Mord in Manhattan
War New Yorks Mordwaffe eine lautlose Tierarztpistole?
Der New Yorker Bomber könnte eine sehr seltene Waffe benutzt haben. Diese Veterinärpistole ist der Nachfolger einer legendären Geheimdienstwaffe.
Ein Überwachungsvideo zeigte die tödliche Erschießung des CEO des US-Versicherers UnitedHealthcare. Und es warf Fragen auf. Der Schütze richtete eine große Waffe mit Schalldämpfer auf den 50-jährigen Brian Thompson. Dann sah es so aus, als ob die Waffe klemmte, also beseitigte er das Problem kaltblütig.
Experten glauben inzwischen zu wissen, um welche Waffe es sich handelte. Anscheinend keine der üblichen Pistolen, wie zum Beispiel eine Glock. Wie die New York Post unter Berufung auf Polizeiquellen berichtete, soll der Täter eine sehr ungewöhnliche Waffe benutzt haben, nämlich eine sogenannte Veterinärpistole. Eine solche Waffe wird auf Bauernhöfen und Ranches eingesetzt, um große Tiere zu töten. Oftmals, um ihnen das Leid zu ersparen.
Die Waffe ist für Tierärzte konzipiert
Der Schalldämpfer ist hier kein Extra, sondern ein integraler Bestandteil der Pistole. Als B&T 2014 den Typ VP9 vorstellte, titelte das „Deutsche Waffen Journal“: „Der stille Erlöser“. Die B&T VP9 unterscheidet sich deutlich von anderen Waffen. Es ist auf Stille optimiert. Die Waffe verfügt über ein Magazin mit lediglich fünf Schuss im Kaliber 9 Millimeter – ein automatisches Nachladen erfolgt jedoch nicht. Die Pistole hatte daher keinen Störsender und der Schütze musste die nächste Kugel manuell nachladen. Dazu wird das hintere Schloss verdreht und der Riegel herausgezogen und wieder eingesetzt. Für einen ungeübten Arzt stellt die Einzelschusswaffenkonstruktion laut „DWJ“ einen Sicherheitsvorteil dar. Der VP9 hat sogar ein Veterinärsymbol.
Die Waffe ist eine B&T VP9 pic.twitter.com/SPzbn26B0B
— Ron SnowMexico (@BHolmesNL1988) 5. Dezember 2024
An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Twitter / X integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wurde dieser Inhalt zum Schutz Ihrer Privatsphäre nicht geladen.
Die Wahl einer solchen Schusswaffe erscheint auf den ersten Blick äußerst ungewöhnlich. Es könnte die Wahl eines Vollprofis sein. Einerseits ist das Vorgehen des Täters sehr clever. Daher konnte er New York wahrscheinlich mit einem öffentlichen Bus verlassen. Aber andererseits ist er kein professioneller Killer; Er entblößt sein Gesicht zu oft vor der Kamera. Auch wenn es teilweise verdeckt ist, helfen die Details dabei, es zu identifizieren.
Keine verlässlichen Erkenntnisse
Forbes widerspricht dieser Interpretation. Das Magazin schreibt, dass die gefundenen Patronenhülsen und die nicht abgefeuerte Munition zeigen, dass es sich bei der Schusswaffe „mit ziemlicher Sicherheit nicht um die Welrod oder B&T VP9“ handelt. Allerdings ohne Belege vorzulegen. Die New York Post hingegen beruft sich auf anonyme Quellen, die versicherten, dass ein B&T VP9 zum Einsatz gekommen sei. Den Quellen zufolge gibt es auch einen ersten Ansatz für die Suche. Eine solche Waffe wurde erst kürzlich in Connecticut verkauft.
Dämpfer mit montierter Pistole
Wenn er kein Profi ist, könnte die „Verfügbarkeit“ ausschlaggebend für die Wahl gewesen sein. Der Täter nahm eine Waffe mit, die ihm bekannt war und zu der er Zugang hatte – vielleicht, weil sie ihm gehörte oder weil er ihr im Rahmen seiner Arbeit begegnet war. Dies würde dann auf einen Mann aus einer ländlichen Region hinweisen, der mit Großtieren wie Rindern oder Pferden arbeitet.
Diese Erklärung würde der Polizei sehr helfen. Der Kreis der Verdächtigen ist sehr klein. Der VP9 ist teuer. Insgesamt gibt es in den USA laut Waffenexperte Ray Helms nur rund 250 Waffenbausätze. Der Marktpreis liegt deutlich höher als vom Hersteller in der Schweiz angegeben – die Waffe soll bei 6.000 US-Dollar gehandelt werden. Ein solch hoher Preis lässt darauf schließen, dass es bei Sammlern begehrt ist. Zum Vergleich: Ein Tier kann auch mit einem Bolzenschussgerät oder einer normalen Handwaffe getötet werden – die Kosten liegen hier bei 500 US-Dollar.
Mordwaffe mit Geschichte
Die VP9 ist der Nachfolger der Welrod-Pistole. Es wurde während des Zweiten Weltkriegs als lautloser Killer für Spezial- und Partisaneneinheiten entwickelt. Weniger als 3.000 Exemplare wurden gebaut, aber der Ruf der Waffe ist legendär. Im Kampf der Geheimdienste während des Kalten Krieges wurde es zur idealen Waffe für einen Attentäter – das sei aber laut „DWJ“ eher „der blühenden Fantasie der Drehbuchautoren“ zu verdanken.
Der Schweizer Hersteller B&T ist vor allem für seine Schalldämpfer bekannt. Mit dem VP9 zeigt B&T, welche Isolierung möglich ist. Normalerweise wird ein Schalldämpfer für eine Waffe nachträglich entwickelt. Anders beim VP9, die Systemgruppe wurde als optimale Ergänzung zum Dämpfer gebaut. Es misst 154 Millimeter in der Länge und 35 Millimeter im Durchmesser. Im Dämpfer befinden sich insgesamt vier Kammern, die die expandierenden Gase aufnehmen. Sie sind durch Gummischeiben voneinander getrennt. Das Geschoss entweicht durch einen kreuzförmigen Schlitz in den Scheiben, die Scheiben halten die Gase jedoch sehr effektiv zurück. Wenn Sie den Vorgang wiederholen, hören Sie ein zischendes Geräusch – so effektiv wird das Gas eingefangen.
Unaufdringliches Poppen
Die starke Dämpferleistung hat bekannte Nachteile; Das Geschoss erreicht nicht die gleiche kinetische Energie wie ohne Dämpfer. Bei Aufnahmen aus nächster Nähe wie in New York und insbesondere auf einer Ranch spielt dieser Effekt keine Rolle. Die Gummischeiben nutzen sich schnell ab und müssen nach zehn Schüssen ausgetauscht werden. Im Verkaufspaket ist daher ein leistungsschwächerer Trainingsdämpfer enthalten.
Laien glauben, dass auch normale Schalldämpfer eine Waffe nahezu geräuschlos machen. Das ist im Film der Fall, aber nicht in der Realität. Aber der VP9 schafft es. Nicht nur der Schalldruck wird reduziert, auch die Klangcharakteristik verändert sich; es erinnert nicht mehr an einen Schuss. „Bei normalem Umgebungslärm geht eine Aufnahme der VP9 akustisch verloren“, heißt es im „DWJ“. Im Demonstrationsvideo von Ray Helms ist in ruhiger Umgebung nur ein leichtes Knallen zu hören, das Klicken des Auslösers beim Nachladen ist deutlicher zu hören.
Kleiner Eigentümerkreis
Der VP9 von B&T könnte, wenn es sich um die Mordwaffe handelte, die beste Spur in dem Fall sein. Wenn es in den USA nur so wenige Exemplare gibt wie vermutet, könnte es zum Täter führen. Durch den Legendenstatus der Waffe wird der Kreis der praktischen Anwender noch kleiner. Es ist wahrscheinlich, dass ein großer Teil davon in Sammlungen aufbewahrt wird. Aufgrund des sehr hohen Preises sollten auch Weiterverkäufe nachvollziehbar sein.