Nachrichtenportal Deutschland

Wadephul sieht sich in der Syrien-Debatte auf einer Linie mit Merz

Stand: 4. November 2025 13:13 Uhr

Außenminister Wadephul erntete jüngst in der Debatte um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge Kritik aus der Union. Nun betont er seine Gemeinsamkeit mit der Kanzlerin. Menschenrechtler warnen vor Abschiebungen.

In der Debatte um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge sieht sich Bundesaußenminister Johann Wadephul im Einklang mit Bundeskanzler Friedrich Merz (beide CDU). Wadephul sagte bei einem Treffen in Berlin, dass die Bundesregierung das übergeordnete Ziel verfolge, die Zahl der Rückführungen zu erhöhen – auch die Zahl der Rückführungen nach Syrien.

Die Priorität bestehe darin, eine „überschaubare Zahl“ von Kriminellen und gefährlichen Menschen zu halten, fügte Wadephul hinzu. Bisher waren Rückführungen nach Syrien nicht erfolgreich. „Aber daran arbeiten wir“, betonte der Minister. Zuständig ist das Innenministerium, das Auswärtige Amt leistet „konstruktive“ Unterstützung.

Bei einem Besuch im vom langjährigen Bürgerkrieg geprägten Syrien bezweifelte der CDU-Politiker, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren würden. „Hier können kaum Menschen in Würde leben“, sagte der Minister bei einem Besuch in Harasta, einem stark zerstörten Vorort von Damaskus. Aufgrund dieser Aussagen musste sich Wadephul Kritik aus seiner eigenen Partei stellen.

„Völlig das gleiche Verständnis“

Nun erklärte Wadephul, er hoffe, dass es „sehr bald“ zu ersten Abschiebungen kommen werde. Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung intensiv dafür ein, dass noch mehr Syrer zur freiwilligen Rückkehr in ihr Heimatland zurückkehren. Der Minister betonte, dass in Syrien Menschen für den Wiederaufbau gebraucht würden. Genau das hat die Kanzlerin gesagt. Er und die Kanzlerin hätten daher „völlig das gleiche Verständnis“.

Merz sieht keinen Asylgrund mehr

Bundeskanzler Merz hatte zuvor deutlich gemacht, dass er die Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihre Heimat unterstützt. „Der Bürgerkrieg in Syrien ist vorbei. Es gibt in Deutschland keine Asylgründe mehr, deshalb können wir mit der Rückführung beginnen“, sagte Merz.

Merz erklärte jedoch, er rechne damit, dass ein großer Teil der Flüchtlinge aus eigenem Antrieb nach Syrien zurückkehren und sich dort am Wiederaufbau beteiligen werde. Ohne diese Menschen wäre der Wiederaufbau Syriens nicht möglich.

Direkte Gespräche mit Syrern Interimspräsident

Merz sagte, dass es sicherlich viele Syrer geben werde, die Deutschland aus eigenem Antrieb verlassen würden. „Wir wissen, dass viele Syrer zurückkehren wollen. Wir werden das fördern und dem Land auch dabei helfen, schnell wieder aufzubauen.“

„Selbstverständlich können wir diejenigen in Deutschland abschieben, die sich für die Zukunft weigern, ins Land zurückzukehren“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Er lud den syrischen Interimspräsidenten Ahmed al-Sharaa ein, mit ihm über die Abschiebung syrischer Krimineller zu sprechen.

Merz will Asyl und Arbeitsabläufe separate

Auf die Frage, warum immer wieder gut integrierte Menschen aus Deutschland abgeschoben würden, sagte die Kanzlerin, man wolle künftig Asylverfahren und Arbeitseinwanderung trennen. „Ich bin sehr unglücklich darüber, dass wir immer noch diejenigen im Asylverfahren haben, die wir tatsächlich in den Arbeitsmarkt integrieren konnten oder bereits teilweise in den Arbeitsmarkt integriert haben“, sagte er.

„Unser Vorschlag ist, dass wir das künftig verwaltungstechnisch besser machen, indem wir ein völlig getrenntes Verfahren zwischen Asyl und Integration in den Arbeitsmarkt durchführen und dazu dient diese sogenannte Work-and-Stay-Agentur. Und übersetzt bedeutet das: Ja, arbeiten und bleiben“, sagte Merz.

„Syrien ist immer noch kein sicheres Herkunftsland“

Juso-Chef Philipp Türmer warf Merz und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) Missachtung der Lage vor Ort vor. „Syrien ist immer noch kein sicheres Herkunftsland“, sagte Türmer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Grünen-Innenexpertin Lamya Kaddor kritisierte den Bundesinnenminister dafür, dass dieser leichtfertig über Abschiebungen von Syrern rede, ohne das Land zu kennen. „Ich empfehle dem deutschen Innenminister dringend, selbst nach Syrien zu reisen. Dann kann er sich ein Bild von der Lage machen“, sagte Kaddor dem Spiegel.

Kaddor begleitete Wadephul auf seiner Reise nach Syrien und teilt seine Skepsis gegenüber Abschiebungen in das Bürgerkriegsland. „Viele Gebiete in Syrien sind zerstört und kaum noch bewohnbar“, sagt der Grünen-Politiker. „Der Glaube, dass wir jetzt Menschen massenhaft abschieben können, ignoriert die Realität vor Ort.“ Laut Kaddor könne man nur in bestimmte Regionen Syriens zurückkehren, etwa in einige Bezirke von Damaskus oder Idlib.

SPD betont Bedingungen für Abschiebungen

Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler knüpfte Bedingungen an die Abschiebung syrischer Flüchtlinge. Für Syrer ohne Aufenthaltsrecht, darunter auch Straftäter, gelte das gleiche Recht wie für Ausreisepflichtige aus anderen Ländern, sagte er dem Handelsblatt. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine Rücksendung sicher ist. Darüber hinaus sind viele Syrer eingebürgert und bestens integriert.

Kritik von Menschenrechtsaktivisten

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte die geplanten Abschiebungen nach Syrien. Mehr als 16 Millionen Menschen benötigen humanitäre Hilfe und die medizinische Versorgung ist in vielen Teilen des Landes zusammengebrochen. Millionen Kinder litten unter Hunger und Krankheiten. Hinzu kommt die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten und eine massiv geschwächte Landwirtschaft. Wer Syrer zur Ausreise oder Abschiebung drängen will, missachtet die menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands.

Auch das UN-Kinderhilfswerk UNICEF in Deutschland wies auf die schwierige Situation von Kindern und Familien im Land hin. Geschäftsführer Christian Schneider sagte, der Krieg sei vorbei, ein Ende der humanitären Krise sei aber noch in weiter Ferne. „Für Millionen Kinder in Syrien löst ein Ausnahmezustand den nächsten ab.“ In Homs, Aleppo und anderen Städten wurden ganze Stadtteile weitgehend zerstört.

Die mobile Version verlassen