Was ist der Ausgangspunkt?
- AfD: 32,8 Prozent | 32 Sitze
- CDU: 23,6 Prozent | 23 Sitze
- BSW: 15,8 Prozent | 15 Sitze
- Die Linke: 13,1 Prozent | 12 Sitze
- SPD: 6,1 Prozent | 6 Sitze
Wie geht es weiter im Landtag?
Haben die gewählten Kandidaten ihr Landtagsmandat angenommen, bilden die Abgeordneten, die derselben Partei angehören, im Landtag gleichnamige Fraktionen. Spätestens 30 Tage nach der Wahl, also am 1. Oktober 2024, muss der neugewählte Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten. So regelt es die Thüringer Verfassung.
Mit der konstituierenden Sitzung endet die 7. Wahlperiode des Thüringer Landtags. Bis dahin üben die gewählten Abgeordneten des 7. Thüringer Landtags weiterhin ihr Mandat aus und können beispielsweise weiterhin an Ausschusssitzungen teilnehmen.
Einen genauen Termin für die erste Sitzung des neuen Landtags gibt es noch nicht, im Gespräch ist allerdings der 26. oder 27. September.
Was passiert in der konstituierenden Sitzung?
Die neuen Abgeordneten kommen erstmals als Fraktionen im Plenarsaal zusammen. Bis zur Wahl eines neuen Landtagspräsidenten leitet der älteste Abgeordnete die konstituierende Sitzung.
Erst dann können die neugewählten Landtagsabgeordneten ihre Rechte und Pflichten als Abgeordnete wahrnehmen. In der konstituierenden Sitzung werden außerdem nach Maßgabe der Geschäftsordnung die Schriftführer gewählt und der Petitionsausschuss gebildet.
Wie wird ein Landtagspräsident gewählt?
Nach der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags darf zunächst die stärkste Partei einen Kandidaten für das Amt des Landtagspräsidenten vorschlagen. Dies ist nun die AfD. Die Abstimmung erfolgt geheim und ohne vorherige Debatte im Parlament.
Gewählt ist, wer die einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält, also mehr Ja- als Nein-Stimmen. Wird eine solche Mehrheit nicht erreicht, wird die Wahl wiederholt. Ergibt sich auch im zweiten Wahlgang keine Mehrheit, kann die stärkste Fraktion den ersten vorgeschlagenen oder einen neuen Kandidaten vorschlagen. Ab diesem Wahlgang können auch die anderen Fraktionen eigene Vorschläge unterbreiten.
Dies wird vermutlich deshalb geschehen, weil es als unwahrscheinlich gilt, dass ein AfD-Vertreter die erforderliche Mehrheit erhält. CDU-Chef Mario Voigt, BSW-Chefin Katja Wolf, SPD-Chef Georg Maier, Ulrike Große-Röthig und Christian Schaft (Die Linke) haben angekündigt, dass ihre Fraktionen keinen AfD-Politiker zum Landtagspräsidenten wählen werden.
Gibt es im dritten Wahlgang mehrere Kandidaten, gewinnt der Kandidat, der mehr Stimmen als alle anderen Kandidaten erhält.
Sollte dieses Ergebnis nicht eintreten, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen. Sieger ist dann der Kandidat mit den meisten Stimmen. Der neue Landtag kann nun seine Arbeit aufnehmen.
Da weder Landesverfassung noch Geschäftsordnung des Landtags das genaue Vorgehen beim Scheitern eines Kandidaten im Detail regeln, gibt es Befürchtungen, dass die AfD gegen das Verfahren klagen und damit den Landtagsbetrieb über Wochen lahmlegen könnte.
Wie wird eine neue Regierung gebildet?
Zunächst wird ein Premierminister gewählt. Anschließend ernennt er oder sie die Minister der neuen Regierung.
Bei der Wahl des Premierministers muss ein Kandidat im ersten oder zweiten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichen, um gewählt zu werden. Im dritten Wahlgang ist jedoch der Kandidat gewählt, der die meisten Stimmen erhält.
Weil die AfD im Parlament stärkste Kraft würde, müssten immer mehrere Fraktionen zusammenarbeiten, wenn sie etwa verhindern wollten, dass Björn Höcke im Falle einer Kandidatur Ministerpräsident wird.
Wie sieht der Zeitplan für die Wahl eines Premierministers aus?
Einen vorgeschriebenen Zeitraum, in dem die Wahl eines Ministerpräsidenten erfolgen muss, gibt es nicht. Nach der Wahl 2019 vergingen bis zum ersten Wahlgang vier Monate. In der Regel einigen sich die Parteien, die eine Regierung bilden wollen, zunächst auf einen Personalvorschlag. Diesen können die an der Regierung beteiligten Fraktionen im Landtag zur Wahl einreichen.
Nach der Geschäftsordnung wäre es möglich, dass der Landtag frühestens 48 Stunden nach Einreichung des Wahlvorschlags zu einer Sitzung zusammentritt.
Welche Parteien wollen eine Regierung bilden?
Doch verfügen die drei Parteien im neuen Parlament nur über 44 Sitze – ihnen würde eine Stimme zur Mehrheit fehlen. Damit sind sie auf mindestens eine Stimme der Opposition angewiesen, also in diesem Fall AfD und Linke. Sollen Mehrheiten ohne Beteiligung der AfD gebildet werden, wäre die Blackberry-Koalition auf die Duldung der Linken angewiesen.
Linken-Chefin Ulrike Große-Röthig stellte eine Alternative vor: „Rot-Rot-Rot hat auch in Thüringen 36 Prozent“, sagte sie. Wenn die CDU keine Koalition bilden, aber geduldet werden wolle, dann könne sie letztlich Rot-Rot-Rot dulden.
Ähnlich äußerte sich Ramelow gegenüber dem „Spiegel“: „Wenn wir schon von absurden Dingen reden: SPD, Linke und BSW bilden zusammen Rot-Rot-Rot“, sagte er. „Und die CDU duldet das, damit sie ihren Beschluss durchsetzen kann. Das ist nicht verboten, die machen das seit fünf Jahren.“
Thüringens SPD-Chef Georg Maier sagte, es sei für seine Partei eine Option, in die Opposition zu gehen. Hauptgrund dafür seien Vorbehalte innerhalb der Thüringer SPD gegenüber einer Koalition mit dem BSW. Die SPD sei sich ihrer politischen Verantwortung für Thüringen bewusst, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, betonte Maier.
Weil keine der Parteien mit der AfD kooperieren will, führt an der Linkspartei von Ministerpräsident Bodo Ramelow wohl kein Weg vorbei. Die CDU sieht sich allerdings mit einem Unvereinbarkeitsbeschluss konfrontiert, der ihr eine Zusammenarbeit weder mit der AfD noch mit der Linkspartei verbietet.
Wer hat schon mit wem gesprochen?
Die Thüringer Spitzen von CDU und BSW trafen sich am 4. September in Erfurt zu einem ersten Gespräch, um über das weitere Vorgehen nach der Landtagswahl zu beraten. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt kam mit dem Generalsekretär der Partei, Christian Herrgott. Auch die beiden Landesvorsitzenden Katja Wolf und Steffen Schütz vom Bündnis Sahra Wagenknecht waren dabei. Ein CDU-Sprecher erklärte, die Inhalte des Austausches würden vertraulich bleiben.
Voigt sprach mit Sahra Wagenknecht auch über eine mögliche Zusammenarbeit in Thüringen. Das Gespräch sei konstruktiv verlaufen, sagte ein CDU-Sprecher. Voigt und Wagenknecht sprachen über mögliche gemeinsame Projekte in der Bildungs- und Migrationspolitik sowie beim Bürokratieabbau. Auch außenpolitische Themen seien besprochen worden, sagte der Sprecher. Über den Inhalt des Gesprächs vereinbarten Voigt und Wagenknecht allerdings Stillschweigen.
Auch Mario Voigt (CDU) traf sich am 4. September mit SPD-Landeschef Georg Maier. Für Maier ist nach diesem ersten Gespräch mit der CDU ein Rückzug der Sozialdemokraten in die Opposition nicht vom Tisch.
CDU-Chef Mario Voigt traf sich im Thüringer Landtag auch mit den beiden Linken-Vorsitzenden Ulrike Grosse-Röthig und Christian Schaft. Ziel sei es, eine Gesprächsfähigkeit zwischen den Akteuren im Parlament herzustellen, sagte Grosse-Röthig. Voigt wollte sich nach dem Treffen nicht äußern.
Thüringens SPD-Chef Georg Maier sprach in Erfurt auch mit BSW-Landesvorsitzender Katja Wolf. Maier sprach von einem Kennenlerngespräch. Details zu den Inhalten nannten beide nicht. Mit dem Thüringer Landesverband des Bündnisses Sahra Wagenknecht habe es laut Maier bisher kaum Kontakt gegeben. Der SPD-Landesvorsitzende sagt, er besuche derzeit die Thüringer Landesverbände, um ein Gespür für die Stimmung an der Parteibasis zu bekommen.
Maier hatte im Vorfeld erklärt, er habe auch eine Einladung des Bündnisses Sahra Wagenknecht erhalten. Es handele sich um ein Optionengespräch, nicht um ein Sondieren, betonte der 57-Jährige. Er habe ein ungutes Gefühl angesichts der Hürden, die BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht für Gespräche in Thüringen aufgebaut habe, bei denen es vor allem um eine andere Ukraine-Politik der SPD-geführten Bundesregierung ging. Viele Sozialdemokraten zeigten sich empört, dass BSW-Vertreter die SPD im Wahlkampf als Kriegstreiberin dargestellt hätten.
Die Thüringer Landesvorsitzenden von Linken und Wagenknechts Partei berieten in Erfurt über die politische Lage nach der Landtagswahl. „Thüringen hat politische Stabilität verdient“, erklärten die beiden Landesvorsitzenden der Linken, Christian Schaft und Ulrike Grosse-Röthig. Über die Inhalte des Gesprächs vereinbarten sie Vertraulichkeit.
Die AfD ist mit ihrem Rechtsextremisten Björn Höcke isoliert – keine der in den Landtag eingezogenen Parteien will mit dieser Partei zusammenarbeiten. Der AfD-Landesvorstand beschloss dennoch einstimmig, die Parteispitzen von CDU und Sahra Wagenknecht-Bündnis (BSW) zu Gesprächen einzuladen. Ziel sei es, „auszuloten, ob es eine gemeinsame Basis für eine Zusammenarbeit gibt“, sagte ein Sprecher. Eine Regierungsbeteiligung der AfD, die der Verfassungsschutz des Landes als eindeutig rechtsextremistisch einstuft, gilt als unwahrscheinlich.
Bisher war die AfD mit ihren Einladungen zu Gesprächen zur Regierungsbildung erfolglos. Die Einladungen wurden am 4. September verschickt. Das Sahra Wagenknecht-Bündnis (BSW) habe das Angebot am Folgetag abgelehnt, sagte ein AfD-Sprecher. Eine Antwort der CDU steht noch aus.
Wer setzt die Wahl des Premierministers auf die Tagesordnung?
Zunächst einigen sich die Parteien, die eine Regierung bilden wollen, auf einen Personalvorschlag. Diesen Personalvorschlag können die an der Regierung beteiligten Fraktionen im Landtag dann zur Wahl im Landtag einreichen. Laut Geschäftsordnung wäre es möglich, dass der Landtag frühestens 48 Stunden nach Einreichung des Personalvorschlags zu einer Sitzung zusammentritt.
Den Termin für die Wahl des Ministerpräsidenten legt der Landtagspräsident im Benehmen mit allen Fraktionen fest.
Wer wird die Regierung führen, wenn kein Premierminister gewählt wurde?
Die Amtszeit der Mitglieder der Landesregierung endet gemäß Verfassung mit der Einberufung eines neuen Landtags, also spätestens am 30. Tag nach der Landtagswahl.
An dieser Stelle kommt die Phase der geschäftsführenden Landesregierung ins Spiel. Gemäß Artikel 75 der Verfassung haben der Premierminister und auf seinen Wunsch die Minister die Pflicht, die Geschäfte bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger weiterzuführen.
Wie lange kann die alte Regierung als Übergangsregierung im Amt bleiben?
Die Regierung kann als Übergangsregierung im Amt bleiben, bis die neue Regierung gebildet ist und ihre Arbeit aufgenommen hat. Ein genaues Datum, bis zu dem dies geschehen muss, gibt es nicht. Theoretisch kann die Regierung als Übergangsregierung die gesamte Wahlperiode über im Amt bleiben.