Der Ausbau des Glasfaser-Internets schreitet voran. Bei Ausgrabungen werden häufig sogenannte Erdraketen eingesetzt – dabei kann es zu gefährlichen Unfällen mit Gasleitungen kommen.
Sogenannte Erdraketen werden im Glasfaserbau häufig zum Ausbau der Breitbandkommunikation eingesetzt. Die Ausrüstung bewegt sich durch den Boden und macht das Ausheben von Gräben überflüssig. Allerdings sind Unfälle aufgrund vorhandener Gasleitungen nicht auszuschließen. So kam es im rheinland-pfälzischen Daaden (Kreis Altenkirchen) während Bauarbeiten zu einer schweren Explosion.
Acht Verletzte in Daaden-Herdorf
Am 25. September, gegen 16:15 Uhr, hörte Oberbürgermeister Helmut Stühn in seinem Büro im Daadener Rathaus einen lauten Knall und verspürte eine Druckwelle. „Dann sah ich Trümmer durch die Gärten benachbarter Häuser fliegen“, sagt er. Das Rathaus der Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf im Westerwald liegt nur 30 Meter von dem durch eine Gasexplosion völlig zerstörten Wohn- und Geschäftshaus entfernt. Zuvor war den Bauarbeitern Gasgeruch aufgefallen, die Explosion konnte jedoch nicht verhindert werden.
„Die Wände waren weg, die Dachkonstruktion lag auf dem Boden. Es hat richtig gebrannt“, erinnert sich Augenzeuge Dirk Kosbab. Zwei Wochen nach der Explosion sind die Trümmer noch nicht beseitigt und am Unglücksort türmt sich ein riesiger Trümmerberg. Acht Menschen wurden bei dem Unfall verletzt, darunter ein 15-jähriger Teenager, der mit schweren Verbrennungen im Krankenhaus liegt. Noch immer wirkt Bürgermeister Helmut Stühn berührt, wenn er darüber spricht.
Netzwerkunternehmen kritisiert häufige Unfälle
Die Deutsche Telekom bestätigte, dass bei den Glasfaserarbeiten eine Gasleitung beschädigt wurde. Bei den Arbeiten kam eine sogenannte Erdrakete zum Einsatz. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt nun, wie es genau zu dem Unfall kommen konnte. Ein Sprecher sagte, die polizeilichen Ermittlungen zur Gasexplosion seien noch im Gange.
Erdraketen, auch Verdrängungshämmer genannt, werden im Tiefbau häufig beim Verlegen von Erdkabeln, Rohren oder Tunneln eingesetzt. Angetrieben durch Druckluft bewegt sich das bis zu zwei Meter lange Gerät durch den Untergrund und verdrängt und verdichtet gleichzeitig den Boden. Der Vorteil besteht darin, dass keine offenen Gräben ausgehoben werden müssen.
Doch die NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg, die auch Gasverteilnetze in Sachsen und Sachsen-Anhalt betreibt, kritisiert, dass es beim Einsatz dieser Technik immer wieder zu Unfällen kommt. Das Unternehmen beklagt, dass es im vergangenen Jahr „an fast jedem Arbeitstag Schäden an der Gasinfrastruktur durch Dritte“ gegeben habe. Das belegen aktuelle Statistiken aus der Gesellschaft. Diese seien „hauptsächlich auf Erdarbeiten und den Einsatz von Erdraketen zurückzuführen“, sagt der Pressesprecher des Netzwerkunternehmens, Andreas Wendt.
Bundesverband Glasfaseranschluss sieht kein Risiko
Nach der schweren Explosion in seiner Gemeinde im Westerwald sah Bürgermeister Stühn Handlungsbedarf. Von den beiden Unternehmen, die gemeinsam mit der Deutschen Telekom den Glasfaserausbau umsetzen, bekam er die Zusage, dass dort, wo Gaspipelines verlaufen, keine Erdraketen mehr zum Einsatz kommen würden. Damit wolle er „das Sicherheitsgefühl der Bürger stärken“, erklärt Stühn.
Bundesweit arbeiten mehr als 300 Unternehmen am Glasfaserausbau, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Glasfaseranschlüsse (BUGLAS), Wolfgang Heer. Etwa die Hälfte davon hat sich im Verein zusammengeschlossen.
Beim Einsatz von Bodenraketen sieht Heer kein erhöhtes Risiko; Tatsächlich ist die Technologie seit Jahren erprobt und erprobt. Es sei entscheidend, vor der Nutzung genau zu wissen, wie der Untergrund aussieht, sagt Heer: „Schwierig wird es manchmal, wenn die Versorgungsleitungen schon vor mehreren Jahrzehnten verlegt und nicht ordnungsgemäß dokumentiert wurden.“ Das Problem betrifft dann auch andere Verlegemethoden.
Seien Sie besonders vorsichtig Tiefbauarbeiten
Das bestätigt auch Karsten Körkemeyer, Professor für Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau. Er betont, dass Erdraketen „standardmäßig und häufig“ eingesetzt würden. Die Technologie ist sicher und leistet einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Bauingenieurwesen, da kein Boden ausgehoben, abtransportiert und auf Deponien gelagert werden muss.
„Das alles spart Ressourcen, vermeidet Lärm, Abgase und Straßensperrungen. Das vermeidet erhebliche Kosten und spart zudem viel Zeit“, sagt Körkemeyer. Allerdings stehen Tiefbauarbeiten in Kommunen immer wieder vor der Herausforderung, dass zahlreiche Leitungen und Kabel im Erdreich verlegt werden. Es gelte daher, „die bestehenden Linien und deren Trassen sorgfältig zu erkunden“.
„Erdraketen sind unverzichtbar“
Üblicherweise werde vor Baubeginn mit den Netzbetreibern Kontakt aufgenommen, gelegentlich würden auch Testschlitze gegraben, um die genaue Lage von Leitungen zu vermessen, erklärt der Experte. Allerdings sind die Angaben der Netzbetreiber nicht immer vollständig und präzise genug. Beim Einsatz von Erdraketen ist, wie auch beim konventionellen Aushub von Versorgungsgräben, auf ausreichenden Abstand zu bestehenden Leitungen zu achten.
Laut Körkemeyer erzeugen Erdraketen in der Umgebung auch Vibrationen im Boden. Insbesondere bei alten Gasleitungen kann es zu Undichtigkeiten in den Rohrverbindungen kommen. Dies sollte jedoch auch bei konventionellen Tiefbauarbeiten berücksichtigt werden. „Wenn wir den Netzausbau wirklich beschleunigen wollen, sind Erdraketen und andere grabenlose Methoden unverzichtbar“, sagt Körkemeyer.
Erweiterung der Glasfaser-Internet geht voran
Im Sommer gab der Bundesverband Breitbandkommunikation bekannt, dass der Ausbau des Glasfaser-Internets schneller voranschreite als erwartet. Allerdings wird es noch Jahre dauern, bis eine vollständige Abdeckung erreicht ist. In Deutschland werden mittlerweile 24,3 Millionen Haushalte, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mit Glasfaseranschlüssen versorgt.
Nur 12,6 Millionen davon sind tatsächlich vernetzt. Dies entspricht einer Abdeckung von rund 27 Prozent. Das ergab die Marktanalyse 2025 des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (Breko) im Juni. Nach Angaben des Verbandes wird das Ziel der alten Bundesregierung, bis 2030 eine flächendeckende Glasfaserversorgung zu erreichen, verfehlt. Bis 2030 wird ein Glasfaseranteil von 82 bis 92 Prozent erwartet.
Im rheinland-pfälzischen Daaden geht der Glasfaserausbau auch nach der schweren Explosion weiter. Viele Bewohner haben ein ungutes Gefühl. „Natürlich haben viele Leute hier jetzt Angst, wenn die Glasfaserleute ankommen“, sagt Bülent Yapar, der neben der Unfallstelle ein Restaurant betreibt. Wie es zu der schweren Explosion kam, ist noch unklar. Und auch wer für den Schaden aufkommen muss. Die Deutsche Telekom hat Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben, finanzielle Hilfe angeboten.