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Was ist mit Kim Dotcom passiert?

Lars Lubienetzki

12. November 2025, 13:18 Uhr |
Lesezeit: 8 Minuten

Manche sehen Kim Dotcom als eine Art Kämpferin für die Freiheit des Internets. Für andere ist er ein krimineller Betrüger, ein Großmaul – und Kim Dotcom ist nach Angaben der US-Behörden ein Krimineller, der wegen schwerer Urheberrechtsverletzungen hinter Gittern sitzt. Nun droht ihm die Auslieferung aus Neuseeland, seiner Wahlheimat seit 2010, mit der Folge, dass er sich möglicherweise bald in den USA vor Gericht verantworten muss. Ein Rückblick, was genau dazu geführt hat und alle Informationen zu den aktuellen Entwicklungen – bei TECHBOOK.

Kim Dotcom ist ohne Zweifel einer der größten Namen im Internet. 1974 als Kim Schmitz in Kiel geboren, stieg er Ende der 80er Jahre in die Hackerszene ein. Bekannt wurde er bald durch die Gründung der Filesharing-Plattform Megaupload, aber auch durch sein übermütiges Auftreten und seine Skandale. Seit vielen Jahren versuchen verschiedene große Hollywood-Studios und der US-Musikindustrieverband RIAA, Kim Dotcom wegen mehrfacher Urheberrechtsverletzungen zu verklagen. Kim Dotcom verlegte sein Leben nach Neuseeland, angeblich sicher vor Strafverfolgung. Das könnte bald vorbei sein. Im August beschloss Neuseelands Justizminister Paul Goldsmith, den umstrittenen Unternehmer an die USA auszuliefern, wie The New Zealand Herald berichtete. „Ich habe alle Informationen sorgfältig geprüft“, sagte Goldsmith laut einem Ministeriumssprecher, „und habe beschlossen, dass Herr Dotcom an die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden sollte, um dort vor Gericht zu stehen.“

Aber Kim Dotcom hat keine Pläne zu gehen. Bisher scheiterten jedoch alle Versuche, die Auslieferung gerichtlich zu stoppen. Erst im September lehnte ein neuseeländisches Gericht den Antrag von Dotcom auf eine rechtliche Überprüfung ab, berichtet CBS. Dadurch ist es möglich, die Entscheidung eines Gerichts nach dem dort geltenden Recht von einem Richter überprüfen zu lassen.

Einer Auslieferung an die USA steht somit nichts im Wege. Dort droht dem Megaupload-Gründer ein Prozess wegen Urheberrechtsverletzung, Geldwäsche und Erpressung.

Die Frage, ob Kim Schmitz alias Kim Dotcom eine Betrügerin ist, ist umstritten. Der schillernde Internet-Pionier bewegt sich mit seinen Geschäftsmodellen stets und offensichtlich bewusst am Rande der Legalität. Eines muss man ihm zugutehalten: Kim Dotcom hat ein Gespür dafür, wie Menschen das Internet nutzen wollen. Kim Dotcom hat in gewisser Weise den Versand und die Verbreitung von Videos, Musik, Dokumenten und anderen Medien über das Internet mitgeprägt. Eine Rezension.

Die Person und Geschichte von Kim Dotcom

Der jungen Kim Schmitz blieb wohl keine andere Wahl, als in die Welt der Videospiele zu fliehen. Zu Hause litten er und seine Mutter unter den Wutausbrüchen seines alkoholkranken Vaters. Die bunte Welt der Computerspiele bot dem jungen Menschen ein paar Stunden Auszeit aus seinem gewalttätigen Alltag.

Da Computerspiele sehr teuer sind, beschäftigte er sich bald intensiv mit dem Hacken des Kopiercodes für die Spiele. Bereits in der Szene angekommen, machte er sich Anfang der 1990er Jahre als Hacker einen Namen. Unter dem Pseudonym „Kimble“ versorgte Kim Schmitz junge PC-Spieler mit illegalen Kopien von Software, darunter ganzen Betriebssystemen wie Windows.

Damals kostete Windows im freien Kauf mehrere Hundert Deutsche Mark. Wer die Office-Programme Word oder Excel auf seinem Computer nutzen wollte, musste an der Kasse mindestens 500 Deutsche Mark bezahlen. Eine ganze Menge Geld. Das wusste auch Kim Schmitz. Der Internetpionier nutzte ein technisches Verfahren, um ein illegales Vertriebsnetz für geknackte Software aufzubauen.

Schon damals waren die beiden Gesichter von Kim Schmitz erkennbar. Er verfügte über ein enormes technisches Verständnis und erkannte gleichzeitig das unternehmerische Potenzial. Allerdings überschritt der Hacker immer wieder rechtliche Grenzen und galt daher als schwarzes Schaf in der Hackerszene. Die unzähligen Nutzer seiner Raubkopien hingegen sahen in Kim Schmitz eine Art Freiheitskämpfer, weil er teure Software der breiten Masse zugänglich machte.

Berater bei der Deutschen Telekom

Letztlich löste Kim Schmitz eine erste Diskussion über Preise und Vertriebsmodelle für Medien aller Art aus. Ob der Hacker aus dieser Motivation heraus gehandelt hat, bleibt abzuwarten. Ohnehin hat es nur wenige Jahre gedauert, bis alle Medien digital und legal über das Internet verbreitet wurden.

1994 – als sie gerade 20 Jahre alt war – wurde Kim Schmitz unter anderem wegen Betrugs und Bandendiebstahls zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Er entging einer Inhaftierung, weil er den Behörden kooperativ sein Wissen über den Tatort mitteilte.

Es schien fast so, als hätte der junge Mann seine Lehren daraus gezogen. Dadurch mutierte er zum Jungunternehmer und gründete ein Unternehmen, das sich mit Daten- und Kopierschutz beschäftigt. Kim Schmitz erhielt Ende der 1990er Jahre sogar einen Beratervertrag mit der Deutschen Telekom. Dies kann jedoch auch als Geheimhaltungsvereinbarung interpretiert werden. Denn Kim Schmitz ist dank eines Hinweises aus der Hackerszene auf erhebliche Sicherheitsmängel im D1-Mobilfunknetz gestoßen. Mit den Tipps half „Beraterin“ Kim Schmitz der Telekom, diese Mängel zu beseitigen.

Gründung der Firma Megaupload

Im Jahr 2002 geriet Kim Schmitz kurzzeitig in die Schlagzeilen, weil er wegen Insiderhandels im Zusammenhang mit Aktien zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt wurde. Anschließend zog der Unternehmer nach Hongkong. Dort gründete Kim Schmitz die Filesharing-Plattform Megaupload, die ab 2005 ein weltweites Netzwerk betrieb. Über das Netzwerk wurden unter anderem Kopien der neuesten Kinofilme in die Wohnzimmer der Menschen übertragen. Allein aus diesem Grund gab es gewisse Zweifel am Geschäftsmodell.

Das Unternehmen expandierte immer schneller, bot Premiumzugänge an und finanzierte sich ansonsten über Werbung. Für den Megaupload-Nutzer erschien der Dienst professionell und nicht grundsätzlich illegal. Dennoch dürfte den meisten Nutzern klar gewesen sein: Der Download eines Films, der gerade im Kino gezeigt wurde, ist keine legitime Option.

Das Teilen von Dateien an sich ist nicht illegal. Es handelt sich lediglich um die Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte. Allerdings konnten genau diese Inhalte per Megaupload nahezu perfekt von Rechner zu Rechner verschickt werden, was auch den Großteil des Traffics ausmachte. In Spitzenzeiten war Megaupload für vier Prozent des gesamten Internetverkehrs verantwortlich. Deshalb wurden die Behörden bald auf das Unternehmen aufmerksam.

Streaming-Dienste spielten Ende der 2000er Jahre aufgrund unzureichender Bandbreite keine Rolle. Dies befeuerte den Erfolg der Megaupload-Plattform, die Kim Schmitz schließlich berühmt und reich machte. Er genoss sein Leben in vollen Zügen. Auf seinem YouTube-Kanal veranstaltete er ausgelassene Partys auf Luxusyachten und -villen oder stellte seine unzähligen Reisen – zum Beispiel nach Monaco – vor.

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Seit Jahren im Visier der Justizbehörden

Die Justizbehörden waren dem Unternehmen zu diesem Zeitpunkt bereits auf den Fersen. Im Jahr 2012 gab es einen Mega-Knall. Kim Schmitz, der zwei Jahre zuvor nach Neuseeland gezogen war und nun als Kim Dotcom fungierte, wurde zusammen mit anderen Megaupload-Masterminds kurz vor seinem 38. Geburtstag verhaftet. Bei einer Razzia auf seinem Grundstück wurde eine große Menge an Beweismitteln beschlagnahmt. Nach einer FBI-Untersuchung haben die Behörden außerdem sein Vermögen eingefroren, seine Fahrzeuge beschlagnahmt und seine Website geschlossen. Die Nachricht sorgte auf allen Nachrichtensendern weltweit für Schlagzeilen. Der Internetpionier wurde bald gegen Kaution freigelassen.

Seit 2012 versuchen die USA, die Auslieferung von Kim Dotcom gerichtlich durchzusetzen. Sollte der Antrag erfolgreich sein, drohen Kim Dotcom ein Strafverfahren und eine lange Haftstrafe. 2017 entschied ein neuseeländisches Gericht schließlich, dass Kim Dotcom aufgrund von Betrugsvorwürfen an die USA ausgeliefert werden könne. Das Urteil wurde später von zwei weiteren Gerichten bestätigt.

Der Unternehmer ging gegen seine drohende Auslieferung vor – mit Erfolg. Unter Hinweis auf Rechtsfehler ging er zum Obersten Gerichtshof und konnte dort eine Überprüfung des bisherigen Verfahrens erwirken. Die Razzia auf dem Grundstück von Kim Dotcom wurde daraufhin für rechtswidrig erklärt. Der damalige neuseeländische Premierminister John Key musste sich sogar öffentlich bei Kim Dotcom für das illegale Abhören und Überwachen seiner Computer entschuldigen.

Übrigens wurden 2012 zusammen mit Kim Dotcom drei seiner Mitstreiter verhaftet. Einer von ihnen ist inzwischen gestorben. Zwei weitere – Mathias Ortmann (technischer Leiter bei Megaupload) und Bram van der Kolk (verantwortlich für die Programmierung der Software) – entgingen der Auslieferung in die USA, weil sie sich bereit erklärten, in Neuseeland vor Gericht gestellt zu werden. Das Urteil wurde im Sommer 2023 gefällt und die beiden Männer wurden wegen Betrugs und anderer Straftaten zu zwei Jahren und sieben Monaten sowie zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Damit blieb das Gericht hinter den angestrebten 10 Jahren zurück, da beide offenbar bereit waren, gegen Kim Dotcom auszusagen.

Wie es im Fall Kim Dotcom weitergehen würde, blieb zunächst offen, ebenso wie die Frage der Auslieferung. Das ist heute relevanter denn je. Doch Kim Dotcom ist noch immer unbeeindruckt. „Ich liebe Neuseeland“, schrieb er Mitte August 2024 auf X. „Ich werde nicht gehen.“

Während er sich auf der Plattform vor allem politisch äußert, gewährt Kim Dotcoms Instagram-Account eher private Einblicke in sein Leben. Seit 2018 ist er zum dritten Mal mit der Anwältin Elizabeth Donnely verheiratet und hat insgesamt sechs Kinder.

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