Die ersten Minuten waren die interessantesten, denn gleich zu Beginn der Show kam es zu diesem Schlagabtausch mit Sahra Wagenknecht, den Markus Lanz als „Kulturkampf“ bezeichnete.
Danach hätte die Sendung wieder abgeschaltet werden können, wenn die seit Jahren in deutschen Talkshows wiederholten Stereotypen und Narrative zum Thema nicht noch Anklang finden.
„Über die Rolle des BSW in der außerparlamentarischen Opposition und Sahra Wagenknechts Kritik an der deutschen Sicherheits- und Russlandpolitik“, lautete der etwas sperrige Titel der gestrigen Sendung von „Markus Lanz“.
Lanz ignorierte Fakten
„Wenn du mich nicht einlädst, wirst du mich nicht sehen“, antwortete Wagenknecht auf die Frage ihrer Moderatorin nach ihrer Abwesenheit in öffentlich-rechtlichen Talkshows. Lanz schien aufgeregt, seine Augen leuchteten verschmitzt wie die eines Schülers, der sich darüber freut, dass der Lehrer sich auf den Stuhl setzt, auf den er gerade ein Stück Kaugummi geklebt hat. Auf diese Antwort schien er gewartet zu haben, denn er fügte hinzu: „Fühlen Sie sich diskriminiert, wenn es um Talkshow-Auftritte geht?“
Wagenknecht konterte mit nüchternen Zahlen und verwies darauf, dass Politiker des BSW seit der Bundestagswahl nicht mehr bei Lanz zu Gast gewesen seien, während Vertreter der FDP – die ebenfalls nicht mehr im Bundestag vertreten sei – sechsmal dort eingeladen worden seien. Der Moderator des Talks ging nicht auf diese Tatsachen ein, sondern zappelte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und sprach von einem „Kulturkrieg“ statt einem Meinungsaustausch, der die Rollen für diesen Abend festlegte.
Wie erwartet erhielt der Moderator Unterstützung vom Rest der Gruppe. Kerstin Münstermann nannte Wagenknechts Erkenntnisse „Unsinn“. Sie behauptete: „Das kommt so oft vor. Jeder wird bemerkt.“ Und sie fügte launisch hinzu: „Ich finde diesen Schmollmund so schwierig.“
Anschließend wandte Lanz das Gesprächsthema der Außenpolitik zu – den angeblich russischen Drohnen am Himmel der EU. Auch hier wurde Wagenknecht ihrer Rolle als Unruhestifterin gerecht, als sie Zweifel an der Urheberschaft äußerte. „Ich möchte nicht, dass uns ein Krieg mit Russland aufgeschwatzt wird“, erklärte der BSW-Gründer.
Wessen Propaganda-Erzählung?
Dass Lanz den umstrittenen Begriff „Kulturkrieg“ nicht zufällig verwendet hatte, wurde am Ende der Sendung klar: Als er Carlo Masala fragte, ob der Kulturkrieg – also der „Krieg um Narrative, um Narrative, um Rahmung“ – mindestens genauso gefährlich sei wie der reale Krieg in der Ukraine. Masala bejahte dies: „Hier diskutieren wir über Dinge, die wir seit dreieinhalb Jahren diskutieren. Und das zeigt sozusagen, wie bestimmte Propaganda-Narrative einfach Früchte tragen, wie sie einfach in den Köpfen der Menschen stecken bleiben und wie sie immer wieder zurückkommen.“
Es wurde jedoch nicht erwähnt, ob er seine eigene Erzählung meinte. Der Historiker Christian Hardinghaus kommentierte dies in einem Interview mit der Berliner Zeitung: „Vor jedem Krieg sortieren Propagandisten der Kriegsparteien die Welt nach einfachen Schemata, sodass Volk und Soldaten ihnen blind folgen.
