Wenn Holger Bach mit seinem Elektroauto unterwegs ist, hat er immer drei bis vier verschiedene Kundenkarten im Portemonnaie. Er braucht es, um sein Elektroauto unterwegs laden zu können. Auch anderen E-Auto-Fahrern empfiehlt er, mehrere Karten verschiedener Anbieter inklusive passender App auf dem Handy zu haben. Holger Bach ist Leiter der Abteilung Mobilität und Technik beim ADAC Württemberg und kennt die aktuellen Tücken der E-Mobilität.
Eine Ladestation – aber unterschiedliche Strompreise
Hat man erst einmal einen freien Platz an einer Ladesäule gefunden, beginnt die Suche nach dem passenden Tarif oft erst. Denn anders als beim Benzinpreis gibt es für den Ladestrom keinen festen Preis pro Kilowattstunde. Es kommt darauf an, ob Sie Kunde des jeweiligen Anbieters sind, ob Sie einen Vertrag mit einer Grundgebühr haben, die den Strompreis günstiger macht, oder ob Sie ganz unabhängig mit EC-Karte bezahlen möchten.
Auch das war lange Zeit nicht möglich. Nach Angaben der Verbraucherzentrale waren Anbieter schon lange zurückhaltend bei der Zahlung per Bankkarte. Die Anbieter haben nun bis Ende 2026 Zeit, ihre Ladesäulen umzurüsten. In der Zwischenzeit ist es also sicherer, mehrere Kundenkarten zu haben.
Elektroauto laden: Ohne Vertrag ist es oft teuer
Für Kunden, die unterwegs sind und spontan mit der Debitkarte bezahlen möchten, fallen oft erhebliche Preisaufschläge an. Eine ADAC-Auswertung vom Juli ergab: Wer ohne Vertrag laden will, zahlt bis zu 62 Prozent mehr. Vor allem an Autobahnraststätten ist das Laden teurer.
Verkehrsminister Hermann: Unterschiedliche Ladepreise sind „Wucher“
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hält das für sehr intransparent: „Es muss auf einen Blick klar sein, was das Laden kostet – wie das Tanken.“ Das Land legt daher einen Vorschlag bei der Verkehrsministerkonferenz vor. Der Minister will, dass Anbieter ihre Preisdaten offenlegen müssen. Ein Aufpreis von mehr als 20 Cent für Drittkunden ist unzumutbar. „Es kann nicht sein, dass man für die gleiche Kilowattstunde manchmal das Doppelte zahlt. Das lässt sich nicht rechtfertigen. Das ist eigentlich Wucher“, erklärt der Minister.
Es verunsichert auch Verbraucher, die darüber nachdenken, ob sie auf Elektromobilität umsteigen sollten. Der Anteil reiner Elektrofahrzeuge liegt in Baden-Württemberg derzeit nur bei rund vier Prozent, trotz deutlich steigender Neuzulassungen.
So entwickelte sich der Ausbau öffentlicher Ladestationen im Land:
Zweitwagen-Initiative von BW innerhalb kurzer Zeit
Eine EU-Verordnung (AFIR) schreibt nun vor, dass die Ladepreise an den Säulen offen angezeigt werden müssen. Bei Bedarf mit einem Schild, das nachträglich angebracht wird. Dies ist jedoch noch nicht überall der Fall. Bis Ende 2026 haben die Anbieter Zeit, die EU-Verordnung umzusetzen. Der baden-württembergische Verkehrsminister hätte es ohnehin lieber, wenn die Ladepreise in der Navigations-App des Autos angezeigt würden. Mit der Initiative auf der Verkehrsministerkonferenz will Baden-Württemberg Druck auf den Bund ausüben, einzugreifen, wenn die Ladepunktanbieter aus eigener Kraft nicht ausreichend Transparenz schaffen.
Es ist die zweite Auto-Initiative aus Baden-Württemberg innerhalb kurzer Zeit. Erst vor rund zwei Wochen hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eine Initiative zu Tankstellenpreisen in den Bundesrat eingebracht. Die Autoregion Baden-Württemberg steht unter Druck. Verschiedene Automobilhersteller und Zulieferer haben einen Stellenabbau angekündigt.
