
Beim ersten Nato-Außenministertreffen unter seiner Führung versuchte Bündnischef Rutte, neue Akzente zu setzen. Aber er hatte der Ukraine nichts weiter zu bieten als blumige Worte. Und er lehnte deutsche Ideen ab.
Es dauerte eine Weile, bis alle 32 NATO-Außenminister für das Abschlussfoto stramm standen. Hände wurden geschüttelt. Litauen und Schweden umarmten sich kurz – wer weiß, wann wir uns wiedersehen werden. Es war definitiv das letzte Treffen für den Amerikaner Anthony Blinken. Deutschland und Großbritannien kamen in letzter Minute und wurden mit Applaus begrüßt – wie auf einer Klassenfahrt, als die Nachzügler es endlich in den Bus schafften.
Am Ende des Treffens war die Stimmung gut, besser als die Situation. Denn nach zwei Tagen voller Konferenzen, Reden und Hintergrundinformationen blieb der Eindruck: Die Welt „steht in Flammen“ – oder wie NATO-Generalsekretär Mark Rutte es ausdrückte: „Die wachsende Allianz zwischen Russland, China, Nordkorea und Iran erhellt das Globale.“ Art der Gefahren, denen wir ausgesetzt sind.
„Russlands illegaler Krieg bedroht uns alle“
Russland beliefert Nordkorea mit Raketen, unterstützt dessen Atomprogramm und bedroht damit auch die USA. „Russlands illegaler Krieg gegen die Ukraine bedroht uns alle“, sagte der NATO-Chef am Ende des Treffens. Eine Botschaft an Washington, dass der Ukraine-Krieg nicht nur eine europäische Angelegenheit ist.
Rutte leitete erstmals das Außenministertreffen der 32 Mitgliedsländer. Der Niederländer gab im Vergleich zu seinem Vorgänger Jens Stoltenberg einen neuen Ton an. Rutte schaffte es, selbst schlechte Nachrichten zu überbringen, als würde er einen Strauß Tulpen überreichen.
Ein Beispiel hierfür sei die angestrebte schnelle NATO-Mitgliedschaft der Ukraine: „Es gibt bereits eine Brücke zur NATO, aber jetzt müssen wir dafür sorgen, dass die Ukraine aus einer Position der Stärke heraus mit den Russen verhandeln kann.“
Baerbock schlägt internationale Präsenz in der Ukraine vor
Bei dem Treffen war ungewöhnlich oft von Verhandlungen die Rede, die zum Frieden führen sollten. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock nannte die Bausteine eines solchen Abkommens: „Politische und materielle Sicherheitsgarantien, NATO-Mitgliedschaft, internationale Präsenz zur Sicherung eines Waffenstillstands, Truppenabzug, Territorialfragen, Wiederaufbau und Umgang mit Sanktionen.“
Aber es gab eine kleine Zurechtweisung vom NATO-Chef. Er sagte in seinem Abschlussstatement, dass er nicht seine eigenen Gedanken zu den vielen Gedanken hinzufügen wolle, die derzeit in der Luft seien. Das bedeutet, dass europäische Friedenstruppen mit deutscher Beteiligung wohl vorerst nur ein Gedankenspiel bleiben werden.
Aber die Verhandlungen sind aus der Flasche und der Druck auf die Ukraine wird zunehmen, insbesondere seitens der neuen US-Regierung. Doch was genau Donald Trump mit der Ukraine vorhat, ist noch unklar.
Mehr Geld für die Verteidigung
Klar ist jedoch, dass die Mitgliedsstaaten künftig mehr Geld für ihre Verteidigung ausgeben müssen. Der NATO-Chef machte sie auch freundlich, aber bestimmt darauf aufmerksam. Und es geht nicht nur um militärische Abschreckung.
Auch intern ist das Bündnis in Gefahr. Die Bedrohungen reichen von zerstörten Datenkabeln, Falschinformationen, Erpressung bis hin zur Instrumentalisierung von Flüchtlingen. Die NATO setzt auf Prävention, auf Ausbildung, aber auch auf die Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten.
Die Vereinigten Staaten spielen erneut eine wichtige Rolle. Die Europäer greifen nach Übersee: Mark Rutte hat bereits Florida besucht und der französische Präsident Emmanuel Macron hat den künftigen US-Präsidenten Donald Trump zur Eröffnung der Kathedrale Notre Dame am Wochenende eingeladen, ebenso den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.