Soll das Los entscheiden, wer zusammengestellt und einberufen wird? Nach dem Generalinspekteur der Bundeswehr hat nun auch der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses klar Stellung bezogen. Der Bundesjugendring kritisiert, dass eine verbindliche Struktur vorbereitet wird.
In der Diskussion um das neue Wehrdienstmodell plädiert der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Thomas Röwekamp, für die Einberufung aller jungen Männer. „Wenn wir unsere Verteidigungsfähigkeit ernst nehmen, führt kein Weg an einer umfassenden Prüfung vorbei. Nur wenn wir wissen, über welches personelle Potenzial wir im Ernstfall verfügen, können wir unsere Streitkräfte gezielt stärken“, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“.
„Gleichzeitig müssen wir die Frage beantworten, wie wir aus den Stichprobenkohorten diejenigen auswählen, die tatsächlich ihren Job machen“, sagte Röwekamp. „Wenn wir unsere Truppenstärke auf 260.000 erhöhen wollen, reicht es nicht aus, nur zu wissen, wer geeignet ist – wir müssen auch festlegen, nach welchen Kriterien sie aufgestellt werden.“ Dies könne durch ein transparentes Losverfahren, durch eine abgestufte Eignungsfeststellung oder durch definierte Bedarfsprofile geschehen, die sich an den Anforderungen der Streitkräfte orientieren, sagte er.
Bereits Anfang der Woche hatte Röwekamp in der „Augsburger Allgemeinen“ eine entsprechende Initiative des Generalinspekteurs der Bundeswehr, Carsten Breuer, unterstützt. Dem RND hatte er gesagt: „Aus militärischer Sicht ist es entscheidend, dass das gesamte Jahr durchleuchtet wird. Nur so wissen wir, wer zur Verfügung steht und auf wen wir im Falle einer Verteidigung, die wir verhindern wollen, zurückgreifen können.“ Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will eine flächendeckende Untersuchung aller jungen Männer.
Bundesjugendgruppe gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht
Der Bundesjugendring lehnt die Wiedereinführung der Wehrpflicht jedoch ab. „Junge Menschen leisten einen wesentlichen Beitrag zum Gemeinwohl – in Jugendverbänden, Freiwilligendiensten, Rettungsorganisationen oder Initiativen“, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft 29 deutscher Jugendverbände, Daniela Broda, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Sie tragen bereits Verantwortung, ohne dazu verpflichtet zu sein. Broda wird am Montag als Experte an der Anhörung des Verteidigungsausschusses zum geplanten Wehrdienstgesetz teilnehmen.
„Junge Menschen ‚schulden‘ der Gesellschaft nichts, nur weil sie jung sind“, sagt Broda. Eine weitsichtige Sicherheitsarchitektur setze auf die Entwicklung nachhaltiger und resilienter Systeme, „nicht auf kurzfristige Rekrutierungsquoten oder die Wiederbelebung veralteter Strukturen“.
Während der vorgelegte Entwurf zum Wehrdienst die Freiwilligkeit betont, deuten politische Begründungen und Formulierungen darauf hin, dass eine verpflichtende Struktur vorbereitet wird. „Diese Diskrepanz und die daraus resultierende Unsicherheit über die persönliche Lebensplanung junger Menschen untergräbt das Vertrauen“, sagte Broda. Es erwecke den Eindruck, dass die staatliche Planungssicherheit über die individuelle Selbstbestimmung gestellt werde – „und das in einer Lebensphase, die ohnehin durch hohe soziale und persönliche Belastungen gekennzeichnet ist.“
Das neue Wehrdienstgesetz soll am 1. Januar in Kraft treten und der Bundestag hat sich bereits in erster Lesung damit befasst. Der Militärdienst sollte zunächst freiwillig sein. In der Debatte um das neue Wehrdienstgesetz schlugen Fachpolitiker von CDU/CSU und SPD vor, junge Männer per Losverfahren für den Wehrdienst zu rekrutieren und gegebenenfalls später für den Wehrdienst per Zufallsprinzip auszuwählen, wenn die Zahl der Freiwilligen zu gering bliebe. Auch Röwekamp verteidigte diesen Ansatz zunächst. Die Koalition hat hierzu keine endgültige Position.
dpa/KNA/dp
