Nicht nur die SPD schaut mit Spannung auf den Wahlausgang in Brandenburg. Auch für die Ampel-Koalitionspartner FDP und Grüne steht viel auf dem Spiel – und schon steht die Bundestagswahl vor der Tür.
Auch in der Schlussphase wird noch getrommelt: Grüne und liberale Bundespolitiker sind diese Woche in Cottbus, Teltow und Potsdam auf Tour. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock war beim Erntedankfest im Lausitzer Drachhausen, Grünen-Parteichef Omid Nouripour in Eberswalde.
Zum Abschluss des Wahlkampfes kommt FDP-Chef Christian Lindner nach Potsdam. Ende August besann er sich bei einem Wahlkampffrühstück in einer Beelitzer Bäckerei auf Familientraditionen. „Mein Ururgroßvater war Bäckermeister, mein Urgroßvater auch“, sagte er.
Doch trotz ihrer bundesweiten Bekanntheit kann die FDP in Brandenburg nur geringe Zugewinne verzeichnen. In Wahlumfragen taucht sie nur unter „sonstigen Parteien“ auf – gemeinsam mit der Tierschutzpartei und der DKP. Den Einzug in den Landtag in Potsdam dürften die Liberalen erneut verpassen.
Die Grünen stehen in den Umfragen kurz vor dem Absturz – mal knapp unter, mal etwas über fünf Prozent. Was bedeutet das für die Partei auf Bundesebene und für die Bundesregierung? Co-Parteichefin Ricarda Lang winkt ab: „Für mich steht nicht im Vordergrund, welche Bedeutung diese Wahl für mich oder für die Grünen hat, sondern welche Bedeutung diese Wahl für Brandenburg hat.“
Doch weniger als fünf Prozent wären für die Grünen ein erneuter Rückschlag. Sie wären dann wohl raus aus der Landesregierung. Letzte Hoffnung: ein Direktmandat in der Landeshauptstadt Potsdam. Das könnte ihnen den weiteren Einzug in den Landtag sichern.
Für die Grünen steht nach den Niederlagen in Sachsen und Thüringen am Sonntag einiges auf dem Spiel. Das Problem ist, dass sie das Image einer Verbots- und Regulierungspartei einfach nicht loswerden. Das umstrittene Heizungsgesetz zum Beispiel geistert ihnen noch immer nach. Fehler in der eigenen Arbeit werden von anderen ausgenutzt.
„Vorwürfe erfolgreich platziert“
„Dieser Vorwurf, die Grünen wollten das Volk erziehen, ist in Teilen der Gesellschaft tatsächlich sehr erfolgreich platziert worden“, sagt Thorsten Faas, Politikwissenschaftler an der Freien Universität Berlin. „Wenn sich das einmal etabliert hat, wird man es nur schwer wieder los.“
Zumal die Parteichefs von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder, derzeit keine Gelegenheit auslassen, ihre Ablehnung der Grünen zu bekräftigen.
Über die drei Landtagswahlen hinaus und mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr stehen die Grünen vor der Frage, ob sie ihr schlechtes Image loswerden können. Spätestens seit den herben Stimmenverlusten bei der Europawahl im Juni suchen sie eine Besinnung auf sich selbst: Mehr positive Bilder, mehr Zuhören, verspricht Ricarda Lang. „Politik nicht als Bühne begreifen“, um den Leuten Dinge zu erklären, „sondern als Dialog und die Sorgen der Leute tatsächlich ernst nehmen.“
Viele Ankündigungen und Beschlüsse – doch dann gibt es schon wieder das Gezerre in der Ampel-Regierung: um die Migrationspolitik, aktuell die Intel-Milliarden, den Klimaschutz.
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Das Regieren auf Bundesebene werde nicht einfacher, sagt Politikwissenschaftler Faas. Nach der Brandenburg-Wahl komme in einem Jahr die Bundestagswahl: „Das heißt, die Interessen der Parteien, die Einzelinteressen, überwiegen immer stärker die gemeinsamen Interessen der Koalition – und das wird das gemeinsame Regieren sicher immer schwieriger machen.“ Nach mehr Harmonie in der Ampel-Koalition klingt das nicht.
Grüne und FDP müssen sich nach der Landtagswahl in Brandenburg wohl erneut fragen, wie sie – jede Partei für sich – bis September 2025 die Wende schaffen wollen. In den Medien wird bereits offen über personelle Konsequenzen im grünen Wahlkampfteam spekuliert.
Die FDP dagegen steckt in ihrem alten Dilemma fest: Sie will sich profilieren, schadet damit aber der Ampel-Regierung. Wie sie aus dieser Situation herauskommen und trotzdem noch sichtbar sein will, vor allem in Ostdeutschland, darauf hat sie bislang keine Antwort gefunden.