Wettbewerbsfähigkeit am TiefpunktMisere Stimmung in der deutschen Industrie
Der Befund ist alarmierend: Mehr deutsche Unternehmen als je zuvor schätzen ihre Wettbewerbsfähigkeit als miserabel ein. Und das branchenübergreifend.
Die deutsche Industrie schätzt ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit so schlecht ein wie nie zuvor. Im Oktober meldeten 36,6 Prozent der befragten Unternehmen einen Rückgang ihrer Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu Ländern außerhalb der Europäischen Union, wie das Münchner Ifo-Institut in seiner Umfrage mitteilte. „So viele gab es in den Ifo-Umfragen noch nie“, hieß es. Bei der letzten Befragung im Juli lag der Anteil bei 24,7 Prozent. Auch innerhalb Europas nimmt der Druck zu: Der Anteil der Unternehmen mit sinkender Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu EU-Mitgliedsstaaten stieg von 12,0 auf 21,5 Prozent – ebenfalls ein Negativrekord.
„Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie ist auf einem neuen Tiefpunkt“, kommentierte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, die Entwicklung. „Das zeigt, wie stark sich die strukturellen Probleme mittlerweile auswirken.“
Den Angaben zufolge ist die Wettbewerbsfähigkeit branchenübergreifend zurückgegangen. Besonders dramatisch ist die Situation in energieintensiven Unternehmen. In der Chemieindustrie meldete mehr als jedes zweite Unternehmen eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit. Ähnlich hoch ist der Anteil bei den Herstellern elektronischer und optischer Produkte (47 Prozent). Im Maschinenbau liegt der Anteil bei etwa 40 Prozent.
„Die strukturellen Probleme sind bekannt – jetzt gilt es, sie entschlossen anzugehen“, sagte Wohlrabe. „Ohne tiefgreifende Reformen droht Deutschland im internationalen Vergleich noch weiter zurückzufallen.“
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche fordert weitreichende Reformen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiv zu machen. „Die Lage ist ernst“, sagte der CDU-Politiker am Montag in einer Grundsatzrede in Berlin. Deutschland steckt in einer Strukturkrise. Eine dauerhafte Rückkehr in die Spitzengruppe erfordert ein umfassendes Fitnessprogramm – „eine Agenda 2030“.
