Deals sind eigentlich das Revier von Donald Trump. Doch die KI-Branche konkurriert mit gigantischen Aufträgen. Dies kann für den Aktienmarkt gefährlich sein.
OpenAI steht täglich im Mittelpunkt: Seit Jahresbeginn wurden Verträge und Partnerschaften im Gesamtwert von rund einer Billion US-Dollar (rund 860 Milliarden Euro) unterzeichnet – vor allem ging es darum, Rechenkapazitäten für KI-Modelle wie ChatGPT zu sichern. Insgesamt ergibt sich eine Leistung von 20 Gigawatt, was in etwa der Leistung von 20 Kernreaktoren entspricht.
In den USA entstehen zahlreiche Rechenzentren in der Größe von Kleinstädten, ausgestattet mit Hunderttausenden Hochleistungschips. Nvidia, OpenAI, Meta und andere Technologiegiganten wollen zwischen einer und 2,2 Billionen US-Dollar investieren – genug, um den deutschen Bundeshaushalt für fast vier Jahre zu finanzieren. Analysten sprechen von einem „digitalen Goldrausch“. Aber wie bei jedem Goldrausch wird nicht jeder, der gräbt, ihn finden.
Je höher die Beträge, desto größer die Zweifel. Die Parallele zur Dotcom-Ära ist offensichtlich: Damals wurden Glasfasernetze verlegt, bevor klar war, womit sie gefüllt werden sollten. Heute fließt Geld in KI-Rechenzentren – und die Lücke zwischen Investitionen und realen Umsätzen ist größer denn je. Das Technologiepotenzial ist enorm, die Wirtschaftlichkeit jedoch unklar. Nach Schätzungen der Investmentbank Morgan Stanley lag der Umsatz mit KI-Produkten im vergangenen Jahr bei rund 45 Milliarden US-Dollar – ein Tropfen auf den heißen Stein.
Selbst wenn die Technologie umgesetzt wird, bleibt das Problem der Haltbarkeit bestehen: Jede neue Generation von Chips macht bestehende Rechenzentren teilweise überflüssig. Hinzu kommt die Zahlungsbereitschaft: ChatGPT hat rund 700 Millionen wöchentliche Nutzer, knapp 90 Prozent davon nutzen jedoch nur die kostenlose Version.
„Seit dem Ende der letzten Berichtssaison Anfang August ist der Technologieindex Nasdaq 100 um rund 6 Prozent gestiegen. Tesla legte in drei Monaten um fast 50 Prozent zu, Alphabet um 40 Prozent, Apple um 20 Prozent. Chipwerte wie Nvidia und Broadcom stiegen um 15 bis 20 Prozent, während Meta, Amazon und Microsoft kaum Bewegung zeigten“, rechnet Thomas Soltau von Smartbroker vor. Die Auswahl bleibt entscheidend: Anders als in der Vergangenheit profitieren nicht alle Werte gleichermaßen. Goldman Sachs erhöhte kürzlich das Kursziel für den S&P 500-Index bis Silvester auf 6.800 Punkte, die Deutsche Bank auf 7.000.
Nicht jeder Marktteilnehmer hat die Dotcom-Blase erlebt. Heute wird alles, was sich KI nennt, euphorisch bewertet. Zweifel gelten als Rückständigkeit, kritisches Denken als Innovationsbremse. Aber Fantasy ist kein Geschäftsmodell. Anleger müssen klar unterscheiden, in was sie investieren: in etablierte Unternehmen mit soliden Gewinnen und überschaubaren Risiken oder in Aktien, die vor allem Zukunftsträume handeln.