Die Mainzer Landstraße zwischen Platz der Republik und Alter Oper ist eine der wichtigsten Büromeilen in Frankfurt. Dort stehen nicht nur mehrere Hochhäuser, sondern auch niedrigere Bürogebäude. Doch zwischen den Hausnummern 19 und 27 klafft seit einigen Wochen eine große Lücke. Der ehemalige Sitz der Hypovereinsbank wurde abgerissen, um Platz für einen Neubau zu machen. Mit 14 Geschossen und 35.000 Quadratmeter Mietfläche ist das dort geplante Projekt „Canyon“ ein im Frankfurter Maßstab kleines Hochhaus. Einen Investor hat der Projektentwickler bereits gefunden. Doch statt Bauarbeitern werden in diesem Jahr auf dem Grundstück Barkeeper und DJs tätig: Als Zwischennutzung ist ein Beach Club geplant, wie es ihn am Opernplatz bereits gab.
Mit dem Neubau hat es der Entwickler nicht eilig. Das ist nicht verwunderlich, denn die Nachfrage nach Büros ist schwach. 2024 sind außergewöhnlich wenig neue Mietverträge abgeschlossen worden. Das Maklerunternehmen Blackolive spricht von einem „historisch niedrigen Ergebnis“. Der Umsatz von 366.000 Quadratmetern in Frankfurt und Umgebung liege auf dem Niveau des Corona-Jahres 2020. „Der Flächenbedarf ist signifikant niedriger als vor fünf Jahren“, sagt Kevin Nguyen, Geschäftsführer bei Blackolive. Zumindest kurzfristig bestehe wenig Aussicht auf Besserung.
Nicht ganz so negativ sieht es Michael Kubik, der beim Makler Avison Young die Bürovermietung in Frankfurt leitet. Er verweist darauf, dass es Mietgesuche im Umfang von insgesamt 400.000 Quadratmetern gebe. Viele Unternehmen wollten sich verändern, hätten sich aber noch nicht entschieden. Aus Marktkreisen ist zu hören, dass unter anderen ING und Commerzbank neue Räume suchen.
„Frankfurt Four“ bald fertig
Auf diese Kunden setzen die Entwickler, die neue Hochhäuser bauen oder planen. Das Projekt „Frankfurt Four“ geht in diesem Jahr seiner Fertigstellung entgegen. Trotz der schwierigen Marktlage ist nach Angaben des Projektentwicklers Groß & Partner schon mehr als die Hälfte der rund 100.000 Quadratmeter Bürofläche vermietet. 16.000 Quadratmeter entfallen allein auf die Deka-Bank, die das Trianon an der Mainzer Landstraße geräumt hat. Dieser Umzug ist typisch für die aktuelle Entwicklung. „Unternehmen suchen nach modernen, zeitgemäßen und nachhaltigen Produkten“, sagt Kubik. Dafür nehmen sie auch höhere Preise in Kauf. Die Spitzenmiete bewegt sich in Richtung 50 Euro je Quadratmeter, in einzelnen Toplagen wurde diese Grenze schon überschritten.
Für Investoren wichtiger ist, dass auch die Durchschnittsmiete steigt. Blackolive sieht sie im Bankenviertel bei mittlerweile 40 Euro je Quadratmeter. Bei diesem Preisniveau rechnen sich Neubauten trotz der gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten. Allerdings müssen Häuser erst einmal gefüllt werden. 125.000 Quadratmeter Bürofläche werden nach Angaben von Blackolive allein in diesem Jahr fertig, zwei Drittel davon sind noch frei. Für die 52 Etagen mit rund 70.000 Quadratmeter Fläche des Central Business Tower, der an der Neuen Mainzer Straße gut sichtbar in die Höhe wächst und 2028 bezugsfertig sein soll, hat die Landesbank Hessen-Thüringen bisher keinen Mieter. Das Projekt ist das einzige in Frankfurt, das spekulativ errichtet wird.
Andere Entwickler gehen auf Nummer sicher. So hat die ABG Real Estate im früheren BHF-Turm an der Bockenheimer Landstraße schon rund die Hälfte der 20.000 Quadratmeter Bürofläche vermietet. In den nächsten Wochen wird damit begonnen, das in den Sechzigerjahren errichtete Hochhaus, das jetzt den Namen „Central Parx“ trägt, bis 2028 komplett zu modernisieren. Auch der benachbarte Park-Tower wird nach dem Auszug der Kanzlei Freshfields in diesem Jahr komplett umgekrempelt.
„Auch im Europaviertel steigen die Mieten“
2029 soll ein spektakulärer Neubau auf den Markt kommen: Über einem denkmalgeschützten Altbau neben dem Euro-Tower an der Kaiserstraße soll ein Hochhaus mit dem Arbeitstitel „Gloria“ entstehen, das wegen seiner spitz zulaufenden Form an einen in der Erde steckenden Bleistift erinnert. Mieter gibt es auch dafür bisher allerdings nicht. Michael Kubik von Avison Young stellt vor allem die Bürgerbeteiligung heraus, die Nachahmer bei anderen Standorten finden werde. Das „Gloria“ ist das erste Projekt aus dem im vergangenen Jahr beschlossenen Hochhausentwicklungsplan, das verwirklicht werden könnte. Kubik sieht gute Chancen, dass weitere folgen – es gebe eine rege Nachfrage von hochhausaffinen Nutzern wie Banken, Kanzleien und Fondsgesellschaften. „Hochhaus kann Frankfurt ja“, sagt er. Es müsse allerdings das Umfeld stimmen. Die Stadt müsse mehr unternehmen, um die Innenstadt attraktiver zu machen, findet er. „Man sieht den Verfall ja.“
Chancen sieht Kubik aber auch in weniger zentralen Lagen. „Auch im Europaviertel steigen die Mieten.“ Dort entsteht bis 2026 der Sparda-Bank-Tower. Für das gegenüber geplante Hochhaus Nion sucht der Entwickler Groß & Partner noch Mieter. Offen ist, was nach der Insolvenz des Entwicklers Gerch aus dem Areal des alten Polizeipräsidiums wird, wo ein 175-Meter-Turm entstehen sollte. Für ein Hochhaus auf dem benachbarten Areal der Matthäuskirche hat der Hamburger Entwickler Becken gemeinsam mit der Evangelischen Kirche bereits 2023 einen Architektenwettbewerb ausgelobt. Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen.
Während neue Bürohäuser gebaut und geplant werden, nimmt die Menge der ungenutzten Flächen zu. Nach Angaben von Blackolive ist die Leerstandsquote in Frankfurt innerhalb eines Jahres von 9,7 auf zwölf Prozent gestiegen. Besonders betroffen ist demnach Niederrad.