Händler beschweren sich über verlängerte Lieferzeiten bei Amazon, obwohl ihre tatsächliche Lieferzeit deutlich kürzer ist. Warum passt Amazon diese an?
Beim Online-Einkauf spielen Lieferzeiten eine entscheidende Rolle. Kunden erwarten genaue Informationen darüber, wann ihre Bestellungen eintreffen. Gerade für große Plattformen wie Amazon sind diese Daten ein zentraler Faktor für die Kundenzufriedenheit. Doch Händler berichten immer wieder, dass Amazon bewusst längere Lieferzeiten ausweist, als eigentlich nötig sind. Dies sorgt für Unzufriedenheit bei den Händlern und birgt wirtschaftliche Risiken. Doch was steckt hinter dieser Praxis?
Seit einigen Monaten weist Amazon bei vielen Händlern Lieferzeiten aus, die deutlich über den tatsächlichen Versandzeiten liegen. Kunden sehen beispielsweise Lieferzeiten von bis zu sechs oder sogar 14 Tagen, obwohl die Ware oft schon nach einem oder zwei Tagen ankommt. Amazon passt die Lieferzeitanzeigen in den Händlerlisten automatisch an. Ziel ist es laut Amazon, die tatsächliche Versandzeit realistischer darzustellen und negative Kundenrezensionen zu reduzieren. Allerdings sehen Händler dies kritisch, da ihre gute Performance oft nicht berücksichtigt wird.
Wie Amazon Lieferzeiten berechnet
Laut Amazon basiert die Lieferzeitberechnung auf verschiedenen Leistungskennzahlen wie der Pünktlichkeitslieferquote oder gültigen Sendungsverfolgungsnummern. Amazon empfiehlt, eine Pünktlichkeitsquote von mindestens 97 Prozent zu erreichen. Händler berichten allerdings, dass sich die ausgewiesenen Lieferzeiten auch bei einer Quote von 100 Prozent nicht verkürzen. Ein Händler erklärt, dass Amazon sogar fünf zusätzliche Tage Lieferzeit berechnet habe, obwohl alle Kennzahlen im normalen Rahmen lagen.
Amazon hat bereits angekündigt, die Lieferzeiten künftig verstärkt anzupassen. In seinen eigenen Händlerrichtlinien weist das Unternehmen darauf hin, dass die Standardlaufzeiten regelmäßig aktualisiert werden, um die tatsächlichen Lieferzeiten widerzuspiegeln. Laut Amazon soll dies dazu beitragen, die Kundenzufriedenheit zu steigern und negative Bewertungen zu vermeiden. Für Einzelhändler, die in der Praxis schneller liefern, führt dies jedoch zu Umsatzeinbußen, da ihre Angebote weniger sichtbar sind.
Die automatische Anpassung der Lieferzeiten zeigt, wie sehr Amazon den Marktplatz kontrolliert und sich auf die Kundenzufriedenheit konzentriert. Gleichzeitig bleibt die Situation für den Handel herausfordernd, da er kaum Einfluss auf die Anpassungen hat. Besonders kritisch ist dies mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft, da längere Lieferzeiten die Kunden abschrecken könnten. Die gute Nachricht ist, dass die Versandkosten für viele Produkte sinken, was den Einkauf attraktiver machen könnte. Gleichzeitig ist jedoch bekannt, dass Amazon durch individuelle Bewertungen Einfluss auf Kundenbewertungen nimmt.