Musterung im großen Stil? Für den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Röwekamp, führt daran kein Weg vorbei. In der Wehrdienstdebatte plädiert er dafür, dass alle jungen Männer rekrutiert werden sollten. Er ist damit nicht allein.
In der Diskussion um ein neues Wehrdienstmodell steht nun der umfassende Wehrdienst im Fokus: Dafür sprach sich der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp, aus. „Wenn wir unsere Verteidigungsfähigkeit ernst nehmen, führt kein Weg an einer umfassenden Prüfung vorbei. Wir können unsere Streitkräfte nur dann gezielt stärken, wenn wir wissen, über welches personelle Potenzial wir im Ernstfall verfügen“, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post.
Es reiche aber „nicht aus, nur zu wissen, wer geeignet ist, sondern wir müssen auch festlegen, nach welchen Kriterien der Entwurf verwendet wird“, sagte Röwekamp. Dies könnte über ein transparentes Losverfahren, eine abgestufte Eignungsfeststellung oder über definierte Bedarfsprofile erfolgen, die sich an den Anforderungen der Streitkräfte orientieren.
Um die Vereinbarungen mit der NATO zu erfüllen, soll die Truppenstärke der Bundeswehr von derzeit 182.000 auf 260.000 aktive Soldaten steigen. Darüber hinaus sollten 200.000 Reservekräfte zur Verfügung stehen. Um diese Ziele zu erreichen, plant die schwarz-rote Koalition die Einführung des neuen Wehrdienstes.
Generalinspekteur der Bundeswehr gegen Lotterieverfahren
Neben Röwenkamp fordert auch der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, umfassende Tests. „Wir können unsere Streitkräfte nur dann gezielt stärken, wenn wir wissen, über welches personelle Potenzial wir im Ernstfall verfügen“, sagte Breuer. Ein zuletzt heftig diskutiertes Lotterieverfahren lehnt er ab. Vor der Musterung würde dies die Handlungsmöglichkeiten einschränken. Laut Breuer hätte eine stichprobenartige Rekrutierung von Personen den Nachteil, dass Menschen wahllos in die Truppe einrücken würden, unabhängig davon, wer Interesse zeigte.
Unterdessen gibt es einen Einspruch von Daniela Broda, Vorsitzende des Bundesjugendrates (DBJR). Die Wiedereinführung der Wehrpflicht lehnt sie grundsätzlich ab. „Junge Menschen ‚schulden‘ der Gesellschaft nichts, nur weil sie jung sind“, sagte Broda dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zudem würden die Folgen der Corona-Pandemie die Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten junger Menschen weiterhin einschränken. Umso gravierender seien solche staatlichen Eingriffe, so Brodas Einschätzung.
Während der vorgelegte Entwurf zum Wehrdienst die Freiwilligkeit betont, deuten politische Begründungen und Formulierungen darauf hin, dass eine verpflichtende Struktur vorbereitet wird. „Diese Diskrepanz und die daraus resultierende Unsicherheit über die persönliche Lebensplanung junger Menschen untergräbt das Vertrauen“, sagte Broda.
Deshalb gibt es gerade Streit
Nach aktuellen Plänen soll der Militärdienst zunächst freiwillig erfolgen. In der Gesetzesdebatte schlugen Fachpolitiker von CDU/CSU und SPD vor, junge Männer per Losverfahren für den Pflichtdienst zu rekrutieren und bei Bedarf später nach dem Zufallsprinzip für den Pflichtdienst auszuwählen, wenn die Zahl der Freiwilligen zu gering bleibe. Auch der CDU-Politiker Röwekamp verteidigte diesen Ansatz zunächst. Die Koalition hat hierzu noch keine abschließende Stellungnahme abgegeben.
Das Wehrdienstgesetz soll am 1. Januar in Kraft treten und der Bundestag hat sich bereits in erster Lesung damit befasst. Am 10. November soll eine parlamentarische Anhörung mit Experten stattfinden.
