bereits 64 Jahre alt. Eine IOC-Regel besagt, dass Mitglieder nur bis zum 70. Lebensjahr Mitglied des IOC sein können. Wäre seine Präsidentschaft gewollt, könnte das IOC womöglich auch hier eine entsprechende Regelung finden.
Johan Eliasch: Der in Schweden geborene Geschäftsmann, milliardenschwerer Besitzer des Skiherstellers Head, ist einer der reichsten Briten. Als Sportfunktionär war der 62-jährige Eliasch von 2003 bis 2012 unter anderem für den britischen Olympiaverband tätig, seit Mai 2022 ist er Präsident des Internationalen Skiverbandes FIS. Seine Wahl löste Proteste aus, weil es nur zwei Möglichkeiten gab: für Eliasch zu stimmen oder sich zu enthalten – eine Nein-Stimme war nicht möglich.
Morinari Watanabe: Der 65-jährige Japaner ist seit Januar 2017 Präsident des Turn-Weltverbandes FIG und wurde 2021 wiedergewählt. In diesem Jahr könnte die dritte Amtszeit (bis 2028) des ersten Asiaten an der Spitze der FIG beginnen. Der 65-jährige Geschäftsmann ist seit Juli 2018 IOC-Mitglied; vor seinem Eintritt in die FIG war Watanabe Generalsekretär des japanischen Turnverbandes.
Prinz Feisal al Hussein: Der Sohn des früheren jordanischen Königs Hussein ist seit 2010 IOC-Mitglied. Der frühere Ringer und Rallye-Athlet leitet seit 2007 das Nationale Olympische Komitee seines Landes. Seit 2020 ist er IOC-Mitglied.
Der IOC-Präsident wird während einer IOC-Session in geheimer Abstimmung gewählt. Über die Nachfolge von Thomas Bach wird im vorliegenden Fall auf der 143. IOC-Session (18. bis 21. März 2025) in Athen entschieden. Das neue Mandat beginnt am 24. Juni 2025.
Der gewählte Präsident wird für eine Amtszeit von acht Jahren ernannt. Nach dieser ersten Amtszeit besteht die Möglichkeit einer einmaligen Wiederwahl um vier Jahre.
Darüber hinaus muss der Präsident während der gesamten Amtszeit Mitglied des IOC bleiben und die Bestimmungen der Olympischen Charta einhalten, darunter auch die Altersgrenze von 70 Jahren. Mit Erreichen des 70. Lebensjahrs endet die Mitgliedschaft – es sei denn, die Exekutive schlägt eine einmalige Verlängerung um vier Jahre vor, die von der IOC-Session bestätigt werden muss.
Der 70-jährige Bach, der 2013 den Belgier Jacques Rogge ablöste und 2021 für eine weitere Amtszeit als IOC-Chef bestätigt wurde, bleibt der Olympischen Charta treu.
Wenn ein IOC-Mitglied jedoch aufhört, aktiver Athlet, Präsident oder leitender Funktionär eines Nationalen Olympischen Komitees (NOK) oder eines Internationalen Verbandes (IF) zu sein, endet automatisch seine Mitgliedschaft im IOC – und damit auch seine Amtszeit als Präsident.
Um mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden, darf der IOC-Präsident nicht gleichzeitig Präsident eines Nationalen Olympischen Komitees (NOK) oder einer internationalen Sportorganisation sein. Die Einhaltung dieser Richtlinien wird von der Ethikkommission des IOC überwacht.
Für Sebastian Coe, einen der möglichen Kandidaten, gibt es auf dem Weg zum IOC-Thron deshalb viele Hürden: Er ist 67 Jahre alt und Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes. An diese Präsidentschaft ist seine IOC-Mitgliedschaft gebunden. Seine Amtszeit endet allerdings 2027 nach zwölf Jahren. Auch Coes Altersfreigabe durch das IOC-Exekutivkomitee würde während einer Präsidentschaft von 2025 bis 2033 auslaufen.
Ein weiterer erwarteter Kandidat, IOC-Vizepräsident Juan Antonio Samaranch Jr., der im November 65 Jahre alt wird, könnte angesichts der Altersgrenze von 70 Jahren ebenfalls auf rechtliche Hürden stoßen.
Sollte der IOC-Präsident aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht in der Lage sein, seine Aufgaben zu erfüllen, übernimmt der dienstälteste Vizepräsident vorübergehend seine Aufgaben.
Neben dem Alter und der IOC-Mitgliedschaft könnten für die kommende Wahl auch andere Faktoren ausschlaggebend sein, sagte Jürgen Mittag, Politikwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule Köln, im Deutschlandfunk: „Die Kategorie Geschlecht spielt meiner Meinung nach eine ganz zentrale, wichtige Rolle“, sagte er.
Noch nie habe eine Frau an der Spitze des IOC gestanden. „Das wird sicherlich ein starkes Argument sein, inwieweit der Modernisierungskurs auch über diesen Aspekt geregelt werden sollte.“
Ein weiterer Faktor sei die Herkunft des möglichen neuen IOC-Präsidenten. „Die Wahrscheinlichkeit, dass die Staaten jenseits Europas ihre Stimme erheben, nicht nur als Staaten, sondern auch als Mitgliedsverbände, ist nicht als unerheblich einzustufen“, analysiert Mittag.
„Der internationale Sport steht noch immer vor einer großen Bewährungsprobe, gerade was die Haltung gegenüber Russland oder den russisch-ukrainischen Krieg betrifft“, sagte Mittag. Der neue IOC-Präsident – oder die neue Präsidentin – stehe zudem vor der Herausforderung, die Spaltung in der Sportwelt nicht noch weiter wachsen zu lassen.
In den vergangenen Jahren hat die Russland-Frage die westlichen Verbände oft gegen den Rest der Welt aufgebracht. „Es wird die Aufgabe eines künftigen IOC-Präsidenten sein, die Einheit zu wahren“, sagte Mittag.
Zudem seien noch Herausforderungen zu bewältigen, etwa Fragen zum europäischen Sportmodell oder zum Monopol internationaler Sportverbände bei der Ausrichtung von Weltmeisterschaften. „Dann sieht man, welche Herausforderungen in absehbarer Zukunft auf das IOC und den Weltsport insgesamt zukommen. Und die Frage der Einheit, der Wahrung der Einheit ist sicher eine der zentralen Herausforderungen, wenn nicht die zentrale.“
og/vic