Lausanne. Während Ozeane große Mengen des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid aufnehmen, stoßen die meisten Seen CO₂ aus. Die genauen Mechanismen, die zur Entstehung des Gases führen, sind nicht immer klar. Im Genfersee in der Schweiz haben Forscher nun die Hauptursache für die dortigen Emissionen gefunden: Viel CO₂ stammt aus der natürlichen Erosion von Gestein, wie sie im Fachmagazin „Science Advances“ schreiben.
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Der Genfersee produziert pro Jahr so viel Kohlendioxid wie die Fahrzeuge in der 150.000-Einwohner-Stadt Lausanne, stellen Forscher der am See gelegenen Universität Lausanne fest. Der 580 Quadratkilometer große und bis zu 309 Meter tiefe See liegt im französisch-schweizerischen Grenzgebiet und ist der größte See Westeuropas.

Und was wäre, wenn wir für das Klima einfach die Sonne dimmen würden …?
Die Sonne dimmen, um die Klimakrise zu stoppen – was wie Science-Fiction klingt, wird in den USA tatsächlich erforscht. Allerdings ist das sogenannte solare Geoengineering nicht unumstritten. Während einige darin die letzte Hoffnung sehen, ist es für andere der Anfang allen Übels.
Leicht saures Regenwasser auf Kalkstein
Mithilfe der schwimmenden Laborplattform „Léxplore“ konnte das Forschungsteam den See kontinuierlich überwachen. Demnach stammen die meisten CO₂-Emissionen dort nicht, wie oft angenommen, aus biologischen Prozessen, sondern aus einem geologischen Prozess.
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Trifft Regenwasser – das durch atmosphärisches CO₂ leicht sauer ist – auf Kalkstein in den Bergen im Einzugsgebiet des Sees, würden Bikarbonat- und Kalziumionen freigesetzt, hieß es. Diese Ionen gelangten in den See und bildeten Mikropartikel aus Calcit, also Calciumcarbonat. Bei dieser sogenannten Calcit-Ausfällung, einer chemischen Reaktion, werde CO₂ freigesetzt, schreiben die Forscher.
Auch im Wasserkocher oder in der Waschmaschine kommt es zur Ausfällung von Calcit.
Marie-Elodie Perga,
Studienautor
Wie in einem Wasserkocher
„Die Ausfällung von Calcit geschieht auch im Wasserkocher oder in der Waschmaschine“, erklärt Co-Autorin Marie-Elodie Perga von der Fakultät für Geowissenschaften und Umwelt der Universität. Calcit ist in warmem Wasser weniger löslich. Erwärmt sich das Wasser im Genfersee im Sommer, wird ein Grenzwert überschritten und es entsteht Calcit.
Der Effekt werde durch den Anstieg des pH-Wertes im Wasser im Sommer verstärkt, der auf die Photosynthese von Algen zurückzuführen sei, so Perga weiter. Die kleinen Algen sind auch der Kern, in dem sich die ersten Calcitkristalle bildeten – sie fungieren somit als Beschleuniger für den Prozess. Die Kalkbildung ist auch für die milchig blaugrüne Farbe des Sees im Sommer verantwortlich.
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Natürlich gibt es im Genfersee gegenläufige Effekte, wie zum Beispiel Algenwachstum, das zu einer CO₂-Aufnahme führt. Dies reicht jedoch nicht aus, um die Gesteinserosion auszugleichen. Auch der Eintrag organischer Stoffe wurde berücksichtigt. Die Überreste von Tieren und Pflanzen werden durch den Regen in den See getragen und dort von Mikroorganismen abgebaut. Dies führe ebenfalls zur Freisetzung von CO₂, spiele im Genfersee aber keine so große Rolle, schreiben die Forscher.
Ergebnisse auf andere große Seen übertragbar
„Unsere Ergebnisse erklären nicht nur den Kohlenstoffkreislauf im Genfersee, sie zeigen auch einen universellen Prozess, der für mehrere große Seen auf der Welt gilt“, sagte Perga. „Nicht alle Seen haben Kalkausfällungen, aber wahrscheinlich viel mehr als wir denken.“ Dazu gehörten die Großen Seen in Nordamerika mit dem Eriesee und dem Michigansee sowie die Großen Seen Afrikas mit dem Viktoriasee. Geologische Ursachen für CO₂-Emissionen sind dort wichtig und können sogar dominieren.
Auch in deutschen Seen komme es zu Kalkausfällungen, erklärte Perga. Beispiele hierfür sind der Belauer See in Schleswig-Holstein, der Feldberger Haussee und der Breite und Schmale Luzin in Mecklenburg-Vorpommern sowie der Bodensee. „Der Bodensee funktioniert sehr ähnlich wie der Genfersee“, sagte der Forscher, weshalb es wahrscheinlich ist, dass die Prozesse dort ähnlich sind. Solche Erkenntnisse sind unter anderem für die Klimaforschung wichtig.
https://www.haz.de/wissen/hoher-co2-ausstoss-warum-seen-eine-schlechte-klimabilanz-haben-NAUHID3EEJH55FXGN62XP5NRHQ.html
