US-Präsident Trump hatte Nigeria mit einem Militäreinsatz gedroht, wenn Christen nicht besser vor Gewalt geschützt würden. Das sorgt in Nigeria für Schlagzeilen. Doch die Lage ist komplexer als Trump darstellt.
Die Zeitungen in Nigeria sind voll von Trump. In großen Lettern ist auf den Titelseiten zu lesen, womit der US-Präsident dem westafrikanischen Land droht: Militäreinsätze und Kürzungen der Hilfsgelder, wenn die nigerianische Regierung nicht verhindert, dass Christen im Land verfolgt und getötet werden.
Doch die Ursachen der Gewalt in Nigeria sind viel komplexer. Deshalb sind die Reaktionen im Land gemischt. Eine Geschäftsfrau in der Hauptstadt Abuja glaubt, dass ihre eigene Regierung mehr tun muss. „Für mich ist es sehr wichtig, dass die USA eingreifen, denn das ist hier seit vielen Jahren ein Problem und es wurde nichts unternommen“, sagt Juliet Sur. „Ich denke also, wenn Donald Trump sagt, dass sie eingreifen wollen, dann sollten sie das tun, daran ist nichts auszusetzen.“
Ganz anderer Meinung ist ein Unternehmer aus Lagos, Nigerias größter Stadt mit geschätzten 15 Millionen Einwohnern. Er findet Trumps Aussage viel zu einseitig. „Es werden nicht nur Christen getötet“, sagt Popoola Israel. „Auch Menschen, die keine Christen sind, werden getötet.“
Mehr als 250 ethnische Gruppen in Nigeria
In Nigeria leben gut 230 Millionen Menschen. Fast dreimal so viele wie in Deutschland. In dem westafrikanischen Land gibt es ganz unterschiedliche Auslöser für Konflikte: kommunale Streitigkeiten, ethnische Rivalitäten. In Nigeria leben über 250 ethnische Gruppen zusammen.
Es gibt auch religiös motivierte Konflikte. Die nigerianische Bevölkerung ist etwa zur Hälfte muslimisch und zur Hälfte christlich. Es gibt islamistische Gruppen, die Christen angreifen, entführen oder ermorden. Das passiert seit vielen Jahren immer wieder.
Christen leben hauptsächlich im Süden des Landes. Die meisten Angriffe ereigneten sich jedoch seit vielen Jahren im Norden Nigerias. Dort stellen zwei Terrorgruppen eine große Gefahr dar: Boko Haram und ein IS-Ableger, der sich „Provinz Islamischer Staat Westafrika“ nennt. Sie wollen einen islamischen Staat errichten, in dem strenge Scharia-Gesetze gelten.
Terroristische Organisationen richten sich auch gegen Muslime
Die Gewalt dieser Terrorgruppen richtet sich auch gegen Muslime. Trumps Aussage über die gefährdeten Christen in Nigeria sei also nur teilweise richtig, sagt Malik Samuel von der Nichtregierungsorganisation Good Governance Africa. „Dies ist kein christlicher Völkermord, weil die Fakten dies nicht belegen“, sagte Samuel. „Die meisten Opfer der Gewalt von Boko Haram sind Muslime. Daher ist es nicht richtig, diesen Konflikt auf die Religion zu reduzieren. Wichtig ist, dass die nigerianische Regierung diese Bedrohung als Bedrohung für das Leben jedes Nigerianers behandelt.“
Der Politikanalyst fügt hinzu, dass Nigeria seit Jahren ein wichtiger Partner der USA sei. Daher ist jede Hilfe, die das Land im Kampf gegen Terrorismus und Unsicherheit erhält, willkommen. Aber: Nigeria ist ein souveräner Staat. Militäreinsätze konnten nicht allein, sondern nur gemeinsam mit der nigerianischen Regierung gestartet werden. Insofern handelt es sich bei Trumps Äußerungen lediglich um Drohungen.